Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen -
schon erkennen, dass dieses System nur funktioniert, wenn sich ein Fahrzeug in der Nähe befindet, das aufgrund seiner speziellen Ausrüstung als Akkuladestation genutzt werden kann und das die Möglichkeit bietet, das Gepäck von zehn Soldaten zu verstauen. Denn sie müssen es im abgesessenen Kampf zurücklassen, sonst würden sie unter dem Gewicht des Systems und des Gepäcks zusammenbrechen. Für den vergesslichen Leser sollte hier noch einmal kurz in Erinnerung gerufen werden, dass ein Soldat, der samt Gepäck mehr als 110 kg wiegt, nicht in einen NH 90 einsteigen darf. Zum Zweiten sind bei internationalen Einsätzen immer Koalitionspartner an unserer Seite, und das System soll ja dazu da sein, dass Freund von Feind unterschieden werden kann. Was ist aber mit den Soldaten anderer Nationen, die dieses System nicht haben? Und wenn dann das System einem sagt, der Gegenüber sei kein Freund? Oder was ist mit den Soldaten der Bundeswehr, die im Verbund mit dem Infanteristen der Zukunft eingesetzt werden, aber dieses System nicht haben? Von den Zivilisten ganz zu schweigen! Jeder mit ein wenig Sachverstand kann hier schon erkennen, dass mit diesem System eher dazu beigetragen wird, einen freundlich gesonnenen Gegenüber zu erschießen. Aber auch der eingebaute Minicomputer, der ein hohes Maß an Kommunikation ermöglichen soll, hat ein kleines, jedoch gravierendes Problem. Verwenden kann man ihn nämlich nur mit einem Stift, mit dem die Bedieneroberfläche des Displays gedrückt wird. Das Erste, was im Gefecht garantiert verloren geht, wird dieser Stift sein, außerdem ist es nahezu unmöglich, mit dicken Handschuhen, zum Beispiel wegen großer Kälte, im Gefecht die Ruhe zu bewahren und diesen Stift zielgenau einzusetzen. Man müsste sich erst die Handschuhe ausziehen, die Waffe weglegen, den Gefechtsgegner kurz um etwas Geduld bitten, dann mit dem Stift arbeiten, die Handschuhe wieder anziehen und nun dem Gegenüber sagen, dass jetzt das Gefecht fortgesetzt werden kann.
Interessant auch die Aussage der Hersteller, dass die Laser auf den Waffen das Schießen aus der Hüfte ermöglichen, indem man einfach den Laserpunkt auf den Gegner richtet. Erfahrene Soldaten haben sehr viel mit solchen Lasern gearbeitet. Ihre Erkenntnisse sind eindeutig: Ohne ausgiebiges Schießtraining ist es nahezu unmöglich, den Laser schnell ins Ziel zu bringen. Zudem ist es noch nicht einmal von Vorteil, da dieser Laser oftmals die eigene Position verrät und man so selbst leicht zum Ziel wird.
Und nun noch kurz die letzte Steigerung dieses ganzen Irrsinns, der durch den IdZ erst erzeugt wird. Wie schon erwähnt, wird dem einzelnen Soldaten oder zumindest dem Gruppenführer, also einem etwa zwanzig- bis dreiundzwanzigjährigen Feldwebel, die Möglichkeit gegeben, ohne größere Rücksprachen einen Luftschlag anzufordern. Da sind jetzt also zehn Mann irgendwo auf der Welt, relativ ungenügend ausgebildet, mit einer Ausrüstung, die man nur beherrschen kann, wenn sehr lange damit trainiert wurde, ohne Fahrzeug und die Batterien schon lange nicht mehr im grünen Bereich, die in einer solchen Situation befähigt und befugt sind, einen Luftschlag anzufordern … Sollte sich nicht schnellstens ein absolut fähiger Staatsanwalt eine ständige Unterkunft in jedem deutschen Feldlager suchen? Denn der Vorfall in Kundus wird dann mit Sicherheit kein Einzelfall bleiben.
Ein anschauliches Beispiel für die Misere: Zehn Soldaten im Winter in Afghanistan bei Schnee und minus zehn Grad. Plötzlich werden sie beschossen. Als Soldat sucht man sofort Deckung. Im ersten Augenblick weiß keiner, was da genau passiert ist, man schaut nach links, man schaut nach rechts, nach vorne und nach hinten; aber zum Glück gibt es ja das Computerdisplay, auf dem jeder einzelne Soldat zu erkennen ist, der das System trägt. Der Gruppenführer sieht, dass sich außer ihm selbst noch sieben andere Soldaten bewegen, nur zwei Punkte verharren reglos auf dem Display und reagieren auch nicht auf Nachfragen per Funk. Jetzt nimmt er mit seinen dicken Winterhandschuhen den Stift, der ihm daraufhin sofort in den Schnee fällt. Er zieht sich die Handschuhe aus, sucht den Stift und findet ihn auch irgendwann mit völlig unterkühlten Fingern im Schnee. Ganz gefesselt von den Anzeigen auf dem Display, sieht er plötzlich rechts von sich zwei Kameraden, die angeschossen wurden. Er kriecht hin und versucht, sie medizinisch zu versorgen. Da fällt ihm auf, dass er das gar nicht kann, denn
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