Schwarzbuch WWF: Dunkle Geschäfte im Zeichen des Panda (German Edition)
weil er die Sünden seiner Partner an Mensch und Natur toleriert – und an ihnen indirekt mitverdient. Auch international wachsen die Zweifel am Panda. Selbst Organisationen, die bislang mit dem WWF zusammengearbeitet haben, distanzieren sich. So bezeichnet Greenpeace das Nachhaltigkeitszertifikat für Palmöl öffentlich als »Farce«.40 Der WWF hält sich mit Selbstkritik zurück und setzt weiterhin auf die subtile Kraft seiner Wohlfühlstorys aus dem Urwald, die er den Spendern in den reichen Industrieländern auftischt.
Das Herz von Borneo heißt eine dieser herzergreifenden Geschichten, ein Prestigeprojekt des WWF. Dank seiner guten Verbindungen zu Politik und Wirtschaft hat der WWF nach eigenen Angaben ein Regenwaldgebiet von der Größe Großbritanniens vor dem Raubbau gerettet. Das Schutzprojekt Heart of Borneo ist grenzübergreifend und erstreckt sich über Teile Indonesiens, Bruneis und Malaysias. Die drei Regierungen unterzeichneten auf Initiative des WWF im Februar 2007 eine Absichtserklärung zum Schutz dieses Regenwaldgebietes; die Regierung der Bundesrepublik Deutschland hat auf Wunsch des WWF die Finanzierung übernommen.
Der Haken an der Sache wird sichtbar, wenn man in der Projektbeschreibung nachliest, mit welch ungewöhnlichen Methoden die Beteiligten den Wald erhalten wollen: »Förderung von Investitionen zur nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen. So ergeben sich als Alternative zum bisherigen Raubbau der Ökotourismus, die nachhaltige Produktion von Palmöl und eine nachhaltige Waldwirtschaft.«41 Nur wenn der Wald wirtschaftlich genutzt werden kann und Gewinn bringt, so die WWF-Logik, kann man ihn schützen; selbst wenn man ihn dafür abhacken muss.
Das Projekt Herz von Borneo gaukelt den Spendern im Norden eine tropische Traumwelt vor; die Realität vor Ort ist grausam, wie ein Untersuchungsbericht der internationalen Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Global Witness aus London nachweist. Global Witness hat sich die Praktiken des vom WWF gegründeten Global Forest and Trade Network (GFTN) genauer angesehen, in dem 288 Holzunternehmen mit dem WWF zusammenarbeiten. Es ist das größte Holzbündnis der Erde. Der WWF garantiert, dass seine Partnerfirmen nur Holz liefern, das legal und nachhaltig eingeschlagen wurde. Global Witness deckte nun im Juli 2011 auf, dass der größte Holzkonzern Malaysias, die Ta Ann Holding systematisch Regenwald vernichtet: Tag für Tag fällt der Konzern, der Mitglied im WWF-Netzwerk ist, eine Regenwaldfläche in der Größe von 20 Fußballfeldern und zerstört dabei auch Orang-Utan-Habitate, die innerhalb der Grenzen des Projektes Heart of Borneo liegen.42
We feed the World
Als einer der wenigen WWF-Führer spricht Jason Clay offen über das Bündnis mit der Großindustrie, am liebsten im vertrauten Kreis, zum Beispiel bei den Treffen der Global Harvest Initiative, einer Lobbyorganisation der Agrar- und Gentechnikriesen Cargill, Monsanto, Archer Daniels Midland (ADM) und John Deere, in der seit kurzem auch der WWF Mitglied ist – vertreten durch Dr. Jason Clay. In den USA ist er Vizepräsident des WWF und im WWF International hat er das globale Steuerungsnetz Market Transformation aufgebaut, das die Beziehungen des WWF mit multinationalen Konzernen regelt; außerdem leitet er das WWF-Netzwerk Aquakultur.
Jason Clay gilt im WWF International als strategischer Kopf, der die wichtigsten Industriepartnerschaften auf internationaler Ebene persönlich eingefädelt hat. Bei der Sitzung der Global Harvest Initiative in Washington im Sommer 2010 spricht Jason Clay Klartext und bietet seinen Partnern aus dem Agrobusiness ein strategisches Bündnis zur Lösung des globalen Ernährungsproblems an: Im Jahr 2050 müssten doppelt so viel Lebensmittel produziert werden wie heute – und zwar auf weniger Ackerflächen.
Diese Leistung können nach Auffassung Clays nur die global operierenden Nahrungsmittelkonzerne und eine industriell betriebene Landwirtschaft erbringen, denn über die Hälfte aller Kleinbauern auf der Erde könnten »nicht einmal sich selbst ernähren« – eine Behauptung, die Jason Clay wohl nur schwerlich belegen kann. Auch die Regierungen der Länder seien unfähig, das Ernährungsproblem zu lösen, weil sie zum »Protektionismus« neigten: »Die Ernährung ist zunehmend ein globales Problem. Um möglichst effektiv voranzukommen, müssen wir globale Strategien und Pläne für die Ernährungssicherheit entwickeln, statt für einzelne
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