Schwarze Blüte, sanfter Tod
Jahren Witwer?«
»Gemeint ist seine Schwiegertochter. Aus Shanghai.« Während er bedächtig an seinem Whisky lutschte, setzte ich ihn ins Bild, was da vorging. Dem Alkohol war es wohl zuzuschreiben, daà er am Schluà nur bekümmert den Kopf schüttelte und mir wünschte, ich möge das alles heil überstehen.
Von Rhonda nahm ich Abschied mit dem Versprechen, todsicher wiederzukommen.
Während ich auf dem Boot wartete, daà Mu Erh zurückkam, überlegte ich, wie ich von jetzt ab vorgehen konnte. Je länger ich darüber nachdachte, desto unwahrscheinlicher wurde es für mich, daà Polizeichef Cordan mir wirklich würde helfen können. Britische Kolonialbürokratie war schlimm, aber portugiesische trieb einen zur Verzweiflung. Am besten, ich nahm die Sache selbst in die Hand und hielt mich nicht so eng an Vorschriften. Und da erinnerte ich mich an jenen Mister Coltran, von dem bei Toby die Rede gewesen war. Kurz entschlossen griff ich nach dem Handy und wählte den Clubboà noch einmal an.
Er war in einer seligen Vormittagsstimmung, aber Toby vertrug ein paar Gläser, und als ich ihn fragte, ob jener Mister Coltran eventuell Interesse daran haben könnte, sich dafür erkenntlich zu zeigen, daà ihm damals sein Geschäft kaputt gemacht worden war, begriff er sogleich meine etwas verschlüsselte Frage und erkundigte sich: »Mit anderen Worten, du brauchst ein paar Leute, die in Macao etwas für dich erledigen?«
»Sagen wir besser für Mister Coltran.«
»Oder so. Wieviel zahlst du?«
»Anständiges Honorar. Habe ich das jemals nicht gemacht?«
»Genügen zwei Mann?«
»Genügen.«
»Wann?«
»Schick sie mit einem Boot. Einem schnellen, bitte. Aber erst, wenn ich dich aus Macao anrufe.«
Er sagte, es sei o.k. und legte auf. Einfach so. Und ich dachte darüber nach, wie die Sache im einzelnen zu machen sei, denn ich hatte erst sehr vage Vorstellungen von dem, was laufen sollte.
Mu Erh hörte sich, während wir westwärts schipperten, die Geschichte aus Port Moresby an, und dann riet er mir dringend ab, den Polizeichef Cordan auch nur mit einem einzigen Wort auf die Angelegenheit aufmerksam zu machen. Er gab mir zu bedenken, daà Uwalu in Macao einfach nicht zu überführen sein würde. Dafür würde schon Air-Sea-Dreams sorgen, die hatten Rechtsanwälte an der Hand, mit denen sich weder Cordan noch ein anderer Beamter in der Verwaltung überhaupt anzulegen wagte, egal aus welchem Grunde.
»Hast du eine Ahnung, was die jemandem auf die Hand zahlen können, wenn es darum geht, etwas zu vertuschen?«
Ich hatte zumindest genug Ahnung, um mir das vorstellen zu können. Unter den Beamten in Macao gab es kaum einen, der allein von seinem Gehalt lebte. Deshalb war das, was Mu Erh sagte, der AnlaÃ, daà ich mir sorgfältig zu überlegen hatte, wie in dem Falle überhaupt weiter vorzugehen war.
Vielleicht war es am besten, die Behörden ganz aus der Sache herauszuhalten? Möglicherweise muÃte man wieder einmal Wege gehen, die in den Gebrauchsanweisungen für Gerechtigkeit nicht verzeichnet waren. Und wenn, dann als abschreckende Beispiele.
Von dem Steg, an dem wir in Macao anlegten, konnten wir die Batavia sehen. Victor Choi schien sich viel Zeit für seinen weiblichen Gast zu nehmen, denn er war schon am frühen Nachmittag auf dem Boot. Doch dann tauchte dort ein Bote auf, und der schien eine wichtige Nachricht für den Chef zu haben, denn Choi verlieà das Boot und fuhr mit ihm davon.
Wenig später fiel Mu Erh ein, er müsse sich wieder einmal um seine Truppe kümmern, die ja weiterhin auf der Freitreppe vor dem Rest der Basilica de Sao Paolo die Geschichte der Seegöttin A Ma mit den bronzierten Mädchen nachstellte. Wie er befürchtete, könnte der Bursche, den er in seiner Abwesenheit mit dem Verlesen der Texte beauftragt hatte, eigenmächtig Kürzungen vornehmen, aus Faulheit.
Das erwies sich sogar als eine nicht ganz unzutreffende Vermutung. Um die bronzebepinselten Schönheiten herum, das sahen wir schon aus dem Auto, als ich Mu Erh dort absetzte, wimmelte es inzwischen von Schaustellern und Händlern aller Art. Da hatten sich, um die Aufmerksamkeit, die die Göttinnen erregten, für sich zu nutzen, Verkäufer von Stärkungsmitteln, Brillengestellen und gebrauchten Gebissen aus dem Nachlaà Verstorbener
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