Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Blumen auf Barnard Drei

Schwarze Blumen auf Barnard Drei

Titel: Schwarze Blumen auf Barnard Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Leman
Vom Netzwerk:
merkten, daß ich angekommen war. Ich denke, es blieben nicht immer dieselben da, immer zwei oder drei verschwanden in der Suppe, und andere tauchten daraus empor, und mir war so, als ginge es ihnen nicht gut. Ich wußte gleich, daß Ana unter den schwarzen Kerlen lag, und holte sie raus. Mindestens drei Stunden lang holte ich sie da raus. Nicht daß die schwarzen Biester sie hätten festhalten wollen. Sie hielten das Mädchen fest, aber ich sage nicht, daß sie das wollten.
      Zuerst ging es ziemlich leicht mit dem Rausholen, sie machten selber Platz und halfen, sich aus dem Filz der Arme herauszudröseln. Es war kalt, ich konnte nichts sehen, und in dem Haufen war es nicht so kalt. Ana lag ganz unten, und da war es wirklich warm. Sie hatte nichts mehr an, fast nichts, ich habe nicht gesucht nach ihrem Plunder, nur den Helm hatte sie auf mit den Flaschen, aber es war nichts mehr drin. Sie hatte nur diese schwarzen Finger an, überall klebten die Booliefinger. Ich klaubte die ab, einzeln, und konnte kaum etwas sehen, und wenn ich ein Stückchen freigeklaubt hatte, waren schon wieder andere Finger da. Ich sage nicht, daß sie das Mädchen haben festhalten wollen. Es waren Finger wie Magneten. Klatsch, klebten sie wieder dran.
      Ich weiß nicht, wie ich’s dann gemacht habe. Ich gab ihr Luft, als sie endlich im Wagen lag, denn sie hatte die ganze Zeit nur das bißchen gehabt, das es hier gibt, und sie wurde wieder lebendig. Der Jeep ist offen, und der Peiler zeigt nur optisch an, ich konnte darauf nichts Genaues sehen und kletterte noch mal aus dem Jeep, um rauszukriegen, wo es langgeht nach Haus, und keiner von den Kerlen war mehr da. Aber der rote Schlauch war da, den hatten sie mir vor die Nase gelegt…« Blichers Rede starb ab, wie Wasser in Erde verrinnt.
      Warum er denn Ana verschnürt habe mit diesem Strick?
      Blicher überhörte die Frage, ein winziger Muskel zupfte an seinem Mundwinkel.
      Aber die Leute standen da und erwarteten Antwort. »Die Nase eine Spanne über dem Schlauch und die Hand am Lenker. Meine Güte, es ist nicht leicht, so zu fahren«, sagte Blicher. »Wozu der Strick?«
      »Sie verhielt sich… merkwürdig«, erklärte Blicher widerwillig. »Als sie genug Luft hatte, war sie merkwürdig.«
      »Merkwürdig? Wie denn?«
      Mit unvermuteter Kraft fuhr Blicher hoch und mit der Heftigkeit, die man kannte. »Ja. Merkwürdig!« schrie er scharf und krähend. »Ihr habt’s richtig gehört. Ist das ein unbekanntes Wort? Um das zu begreifen, brauche ich einen Monat«, murmelte er dann mit einem absurden, seltsam einseitig zuckenden Grinsen. Zu Weiterem war er nicht zu bewegen.
      Die Leute gingen. In der Messe blieb nur Jermakow zurück.

    28.

    Es fügte sich in der halben Stunde danach, daß die Leute einander mieden. Man blickte durch die Luken auf die Nebelwand, nachdenkend, betroffen, und das einförmige Weiß spiegelte sich in den Hirnen zu Bildern, die einander nicht glichen.
      Lampoo erkannte die Chance, suchte nach Rahel Bruceau, fand sie auch wirklich allein an einer der Luken, und es fiel ihm leicht, der Begegnung den Anschein von Zufall und Beiläufigkeit zu geben. Er begann ohne Umschweife, über Syntheseraten zu sprechen, und gab sofort zu erkennen, daß es sich um genau das handelte, was ihn in diesen Tagen beschäftigt hatte. Lampoo formulierte knapp und gestochen, und die Art seiner Rede zielte dahin, Gefühle partnerschaftlicher Kompetenz zu wecken und heimlich augenzwinkerndes Einvernehmen der Experten gegen den Rest der Welt.
      Rahel war nicht die Frau, der solche Töne entgingen, sie fuhr fort, hartnäckig zu schweigen. Der Umstand indessen, daß es Lampoo gelungen war, den Stoffwechsel der irdischen Colibakterien mit gewissen Fraktionen des hiesigen Materials zu hybridisieren, das man »schwarze Fragmente« nannte, machte sie hellhörig: Was Lampoo bekanntgab, verriet äußerste Finesse im Umgang mit einfachen Mitteln, den Endpunkt fast eines Forschungsprogramms, es war methodisch – wie sie meinte – ziemlich genial. Von diesem Punkt an rätselte sie an der Frage, für welche Bosheit der Mann so hoch investiert hatte, und gleichzeitig hörte sie zu.
      Lampoo führte inzwischen Zahlen an und das Pyrazin, eine Substanz, von der Rahel wußte, daß die den Purinbasen, wichtigen Bausteinen der lebenden Zellen, glich, ohne selbst in diesen Zellen vorzukommen. Dann redete er plötzlich von Reißverschlüssen, der Sachverhalt ging durch mit ihm und

Weitere Kostenlose Bücher