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Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarze Blumen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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Brüstung zur Klippe steht ein älteres, bis unters Kinn in Regenmäntel gehülltes Paar, das die Boote dort draußen auf See betrachtet. Der alte Mann ist fast kahl, mit einer dünnen, weißen Tonsur am Hinterkopf; im Rücken hält er ein Fernglas mit beiden Händen, dessen Schnur ihm in den Kniekehlen baumelt. Seine Frau neben ihm hat, selbst im Mantel deutlich erkennbar, eine birnenförmige Figur. Ihr Haar ist grauweiß und von Wind und Regen zu einem feuchten Wirbel zerzaust, der an ein Sturmtief auf der Wetterkarte erinnert.
    Sie stehen Seite an Seite und verströmen stille Zufriedenheit.
    Ihr Anblick macht Pearson unsäglich traurig.
    Das wird er nun nie wieder haben. Gloria hat ihn gestern verlassen. Sie hat ihm erklärt, er habe sich verändert; er sei ihr fremd geworden. In Wahrheit war er ihr nie ein besonders guter Ehemann gewesen, und schon lange hatten sie sich auseinandergelebt, doch er weiß, dass sie recht hat und dass diese letzten drei Monate anders waren.
    Seit dem, was mit Poole geschehen ist.
    Er sieht es so: was mit Poole geschehen ist. Als sei es etwas Schreckliches, das ihm einfach so zugestoßen ist und das er nur als Zeuge miterlebt hat. Doch selbst aus diesem schiefen Blickwinkel ist der Anblick in seinem Kopf zu viel, er kann ihn nicht ertragen – aber wegsehen ebenso wenig. Er hatte gedacht, es wäre leicht, einen Mann zu töten. Doch das war ein kolossaler Irrtum.
    Seitdem wird er davon verfolgt. Er sieht Pooles heiser schreienden Mund und das blutige Gesicht, das kein Gesicht mehr ist. Am schlimmsten setzt ihm diese letzte Geste des alten Mannes zu: die Tatsache, dass er noch nicht tot war, als er es längst hätte sein müssen. Da hatte Poole praktisch schon kein Gesicht mehr, dennoch hob er in einer hilflosen Geste den Arm, um den Rest davon zu schützen. Sein Körper wusste, dass er tot war, doch er hing noch am Leben.
    Manchmal sieht ihn Pearson da unten im Flussbett, wie er sich immer noch gleich einem Fötus in seinem Sack bewegt. Inzwischen auf andere Art lebendig; eine unbelebte Masse vielleicht, doch nicht ohne Einfluss. In Pearsons Alpträumen vergiftet der alte Mann das Wasser wie tote Schafe einen Bergbach. Pooles Körpersäfte gelangen mit dem Fluss in die See, werden mit der Strömung zurückgespült und krachen jetzt direkt unter ihm an die Felsen. Am Viadukt wachsen sämtliche Bäume und Blumen verdreht und gewunden, und die nächste Generation von Vögeln krächzt obszöner als die letzte, ihre Schreie klingen denen eines sterbenden Mannes immer ähnlicher.
    Es erinnert ihn an Charlottes Geschichte über die Toten, die zu Blumen werden.
    Die Geschichte, die doch nicht nur eine Geschichte war.
    Pearson hat einen Flachmann mit Branntwein im Türfach. Er schraubt den festen Silberdeckel auf und nimmt einen großen Schluck. Es schmeckt hochprozentig und brennt und verstärkt die Wirkung dessen, was er schon intus hat.
    Er betrachtet die Ruinen der Abtei durch den Regen, der auf die Windschutzscheibe prasselt, bis die Sicht verschwimmt. Es herrscht kein Touristenwetter; der Mann und die Frau an der Brüstung sind die einzigen Menschen, die sich heute auf den Felsvorsprung gewagt haben. Er hofft, dass sie bald gehen, damit er allein sein kann.
    Die Gedanken an Poole und das kleine Mädchen führen unausweichlich zu Sullivan, den, wie Pearson weiß, die Vergangenheit viel erbarmungsloser verfolgt als ihn. Doch Sullivan ist anders, er scheint eine geradezu gespenstische Fähigkeit zu besitzen, die Geister aus der anderen Welt zu ertragen. Vielleicht ist er seit dem Tod von Anna Hanson, der ihm seit über einem Jahr auf der Seele lastet, einfach geübter darin, mit Schuldgefühlen umzugehen. Außerdem ist Sullivan nach wie vor davon überzeugt, dass Charlotte immer noch irgendwo am Leben ist, und so reißt er sich zusammen, bis er sie gefunden und wieder in Sicherheit gebracht hat.
    Pearson glaubt, dass sie tot ist; falls sie doch noch lebt, dann unter solchen Qualen, dass er nicht daran zu denken wagt. Doch er hegt den Verdacht, dass sie nicht lange nach Poole gestorben ist und jetzt aus ihrem seichten Grab eine ähnliche Wirkung ausübt wie in seinen Alpträumen ein alter Mann in einem Fluss.
    Pearson nimmt noch einen Schluck, dann schraubt er den Deckel wieder zu.
    Das Paar hat aufgehört, aufs Meer hinauszustarren. Die beiden drehen sich um und laufen über den Parkplatz zurück. Ihre Schuhe knirschen im Kies, das Alter bremst ihren Schritt. Der Mann wirft einen kurzen

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