Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)
öffnete sich die Tür. Innen glich der Lift einer kleinen Stahlbox. Die Tür ging mit leisem Scheppern zu, und das ganze Ding ratterte alarmierend, als es langsam in den fünften Stock aufstieg.
Nicht sterben, dachte ich.
Wag es ja nicht, mir jetzt wegzusterben.
Die Fahrstuhltür ging auf, und ich trat hinaus. Die Station war links ausgeschildert, und ich fand sie ein Stück weiter, musste mich allerdings auf der Gegensprechanlage melden und warten – wieder eine Ewigkeit.
Dass du ja nicht stirbst, du Scheißkerl.
Als ich den Anruf von Allys Handy bekam, war eine Frau namens Dr. Matheson am anderen Ende. Vor ein paar Stunden, erklärte sie, sei ein Krankenwagen gerufen worden, der sich um einen alten Mann auf einer Brücke im Stadtzentrum von Thornton kümmern sollte. Passanten hatten beobachtet, dass es ihm sehr schlecht ging, dass er sich krümmte und an die Brust fasste. Einigen Zeugen nach hatte der alte Mann Brieftasche und Schlüssel herausgekramt und gezielt in den Fluss geworfen. Ein paar Leute schritten schließlich ein, um ihn daran zu hindern – um ihm zu helfen –, und der alte Mann hatte sich gewehrt, bevor er schließlich zusammenbrach und hier eingeliefert wurde. Ein schwerer Herzinfarkt, klärte mich Matheson auf. Er lebte noch, war jedoch in einem kritischen Zustand.
Sie hatten keine Ahnung, wer er war. Das Einzige, was der alte Mann nicht mehr hatte wegwerfen können, war ein Handy, das er tief in einer seiner Jackentaschen vergraben hatte. Dr. Matheson hatte es eingeschaltet, die als Letztes gewählte Nummer gesehen und sie erneut angerufen, um wenn möglich einen Angehörigen zu informieren.
Hab dich, du Mistkerl.
Die Tür zu Station 57 summte ein paar Sekunden, dann entriegelte sich das Schloss. Ich zog sie auf, lief einen Flur entlang und von dort um die Ecke in einen Bereich, der durch blaue Vorhänge unterteilt war. Hier befand sich ein neuer Rezeptionstisch, und die Frauen dahinter waren ins Gespräch vertieft.
»Entschuldigen Sie«, sagte ich.
»Tut mir leid.« Eine von ihnen drehte sich auf ihrem Stuhl zu mir um. »Kann ich Ihnen helfen?«
»Dr. Matheson erwartet mich. Ich komme zu einem Patienten, der gerade eingewiesen wurde.«
»Name?«
»Ich weiß nicht. Es ist ein Herzinfarkt, aber der Patient hatte keine Ausweispapiere dabei. Er wurde auf einer Brücke im Zentrum von Thornton gefunden.«
»Ach so, ja.«
Die Krankenschwester reckte den Hals – Sie stehen mir im Weg – und starrte auf die Wand hinter mir. Ich drehte mich um und sah eine weiße Anschlagtafel, die mit wischfestem schwarzem Marker in gerade Linien untergliedert war. Namen und andere Informationen waren in Grün in dieses Raster eingefügt. Die meisten Quadrate waren voll, während in den leeren gespenstische, halb weggewischte Schmierflecke zu erkennen waren, die von den letzten Kranken in diesen Betten zeugten.
»Zimmer A3.« Sie zeigte in die Richtung zurück, aus der ich gekommen war. »Da um die Ecke.«
»Was? Soll ich einfach da rein?«
»Ja, das geht schon in Ordnung. Seien Sie nur ganz leise, soviel ich weiß, schläft er. Ich sage Dr. Matheson Bescheid, dass Sie da sind.«
»Gut, danke.«
Dann hast du also dein eigenes Zimmer.
Auf dem Weg zu ihm pochte mir der Puls in den Schläfen. Sollte ich wahrhaftig jeden Moment vor diesem Menschen stehen? Selbst nach allem, was ich gelesen, was ich herausgefunden hatte, war es kaum zu fassen, dass es im echten Leben einen solchen Menschen gab.
Doch daran bestand kein Zweifel. Und er musste es sein, da er Allys Handy benutzt hatte.
Ich öffnete die Tür und trat ein.
Das Zimmer war klein und gelblich matt beleuchtet. Das Hauptlicht an der Decke war ausgeschaltet, dafür schien gedämpft eine kantige Wandlampe auf das Bett und den darin Liegenden herunter. Mit dem ganzen Wirrwarr an Apparaturen und den pastelligen Blau- und Gelbtönen der Tapete erinnerte es mich an ein Kinderzimmer, doch der Mann, der dort im Bett lag, war davon weit entfernt. Einen Moment lang rührte ich mich nicht, weil ich nicht wusste, was ich jetzt, wo ich hier war, machen sollte. Dann schloss ich leise die Tür hinter mir, trat ans Bett und sah zu ihm hinunter.
Unter der Decke zeichnete sich ein spindeldürrer Körper ab, und abgesehen von ein paar fettigen grauen Strähnen an den Schläfen war sein Schädel kahl. Der Mann hatte die Augen geschlossen, doch sie traten entsetzlich hervor, als hätte jemand eine dünne Hautschicht über Murmeln gespannt, während
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