Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3)
nach vorn, um den jungen Flügelflitzern Gelegenheit zu geben, ihre
Schnelligkeit auszuspielen. Doch ehe einer von ihnen den Ball, der schräg vom
Boden wegsprang, aufnehmen konnte, war Bruno ihm in die Quere gekommen und barg
den Ball unter sich, als sich ein halbes Dutzend Gegenspieler über ihn warfen.
Der Schiedsrichter pfiff ab und ließ zum Gedränge Aufstellung nehmen.
Mit Blick auf Pons rief Lespinasse so laut, dass ihn auf den Rängen alle hören
konnten: „He, Hübscher, wo warst du? Den Außendreiviertel zu stoppen ist dein
Job.“
Pons wurde rot. Seine Augen funkelten. Bruno hakte sich als Letzter ins
Gedränge ein. Diesmal gewann die eigene Mannschaft den Ball. Pierrot angelte
sich das Ei und gab es an Pons weiter, der wie eine aufgescheuchte Gazelle
davonsprang, gefolgt von Bruno und dem Schlussmann, die die jungen Gegner der
Dreiviertelreihe auf Abstand zu halten versuchten.
Bruno war ungefähr fünf Meter hinter Pons, konnte aber das Tempo nicht
mehr mithalten. Von allen Seiten angegriffen, brüllte Pons „Bruno!“ und passte
den Ball zurück. Völlig überrascht davon, presste Bruno den Ball an die Brust,
als der erste und der zweite Innendreiviertel über ihn herfielen, der eine mit
gezieltem Hechtsprung auf seine Beine, der andere mit einem Rempler, der so
wuchtig war, dass Bruno die Luft wegblieb. Er glaubte, von einem Zug überrollt
zu werden, stürzte kopfüber in den Schlamm und sah nur noch Sterne.
Es dauerte nicht lange, und er spürte den kalten Schwamm im Nacken. Doch
mit der Wohltat war es plötzlich vorbei. Verwundert hob er den Kopf, blinzelte
und sah Jules losrennen, um Pons und Lespinasse voneinander zu trennen. Pons
lag mit blutiger Nase am Boden. Lespinasse stand über ihm und brüllte: „Wenn
das keine Absicht war! Du lässt Bruno ins offene Messer laufen, dabei hättest
du einfach durchmarschieren können. Was bist du bloß für ein mieser Sack!“
Bruno sah die Sache ähnlich. Pons hatte nur den Schlussmann vor sich
gehabt und hätte, statt an Bruno, der von den beiden Innenverteidigern
attackiert wurde, an einen freien Mitspieler abgeben können. Bruno aber war so
durcheinander, dass er sich gar nicht richtig aufregen konnte. Er keuchte und
spuckte Blut. Zum Glück schienen noch alle Zähne an Ort und Stelle zu sein.
Vorsichtig bewegte er Arme und Beine und stellte erleichtert fest, dass sie ihm
noch gehorchten. Als Jules mit dem Schwamm zurückkam, wälzte sich Bruno auf die
Seite und erbrach sich.
„Es wird schon wieder“, meinte Jules und schaute ihm aufmerksam in die
Augen. „Warst du weg?“
„Ich glaube nicht“, antwortete Bruno. „Nicht wirklich. Halb so wild.“
„Wenn du jetzt auch nicht mehr mitspielen kannst, sind wir nur noch
dreizehn“, sagte Jules. „Der Schiedsrichter hat soeben Lespinasse vom Platz
gestellt.“
„Wie lange noch?“, fragte Bruno.
„Fünfzehn Minuten vielleicht, plus Nachspielzeit.“
„Hilf mir auf.“ Bruno stand auf wackligen Beinen da, als der
Schiedsrichter kam und nach dem Rechten sah.
„ Gehirnerschütterung ?“
Bruno schüttelte den Kopf, was weh tat. „Nein, ich kann weiterspielen.“
„Na schön, sonst wärt ihr drei weniger“, sagte der Schiedsrichter. „Euer
Flügelmann verabschiedet sich gerade wegen Nasenblutens.“
Bruno sah Lespinasse und den Trainer mit finsterer Miene an der
Seitenauslinie stehen. Sie ignorierten Pons, der in diesem Augenblick vom
Platz schlich. Die Menge jubelte, als Bruno unter Schmerzen in die eigene
Hälfte zurücktrottete. Er hörte eine Frauenstimme seinen Namen rufen, drehte
sich um und sah, dass Pamela ihn vom Platz herunterzuwinken versuchte. Er
schüttelte den Kopf. Stephane tätschelte ihm die Schulter und stellte sich dann
zu den anderen ins Gedränge. Auch Bruno ging in Position, obwohl er daran
zweifelte, noch einmal durchstarten zu können. Die Stürmer waren so erschöpft,
dass die Gasse wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel. Sie versuchten es aufs
Neue. Pierrot brachte den Ball ins Spiel, und weil Bruno nicht in der Lage war,
den Einwurf aufzufangen, stemmte Stephane statt seiner Marcel in die Höhe. Der
fischte den Ball aus der Luft und gab ihn an Jacquot weiter, und dieser konnte
gute zehn Meter zurücklegen, ehe er vom Gegner gestoppt wurde.
Das dunkelblaue Trikot der Senioren war vom Hellblau der Jungen nicht
mehr zu unterscheiden, so sehr starrten alle vor Dreck. Der Matsch klebte an
den Füßen, der Ball war glitschig und kaum mehr zu fassen. Völlig
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