Schwarze Engel
Bahn nach unten gefahren.«
»Sie ist erst runtergefahren?«
»Ja, Sir, sie ist runtergefahren. Sie ist auch ein Stammkunde wie Mr. Elias. Nur daß sie bloß ungefähr einmal die Woche fährt. Freitags, wie gestern abend. Mr. Elias, der ist öfter gefahren.«
»Warum, glauben Sie, könnte Sie nach unten gefahren und nicht ausgestiegen sein?«
Peete sah ihn verständnislos an, als wunderte er sich über so eine simple Frage.
»Weil sie erschossen wurde.«
Bosch hätte fast gelacht, beherrschte sich aber. Er hatte sich dem Zeugen gegenüber nicht klar genug ausgedrückt.
»Nein, ich meine, bevor sie erschossen wurde. Wie es aussieht, ist sie nicht aufgestanden, um auszusteigen; sie ist auf ihrem Platz sitzen geblieben und hat gewartet, daß die Bahn wieder nach oben fährt, als der andere Fahrgast einstieg und der Schütze hinter ihm auftauchte.«
»Also, was sie da unten getan hat, weiß ich ehrlich nicht.«
»Wann genau ist sie runtergefahren?«
»Mit dem Wagen unmittelbar davor. Ich habe Olivet runtergefahren, und da war die Frau drin. Das war fünf, sechs Minuten vor elf. Ich habe Olivet runtergefahren und bis elf unten stehen lassen, und dann habe ich sie wieder hochgefahren. Sie wissen schon, die letzte Fahrt. Als sie oben ankam, waren die Leute drin tot.«
Die Tatsache, daß Peete den Wagen offensichtlich dem weiblichen Geschlecht zuordnete, bereitete Bosch leichte Verständnisschwierigkeiten. Er versuchte den Sachverhalt klarzustellen.
»Sie haben also Olivet mit der Frau drin runterfahren lassen. Und fünf, sechs Minuten später, als Sie den Wagen wieder hochgeholt haben, war sie immer noch drin. Ist das richtig?«
»Ja.«
»Und während der fünf oder sechs Minuten, in denen Olivet unten stand, haben Sie nicht nach unten gesehen?«
»Nein, ich habe das Geld in der Kasse gezählt. Und dann, um elf, bin ich rausgegangen und habe Sinai abgeschlossen. Dann habe ich Olivet hochgeholt. Das war, als ich die beiden entdeckt habe. Sie waren tot.«
»Aber Sie haben da unten nichts gehört? Keine Schüsse?«
»Nein, wie ich Ihrer Kollegin – Miß Kizmin – schon gesagt habe, trage ich wegen dem Lärm hier in der Station Ohrenstöpsel. Außerdem habe ich das Geld gezählt. Das sind fast lauter Quarter. Ich lasse sie durch die Maschine laufen.«
Er deutete auf die Geldzählmaschine neben der Kasse. Wie es aussah, sortierte sie die Vierteldollarmünzen zu Papierrollen im Wert von zehn Dollar. Dann stampfte er mit dem Fuß auf den Holzboden, um auf die Maschine darunter aufmerksam zu machen. Bosch nickte zum Zeichen, daß er verstanden hatte.
»Was können Sie mir über die Frau sagen? Fuhr sie regelmäßig mit der Bahn?«
»Ja, einmal die Woche. Freitags. Als ob sie einen Job in den Wohnungen hier oben gehabt hätte, als Putzfrau oder so. Der Bus hält unten in der Hill Street. Ich glaube, sie ist da unten immer eingestiegen.«
»Und Howard Elias?«
»Der war auch Stammkunde. Zwei-, dreimal die Woche, immer zu unterschiedlichen Zeiten, manchmal ziemlich spät, wie gestern abend. Einmal habe ich schon abgeschlossen, und er war unten und rief zu mir hoch. Ich habe eine Ausnahme gemacht, ihn mit Sinai hochgeholt. Eine Gefälligkeit. Dafür hat er mir an Weihnachten einen kleinen Umschlag zugesteckt. Wirklich nett von ihm, daß er sich daran erinnert hat.«
»War er immer allein, wenn er mit der Bahn fuhr?«
Der alte Mann verschränkte die Arme und überlegte kurz.
»Meistens, glaube ich.«
»Können Sie sich erinnern, daß er mal in Begleitung war?«
»Ich glaube, ich kann mich erinnern, daß er ein- oder zweimal mit jemand anderem gefahren ist. Aber mit wem, weiß ich nicht mehr.«
»War es ein Mann oder eine Frau?«
»Keine Ahnung. Ich glaube, es könnte eine Frau gewesen sein, aber ich kann sie mir nicht mehr vorstellen, wenn Sie wissen, was ich meine.«
Bosch nickte und dachte nach. Er sah Rider an und zog die Augenbrauen hoch. Sie schüttelte den Kopf. Sie hatte keine weiteren Fragen mehr.
»Bevor Sie gehen, Mr. Peete, könnten Sie da noch die Bahn in Betrieb setzen und uns nach unten fahren?«
»Klar. Alles, was Sie und Miß Kizmin wollen.«
Er sah Rider an und neigte lächelnd den Kopf.
»Danke«, sagte Bosch. »Dann machen wir das jetzt.«
Peete beugte sich über die Tastatur des Computers und tippte einen Befehl ein. Sofort begann der Boden zu vibrieren, und es entstand ein tiefes mahlendes Geräusch. Peete wandte sich ihnen zu. »Es kann losgehen.«
Bosch winkte ihm zu und
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