Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Engel

Schwarze Engel

Titel: Schwarze Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
einen Soundcheck in ein Mikrophon. Schräg hinter dem Rednerpult stand Irving und unterhielt sich flüsternd mit zwei Männern in der Uniform eines Lieutenants. In einem von ihnen erkannte Bosch Tom O’Rourke wieder, der in der Presseabteilung arbeitete. Den anderen Mann kannte Bosch nicht, aber er nahm an, es war Irvings Adjutant Michael Tulin, dessen Anruf Bosch vor wenigen Stunden geweckt hatte. Auf der anderen Seite des Pults stand ganz allein ein vierter Mann. Er trug einen grauen Anzug, und Bosch hatte keine Ahnung, um wen es sich handelte. Vom Polizeipräsidenten keine Spur. Noch nicht. Der Polizeipräsident wartete nicht darauf, daß die Medien fertig wurden. Die Medien warteten auf ihn.
    Irving entdeckte Bosch und winkte ihn nach vorne zum Rednerpult. Bosch stieg die drei Stufen auf das Podest hinauf, und Irving legte ihm die Hand auf die Schulter, um ihn beiseite zu nehmen, außer Hörweite der anderen.
    »Wo sind Ihre Leute?«
    »Ich habe nichts von ihnen gehört.«
    »Wie stellen Sie sich das vor, Detective? Ich habe Ihnen doch klar und deutlich zu verstehen gegeben, Sie sollen sie herschaffen.«
    »Ich kann dazu nur sagen, Chief, daß sie vielleicht gerade mitten in einer diffizilen Vernehmung waren und nicht zurückrufen wollten, um nicht aus dem Tritt zu kommen. Sie sprechen noch einmal mit Elias’ Frau und seinem Sohn. So etwas erfordert eine Menge Fingerspitzengefühl, vor allem in einem Fall wie –«
    »Das interessiert mich alles nicht. Ich wollte sie hierhaben, basta. Bei der nächsten Pressekonferenz sorgen Sie dafür, daß sie hier sind, oder ich löse Ihr Team auf und versetze Sie in drei Bezirke, die so weit auseinanderliegen, daß Sie sich einen Tag Urlaub nehmen müssen, wenn Sie gemeinsam zu Mittag essen wollen.«
    Bosch studierte kurz Irvings Miene.
    »Verstehe, Chief.«
    »Gut. Und vergessen Sie es nicht. Langsam müßten wir hier eigentlich anfangen können. O’Rourke wird jetzt den Polizeipräsidenten holen. Sie beantworten keine Fragen. Das ist etwas, was Sie nicht zu kümmern braucht.«
    »Warum bin ich dann überhaupt hier? Kann ich wieder gehen?«
    Irving sah aus, als würde er endlich zum erstenmal in seiner Karriere, wenn nicht sogar in seinem Leben laut losfluchen. Sein Gesicht lief rot an, und seine kräftigen Kiefermuskeln waren zum Zerreißen gespannt.
    »Sie sind hier, um Rede und Antwort zu stehen, wenn ich oder der Polizeipräsident irgendwelche Fragen an Sie haben. Sie gehen dann, wenn ich es Ihnen sage.«
    Bosch hob beschwichtigend die Arme und trat einen Schritt in Richtung Wand zurück, um auf den Beginn der Vorstellung zu warten. Irving entfernte sich und sprach kurz mit seinem Adjutanten, bevor er auf den Mann im Anzug zuging. Bosch sah ins Publikum. Weil die Fernsehscheinwerfer bereits eingeschaltet waren, war es schwer, etwas zu erkennen. Trotz des grellen Lichts konnte er jedoch ein paar Gesichter ausmachen, die er entweder persönlich oder aus dem Fernsehen kannte. Als sein Blick schließlich Keisha Russell erreichte, versuchte er ihn abzuwenden, bevor ihn die Times -Reporterin entdeckte. Aber es war zu spät. Ihre Blicke trafen sich und blieben einen Moment aufeinander haften, dann nickte sie einmal fast unmerklich. Bosch nickte nicht zurück. Man konnte nie wissen, wer es bemerkte. Es war nie gut, einen Journalisten in der Öffentlichkeit zu registrieren. Deshalb ließ er seinen Blick nur noch einen Moment länger auf ihr ruhen und wandte ihn dann ab.
    Die Tür an der Seite des Podiums ging auf, und O’Rourke kam herein. Er drehte sich um und hielt dem Polizeipräsidenten, der in einem anthrazitgrauen Anzug und mit ernstem Gesicht in den Raum trat, die Tür auf. O’Rourke ging ans Rednerpult und beugte sich über die Mikrophone. Er war wesentlich größer als der Polizeipräsident, für den die Mikrophone eingestellt worden waren.
    »Alles bereit?«
    Von hinten riefen zwar ein paar Kameramänner »Nein« und »Noch nicht«, aber O’Rourke ignorierte sie.
    »Der Polizeipräsident möchte zu den heutigen Vorfällen eine kurze Erklärung abgeben und anschließend auf ein paar Fragen antworten. Im Moment werden allerdings wegen des laufenden Ermittlungsverfahrens nur allgemeine Aspekte des Falls bekanntgegeben. Auch Deputy Chief Irving ist hier, um Ihre Fragen zu beantworten. Mit ein bißchen Disziplin werden wir diese Sache sicher rasch und reibungslos hinter uns bringen, und jeder bekommt, was er braucht. Chief?«
    O’Rourke machte einen Schritt zur Seite,

Weitere Kostenlose Bücher