Schwarze Engel
der Literatur«, sagte Entrenkin. »Oder was manche Leute für Literatur halten. Aus Lolita von Nabokov.«
»Ach ja, richtig.«
Bosch sah, daß unten auf die Seite mit Bleistift geschrieben war:
Nr. 2 – 12/3
»Dieser Vermerk ist vermutlich von Howard«, sagte Entrenkin . »Oder von jemandem in der Kanzlei.«
Sie öffnete den nächsten Umschlag, den später abgestempelten der beiden, und faltete den Brief auseinander. Bosch beugte sich wieder vor.
nummernschilder beweisen seine unschult
»Sieht so aus, als wären sie von derselben Person«, sagte Entrenkin. »Sehen Sie außerdem, daß Unschuld falsch geschrieben ist.«
»Richtig.«
Auch auf diesem Blatt befand sich am unteren Rand ein mit Bleistift geschriebener Vermerk.
Nr. 3 – 5/4
Bosch zog seinen Aktenkoffer in seinen Schoß hoch und öffnete ihn. Er nahm die Beweismitteltüte mit dem Brief heraus, den Elias nach seiner Ermordung in der Innentasche seiner Anzugjacke gehabt hatte.
»Das hatte Elias bei sich, als er … als er nach Hause fahren wollte. Ich habe ganz vergessen, daß ich das von der Spurensicherung bekommen habe. Da trifft es sich gut, daß Sie gerade hier sind. Es ist sicher besser, wenn ich den Umschlag in Ihrem Beisein öffne. Er trägt den gleichen Poststempel wie die beiden andern Briefe. Er wurde am Mittwoch aufgegeben. Auf diesem möchte ich aber die Fingerabdrücke erhalten.«
Er nahm ein Paar Gummihandschuhe aus einer Pappschachtel in seinem Aktenkoffer und zog sie an. Dann nahm er den Brief vorsichtig aus der Beweismitteltüte und öffnete ihn. Er zog ein Blatt Papier, ähnlich den anderen beiden, heraus und faltete es auseinander. Wieder war nur eine einzige Zeile auf die Seite getippt.
er weiß, daß du es weißt
Bosch wußte, das leichte Herzflattern, das er spürte, als er auf das Blatt sah, kam von einem Adrenalinstoß.
»Was bedeutet das, Detective Bosch?«
»Keine Ahnung. Aber es wäre mir lieber, ich hätte den Brief früher geöffnet.«
Auf dem unteren Rand der dritten Nachricht war kein Bleistiftvermerk. Anscheinend war Elias noch nicht dazu gekommen.
»Sieht so aus, als fehlt uns einer«, sagte Bosch. »Diese beiden sind mit zwei und drei gekennzeichnet, und dieser ging als letzter ein – das wäre also der vierte.«
»Ich weiß. Aber ich habe nichts gefunden, was Nummer eins sein könnte. Jedenfalls nicht in den Unterlagen. Vielleicht hat er die Nachricht weggeworfen, weil er erst merkte, daß sie etwas bedeutete, als er die zweite bekam.«
»Vielleicht.«
Er dachte eine Weile über die Briefe nach. Er verließ sich jetzt hauptsächlich auf seinen Riecher, und das Kribbeln in seinen Adern hielt weiter an. Er glaubte, einen ersten Anhaltspunkt gefunden zu haben. Das ließ ihn innerlich triumphieren, aber zugleich kam er sich ein wenig dumm vor, daß er etwas, das vielleicht maßgeblich zur Aufklärung des Falls beitragen konnte, fast zwölf Stunden unwissentlich mit sich herumgetragen hatte.
»Hat Elias jemals über diesen Fall mit Ihnen gesprochen?« fragte er.
»Nein, wir sprachen nie über unsere Arbeit«, sagte Entrenkin. »Darauf hatten wir uns gleich zu Beginn unserer Beziehung geeinigt. Wissen Sie, wir wußten, daß das, was wir taten … etwas war, was auf Unverständnis stoßen würde – der Inspector General mit einem der vehementesten und bekanntesten Kritiker der Polizei.«
»Nicht zu reden davon, daß er verheiratet war.«
Ihre Miene verhärtete sich.
»Was ist eigentlich los mit Ihnen? Erst kommen wir ganz gut miteinander zurecht und machen vielleicht sogar Fortschritte in dieser Sache, und dann stellen Sie sich plötzlich wieder quer.«
»Was mit mir los ist? Es wäre mir ganz einfach lieber, Sie würden sich diesen Wir-wußten-es-war-nicht-richtig-Sermon für jemand anders aufsparen. Es fällt mir schwer zu glauben, daß Sie beide nicht über das LAPD gesprochen haben, wenn Sie in seiner Wohnung waren.«
Bosch sah reines Feuer in ihren Augen.
»Es interessiert mich einen feuchten Kehricht, was Ihnen zu glauben schwerfällt, Detective.«
»Hören Sie, wir haben eine Abmachung getroffen. Ich werde niemandem etwas erzählen. Wenn ich Ihnen Ärger mache, können Sie mir Ärger machen. Selbst wenn ich es nur meinen Partnern erzählen würde – wissen Sie, was sie sagen würden? Sie würden sagen, ich bin verrückt, Sie nicht wie eine Verdächtige zu behandeln. Das ist, was ich tun sollte, aber ich tue es nicht. Ich verlasse mich hier nur auf meinen
Weitere Kostenlose Bücher