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Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2)

Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2)

Titel: Schwarze Jagd - Wooding, C: Schwarze Jagd - Black Lung Captain (Book 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Wooding
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sich neben Jez auf einen Stein. Er zog eine Flinte unter seinem Mantel hervor und starrte in den Wald hinaus.
Eine Weile beobachteten sie den Wald gemeinsam in behaglichem Schweigen. Einige Mitglieder der Crew fühlten sich in Silos Gegenwart unbehaglich, aber Jez genoss seine Gesellschaft. Alle anderen redeten viel, aber für gewöhnlich ging es dabei um nichts Wichtiges. Silo sagte kaum einmal etwas, aber sie hatte den Eindruck, dass er den Unterschied durch Nachdenken wettmachte.
    »In meiner Familie ist Zorn«, erklärte er aus heiterem Himmel. Jez wusste nicht, was sie dazu sagen sollte, also sagte sie nichts.
    »Mein Papa hatte ihn«, fuhr er fort. »Sein Bruder auch. Und ihr Papa, und mein Bruder. Alle jetzt tot, aber sie hatten den Zorn. Platzte einfach aus ihnen raus, und dann man kam ihnen besser nicht in die Quere.«
    Jez war ein wenig überrascht, dass er diese Informationen freiwillig preisgab. Ihr war nicht einmal bekannt gewesen, dass er einen Bruder hatte. Sie war nun schon seit über einem Jahr an Bord der Ketty Jay, aber sie wusste nach wie vor kaum etwas über ihn. Und alle anderen ebenso wenig, soweit sie erkennen konnte.
    Silo stellte seine Flinte an einen Baum und begann sich eine Zigarette zu drehen, wobei er sich vorbeugte, um sie vor dem Regen zu schützen. Jez fragte sich, ob dies das Ende der Unterhaltung war, aber dann sprach er erneut.
    »Mein Bruder, er hat mal den Zorn gekriegt, als wir in den Baracken angekettet waren. Hat sich den Knöchel an Fußschelle gebrochen, als er auf so ’nen Kerl losgehen wollte. Konnte danach ’ne ganze Weile nicht arbeiten. War aber kräftiger Bursche, da wollten sie sehen, ob es heilen würde.« Er leckte das Papier an und klebte die Zigarette zu. »Hat’s aber nicht. Knochen sind schlecht zusammengewachsen, und er hat gehinkt. Da haben sie ihn getötet.«
    Phosphor zischte, als er ein Streichholz anriss, dann der Geruch von beißendem Rauch.
    »Papa ist auf selbe Art gestorben. Schlägerei mit einem Kerl, Murthianer wie er, als sie im Steinbruch Bruchsteine geschleppt haben. Hat ihm mit ’nem Stein den Schädel eingeschlagen. Sammies haben ihn weggebracht, und er’s nie zurückgekommen.«
    Jez hatte Silo noch nie so lange reden hören. Es widerstrebte ihr, etwas zu sagen, weil sie seinen Redefluss nicht unterbrechen wollte, aber sie spürte, dass der Moment nach etwas verlangte.
    »Tut mir leid«, sagte sie.
    »Kein Grund dafür. Es gibt das, was ist, und das, was nicht ist.«
    Jez wünschte, sie hätte den Mund gehalten. Eine Weile waren nur die Geräusche des Waldes und der Regen zu hören. Dann:
    »Auch ich hab den Zorn gehabt.«
    Wirklich?, dachte sie. Du? Ich habe dich immer nur als die Ruhe in Person erlebt. Aber sie sagte nichts.
    »War sogar stolz darauf«, sagte er. »Als ich jung war, sie hatten Angst vor mir. Hab mich mit Jungs angelegt, die doppelt so alt waren wie ich, und mehr ausgeteilt als eingesteckt. Ich war wütend. Jeden Tag. Wütend, dass sie uns angekettet, uns in Baracken und Lager eingesperrt haben. Murthianer sind nicht wie Daks. Fünfhundert Jahr, und sie haben uns immer noch nicht gezähmt.« Er nahm einen Zug und stieß den Rauch aus. »In letzter Zeit ich denke manchmal, das ist vielleicht das Problem. Wir sind so verdammt stolz auf unsern Widerstand gegen die Sammies, dass sie uns die Ketten nie abnehmen werden. Bisschen mehr Verstand, bisschen weniger Wut, dann denken
sie, wir sind zahm. Wir wären wie die Daks, in ihren Häusern, würden ihre Geschäfte führen, uns um ihre Kinder kümmern.« Eine Pause. »Dann würden wir sie töten.«
    Jez hielt den Blick auf den Wald gerichtet. Sie hatte sich dem Murthianer immer irgendwie verbunden gefühlt. Beide waren sie auf ihre Weise Exilanten ihrer Ethnien. Sie hatte immer vermutet, dass er genauso empfand. Von allen Besatzungsmitgliedern redete er am häufigsten mit ihr, wenn auch meist über technische Dinge. Maschinen waren ihre gemeinsame Basis.
    Nun ging ihr der Gedanke durch den Kopf, dass Silo sie zu erreichen versuchte. Er bot etwas an. Stellte eine Beziehung her.
    »Da war mal eine Frau«, sagte er. »Wir waren beide jung, aber alt genug. Eine wie die hatte ich noch nie gesehn. Dachte, es gäbe nichts Großartigeres auf der Welt. Und sie dachte genauso über mich. Hat sie wenigstens gesagt.« Er schüttelte den Kopf und blies einen Rauchstrahl aus. »Dickköpfiges Weibsstück. Hab sie heiß geliebt, aber sie hat mich verrückt gemacht. Wir haben uns gestritten und

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