Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht
haben wollen, wird sich eine andere finden.“
Violet schloss die Tür härter als es nötig gewesen wäre und lief dann so eilig die Treppe hinauf, dass sie Maggy, die mit einem Tablett unterwegs war, fast umriss.
Marlow verließ kurz darauf das Haus, ohne das von Mrs. Waterbrook sorgsam zubereitete Dinner auch nur angerührt haben. Violet saß einsam im Speisezimmer, stocherte ungewöhnlich lustlos in dem leckeren Ragout herum und aß so wenig davon, dass Maggy in der Küche mit besorgter Miene verkündete, die arme Miss Burke sei gewiss ernsthaft krank und bei ihrer Tante habe es damals auch so angefangen. Worauf Mrs. Waterbrook ihr kurz und bündig befahl, ihren Mund zu halten und kein Unglück herauf zu beschwören. Die Köchin war ausgesprochen schlecht auf das Mädchen zu sprechen, denn während des Vormittags waren weder Charles noch Maggy zu finden gewesen, so sehr Mrs. Waterbrook auch nach ihnen gesucht und gerufen hatte.
Das Wetter hatte umgeschlagen. Ein diffuses, bräunliches Licht lag über der Stadt und ließ Straßen und Bauten trostlos erscheinen. Auch die Menschen, die am Haus vorübergingen und bereits die Schirme aufgespannt hatten, kamen Violet bedrückt vor, selbst die Pferde vor den Kutschen ließen die Köpfe hängen und schienen von Traurigkeit erfüllt.
Seufzend wandte sich Violet vom Fenster ab und stellte fest, dass es Zeit war, sich für die Oper anzukleiden. Sie hatte sich so darauf gefreut, das wundervolle, dunkelrote Kleid tragen zu dürfen – jetzt war es ihr gleich. Sie würde es sowieso niemals besitzen, sollte Marlow es doch einer anderen schenken, sie brauchte es nicht. Warum hatte sie sich etwas vorgemacht? Er hielt sie für eine Prostituierte, niemals konnte es Liebe oder auch nur Zuneigung zwischen ihnen geben. Er verachtete sie - so einfach war das.
Maggy hatte Violet auf der Treppe abgepasst, als sie hinauf in ihr Zimmer gehen wollte. Ihr Gesicht war gerötet, und in ihren Augen war ein sehnsüchtiges Glänzen.
„Darf ich Ihnen helfen, Miss Burke?“
Violet musste trotz ihres Kummers schmunzeln.
„Du möchtest gern das schöne Abendkleid sehen, ja?“
Maggy nickte mehrmals.
„Ich habe Ihnen die feine Wäsche in Ihr Zimmer getragen, Miss Burke. Ihre eigenen Sachen sind gerade alle in der Waschküche. Und dann hat Mr. Marlow noch ein Kästchen für Sie zurechtgelegt.“
„Was für ein Kästchen?“
Maggy zog einen schmales, dunkles Etui unter ihrer Schürze hervor.
„Ich hab mal reingesehen“, flüsterte sie wichtigtuerisch. „Es ist ein Anhänger mit einem roten Stein. Oh, Miss Burke. Er wird wundervoll zu dem Kleid aussehen. Sie dürfen heute auf keinen Fall krank werden.“
Violet verbarg ihren Ärger – schließlich konnte Maggy nichts für die Bosheiten ihres Brotherrn.
„Gehen wir hinauf.“
Es war nicht zu ändern – sie würde einige Stücke dieser Wäsche tragen müssen. Zumal das Kleid sehr schmal geschnitten war und ihre eigene Korsage sich nicht eng genug schnüren ließ. Maggy machte sich mit Eifer an die Arbeit, wählte die Wäsche aus und schnürte Violet mit großem Geschick. Als sie ihr die Röcke und das Oberteil des Kleides anzog, geriet sie fast aus dem Häuschen vor Begeisterung über den feinen, glänzenden Stoff, die reich verarbeiteten Spitzen, die elegante Raffung des Überrockes und vor allem über die zierlichen Abendschuhe, die die Schneiderin heute extra zu diesem Anlass noch besorgt hatte.
„Sie sind wunderschön in diesem Kleid, Miss Burke“, sagte sie andächtig, während sie Violet das Haar aufsteckte. „Viel schöner als …“
Sie schwieg erschrocken und hielt sich die Hand vor den Mund, aber Violet hatte sehr gut verstanden, was sie sagen wollte. Natürlich hatte Maggy früher Clarissa bedient und ihr beim Ankleiden geholfen. Daher auch ihre erstaunlichen Fertigkeiten, die man dem sonst so ungeschickten Ding gar nicht zugetraut hätte.
„Nein Maggy“, sagte Violet energisch, als das Mädchen das schmale Etui öffnen wollte. „Ich werde diesen Schmuck auf keinen Fall tragen. Du kannst dieses Etui gleich wieder hinunter in Mr. Marlows Bibliothek bringen.“
In Maggys Gesicht zeichnete sich unverhohlene Enttäuschung ab.
„Aber sehen Sie sich den Schmuck doch wenigstens einmal an, Miss Burke. Er wird wundervoll zu diesem Kleid aussehen, weil er genau die Farbe des Stoffes hat.“
„Das ist mir völlig egal. Leg das Kästchen weg, ich will es nicht sehen.“
Doch Maggy hatte das Etui bereits geöffnet und
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