Schwarze Rosen
bekannte Persönlichkeiten ging.
Und der Polizeichef?
Es gehörte nicht viel dazu, sich auszumalen, wie er auf diese Eskalation des Schreckens reagieren würde.
Doch Ferrara wusste, dass über seine berufliche Zukunft so oder so bereits entschieden worden war.
118
Um kurz vor elf führte Teresa Micalizi eine Frau in ihr Büro.
Sie war sehr schlank, fast knochig schon, und kaum mehr als einen Meter fünfzig groß. Über den Daumen gepeilt wog sie wohl nicht mal vierzig Kilo. Sie trug Jeans, einen braunen Lederblouson über einem weißen T-Shirt und Turnschuhe. Auf Make-up hatte sie verzichtet, ihr Gesicht war sehr blass. Laut Personalausweis war sie fünfunddreißig Jahre alt, doch sie wirkte viel jünger, nicht zuletzt wegen ihrer kindlichen Statur.
Teresa hatte sie kurz zuvor in ihrem Schokoladengeschäft in der Via Verdi ausfindig gemacht, das um zehn Uhr vormittags öffnete, zur Freude der nach Santa Croce strömenden Touristen auch sonntags und an Feiertagen.
»Nehmen Sie Platz!«, forderte Teresa sie auf und zeigte auf einen der beiden Besucherstühle. Sie selbst setzte sich auf den zweiten, während Rizzo bereits auf dem Sessel hinter dem Schreibtisch saß.
»Wie heißen Sie?«, fragte Francesco Rizzo als Erstes.
»Beatrice Filangeri. Kann ich bitte ein Glas Wasser haben?«, fügte sie sogleich hinzu. »Ich bin an solche Situationen nicht gewöhnt.«
»Natürlich.«
Rizzo griff zum Telefon und leitete die Bitte an Fanti weiter. Kurz darauf kam der Sekretär mit einer Flasche und Plastikbechern herein.
Beatrice Filangeri trank schweigend, während Rizzo sie verstohlen beobachtete. Aus der Nähe betrachtet, sah man die Fältchen um ihre Lippen und Augen, die auf einen ungesunden Lebenswandel hindeuteten. Dann richtete er den Blick wieder auf den Computerbildschirm mit den Informationen über die Funde aus den Archiven und Venturis Bericht. Nur zwei polizeiliche Genehmigungen: eine für die Ausstellung eines Reisepasses, die andere für den Besitz einer halbautomatischen Pistole. Und nur eine Strafanzeige, die lange zurücklag. Venturi hatte die Akte trotzdem aus dem Kellergeschoss gefischt und entstaubt.
»Nun, worum geht es, Commissario?«
Rizzo stellte ihr zunächst ein paar einfache, allgemein gehaltene Fragen, um ihre Reaktionen einzuschätzen. Zwei grundlegende Erfordernisse bei einer Vernehmung waren das genaue Beobachten und Zuhören, denn nur so erfuhr man etwas über die Persönlichkeit seines Gegenübers.
»Haben Sie irgendwelche Vorstrafen?«, fragte er dann in ruhigem, neutralem Ton, um die Aufrichtigkeit der Signora Filangeri zu testen.
»Nein.«
»Sind Sie ganz sicher, Signora?«
Die Frau runzelte die Stirn, als müsste sie überlegen.
Rizzo warf noch einen Blick auf den Computerbildschirm. »Ich will Ihnen gleich sagen, dass uns eine Anzeige wegen Diebstahls vorliegt«, verkündete er etwas strenger und glaubte, ein nervöses Zucken über ihr Gesicht huschen zu sehen.
»Ach, das, das ist doch eine uralte Geschichte. Da war ich noch ein Teenager. Eine kleine Mutprobe unter Schulkameraden. Sagen Sie nicht, dass Sie das tatsächlich wieder hervorkramen wollen!«
»Eine Mutprobe? Sie bezeichnen es als ›kleine Mutprobe‹, einen Kerzenleuchter aus einer Friedhofskapelle gestohlen zu haben?«
»Es war ein dummer Streich. Meine Freunde hatten mich dazu angestachelt, ich war noch minderjährig. Der Staatsanwalt hat den Fall damals zu den Akten gelegt, ohne auf einem Verfahren zu bestehen. Auch das sollte Ihnen bekannt sein«, betonte sie.
»Ja, das ist es.«
»Commissario, seien Sie bitte offen zu mir! Warum haben Sie mich abgeholt und hierhergebracht? Es ist mir noch nie passiert, dass ich Besuch von der Polizei bekommen habe, auch wenn die Dottoressa sehr höflich war. Brauche ich vielleicht einen Anwalt?«
»Nein, im Moment benötigen Sie keinen Rechtsbeistand. Alles Weitere hängt von dem ab, was Sie uns sagen. Sie werden hier als Zeugin gehört, die über einen bestimmten Sachverhalt informiert ist«, verdeutlichte Rizzo, nun ganz Kriminalbeamter.
»Zeugin? Was für ein Sachverhalt denn? Jetzt erzählen Sie mir nicht, es geht wirklich noch um den Kerzenleuchter!«
»Nein, das ist Schnee von gestern. Aber ich muss Ihnen ein paar Fragen zu gewissen Umständen stellen, die Sie uns nach dem Dafürhalten der Kriminalpolizei erklären müssen.«
»Ich muss etwas erklären? Von welchen Umständen reden Sie? Ich verstehe kein Wort.«
»Mag sein. Wir müssen aber etwas
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