Schwarze Rosen
Reihe von kurzen Interviews mit Zeugen von seltsamen Vorfällen aus den letzten Jahren. Ein Junge berichtete, ein Hundeskelett ohne Schädel gefunden zu haben; ein Mann erzählte von dem Kopf eines Ziegenbocks, aufgespießt auf einem Friedhofstor. Ein älteres Ehepaar hatte auf einer Fahrt nach Hause mitten in der Nacht mehrere Autos vor einer entwidmeten Kirche stehen sehen.
Ferrara rief Teresa zu sich.
Sie kam mit einem Kaffee im Pappbecher herein. Der Commissario bemerkte, dass sie müde aussah, als sie den Becher auf dem Schreibtisch abstellte und den Artikel überflog, den er ihr reichte.
»Was denkst du?«, fragte er.
»Einige dieser Ereignisse sind durch Zeit und Ort miteinander verbunden: Sie fanden während der Sommersonnenwende und in entwidmeten Kirchen in den Hügeln um Florenz statt.«
»Sehr gut, du hast den Zusammenhang erfasst.«
»Was da aufgelistet wird, kann nicht nur Zufall oder Fantasterei sein. Die Beispiele sind ausführlich beschrieben.«
Ferrara nickte.
»Das Einzige, was mich wundert, Chef, ist, dass die Namen der Befragten nicht genannt werden, noch nicht einmal mit Initialen. Warum? Der Artikel ist auch nicht gezeichnet. Ich will ja nichts sagen, aber …« Sie stockte.
»Meinst du, es ist doch alles erfunden?«
»Ausschließen kann man es nicht.«
»Ich hatte schon daran gedacht, das direkt bei der Zeitung nachzuprüfen.«
»Soll ich mich gleich mal darum kümmern?«
»Ich hatte tatsächlich an dich gedacht.«
Teresa war schon draußen.
60
Die Wanduhr zeigte zehn Uhr zwei.
Ein entschiedenes Klopfen ertönte.
»Herein.«
Sara Genovese erschien.
»Bitte setzen Sie sich, Signora!« Der Maresciallo zeigte auf den Stuhl vor dem Schreibtisch, der rechts von ihm stand.
Doch sie blieb stehen und schien auf das Foto des Staatspräsidenten an der Wand hinter dem Maresciallo zu starren. »Warum diese Vorladung? War es wirklich nötig, einen Carabiniere zu mir nach Hause zu schicken? Hätte ein Anruf nicht genügt?«, fragte sie und sah ihn nun geradeheraus an. Sie war eindeutig verärgert.
»Immer mit der Ruhe, Signora. Das ist nun mal die gängige Praxis bei einer offiziellen Aufforderung, als Zeugin auszusagen. Nehmen Sie Platz.«
Sie zögerte, während sie ihn weiter musterte, als wollte sie seine wahren Absichten von seinem Gesicht ablesen. Schließlich setzte sie sich. »Nun, was gibt es?« Sie sah auf ihre Armbanduhr.
»Haben Sie es eilig?«
»Es ist Sonntag, und ich habe einiges zu erledigen.«
»Gut, dann komme ich gleich zur Sache«, entgegnete Gori. »War zwischen Ihnen beiden mehr als Freundschaft? Uns sind gewisse Gerüchte zu Ohren gekommen …« Und hatte sie es nicht selbst angedeutet?
»Maresciallo, lassen wir den Klatsch! Ich war in Giovanna verliebt.«
»Und Giovanna?«
»Sie nicht, sie war nicht wie ich. Ich habe ihr meine Gefühle erst im vergangenen Jahr gestanden, in diesem Ägypten-Urlaub. Wir hatten etwas mehr getrunken als sonst und waren sehr glücklich und …« Sie hielt inne und fuhr ruhiger fort: »Und wir haben die Nacht miteinander verbracht. Nur diese einzige. Wir wurden kein Liebespaar, wie ich es mir gewünscht hatte, wie …« Sie unterbrach sich wieder und schien nun doch verlegen zu sein.
Gori fühlte sich in diesem Moment wie ein unentschlossener Boxer, der nicht wusste, ob er sofort zuschlagen oder noch taktieren sollte. Schließlich stellte er Sara Genovese die einzige Frage, auf die es ihm ankam. »Signora, was wissen Sie wirklich über das Verhältnis Ihrer Freundin zu deren Vater?«
Sara Genovese schlug die Beine übereinander, verschränkte die Hände ineinander und wurde weiß wie Marmor. Dann riss sie sich zusammen. »Ich weiß nicht, was Sie hören wollen. Wie gesagt, ich hatte niemals Gelegenheit, ihn kennenzulernen, und Giovanna hat nie von ihren Eltern gesprochen.«
»Vermuteten Sie, dass sie ein Geheimnis hatte?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Sind Sie sicher?«
»Ja. Könnte ich bitte ein Glas Wasser haben?«
Der Maresciallo griff in das Schränkchen hinter sich, holte eine Flasche Wasser heraus und füllte einen Plastikbecher.
Nachdem sie getrunken hatte, atmete Sara tief durch und sah ihm in die Augen. »Ich habe sie gut gekannt, sie hat sich mir anvertraut, doch ich wiederhole, dass sie mir nie ihre Familiengeheimnisse erzählt hat. Ich habe wohl herausgehört, dass sie eine unglückliche Kindheit hatte, das schon, aber mehr nicht …«
»Unglücklich?«
Sie runzelte die Stirn, als wäre ihr etwas
Weitere Kostenlose Bücher