Schwarze Rosen
ungern anmerken, wie es in ihm aussah.
»Wir haben es mit ein paar hässlichen Geschichten zu tun, wirklich hässlichen. Zwei Morde mit sehr sonderbarem Modus Operandi «, fügte er hinzu.
Rizzo erkannte sogleich, dass hier die Regel, Morde müssten innerhalb von vierundzwanzig Stunden oder höchstens ein paar Tagen aufgeklärt werden, nicht anwendbar war.Das Wort »hässlich«, das der Chef verwendet hatte, deutete darauf hin, dass Wochen, wenn nicht gar Monate nötig sein würden, bevor man zu einer Lösung kam. Falls überhaupt eine gefunden wurde.
»Ich bin eigentlich nur übers Wochenende hier, aber ich könnte länger bleiben, wenn Sie mich brauchen, Chef. Ich wäre auch bereit, Urlaub zu beantragen«, sagte Rizzo, während sie in die Besucherecke gingen.
In dem Moment kam Fanti herein. Er balancierte zwei kleine Kaffeebecher auf einer Pappunterlage, die er auf dem Couchtisch abstellte, bevor er lautlos wieder verschwand.
»Dem guten Fanti entgeht nichts«, kommentierte Rizzo lächelnd. »Immer der Alte.«
»Ich weiß nicht, wie er das macht. Manchmal denke ich, er hat vier Augen und vier Ohren und obendrein ein Paar Antennen«, sagte Ferrara und lächelte ebenfalls.
»Nein, er kennt Sie einfach nur sehr gut. Wie ein speziell programmierter Roboter.«
Sie lachten gedämpft und schlürften ihren Kaffee.
»Francesco, ich bewundere deine Einsatzbereitschaft, doch deinen Urlaub brauchst du wirklich nicht zu opfern. Du bleibst einfach in Florenz wegen außerordentlicher und unaufschiebbarer Erfordernisse der Kriminalpolizei. Im Übrigen brauche ich dich wirklich. Und die anderen auch. Ich werde mit dem Präsidenten sprechen.«
Seine Wertschätzung für mich ist unverändert, dachte Rizzo nicht ohne Stolz. »Tja, das sieht nach einer üblen Situation aus«, bemerkte er laut.
»Allerdings. Ich würde fast sagen, es ist die übelste, seit ich hier in Florenz bin. Also seit rund zehn Jahren«, erwiderte Ferrara und informierte ihn über die Fälle. »Den Mord an der Innocenti untersuchen zwar die Carabinieri, doch wir arbeiten zusammen. Heute Morgen hat mir Maresciallo Gori die Unterlagen mitgebracht.«
»Gemeinsame Ermittlungen also?«
»Richtig. Eine Doppelermittlung genau genommen, aber koordiniert. Keine Paralleluntersuchung.«
»Ganz was Neues!«, sagte Rizzo und nahm die Aktenmappe der Carabinieri, die Ferrara ihm gab. »Werde ich gleich mal durchlesen. Dann kann ich den anderen unter die Arme greifen.«
»Einverstanden. Lass mich später wissen, was du darüber denkst. Aber ich sage dir sofort, dass wir keine brauchbaren Hinweise von den Tatorten haben, zumindest bis jetzt, und Verdächtige auch nicht. Als Erstes übertrage ich dir mal die Aufgabe, der Autopsie beizuwohnen, sie soll heute Nachmittag stattfinden.«
»Gut, ich gehe hin.«
Gemeinsam verließen sie das Büro.
Auf dem Gang trafen sie auf Venturi, Sergi, Ciuffi und weitere Kollegen, die Rizzo unbedingt begrüßen wollten. Venturi wandte sich gleich darauf an Ferrara, um ihm zu sagen, dass seine Freundin für ein Treffen zur Verfügung stehe.
»Was hältst du davon, wenn wir in einer Stunde zu ihr fahren?«, schlug der Commissario vor.
62
Gut eine Stunde später waren sie schon in Galluzzo, dem für seine Kartause berühmten Ort etwas südlich von Florenz.
Die letzten zwei Kilometer schlichen sie hinter einem Linienbus her und bemerkten den Mann in dem Jeep nicht,der ihnen mit Abstand von ein paar Autos folgte. Sie waren vollauf damit beschäftigt, sich den Fall der »Bestien Satans« und den von Chiavenna im Jahr 2000 in Erinnerung zu rufen. Drei Mädchen hatten damals erbarmungslos eine Nonne niedergestochen, die sie zuvor unter einem Vorwand an eine einsame Stelle gelockt hatten. Sie hatten sie dem Satan »geopfert« und sich hinterher in einem Freizeitpark vergnügt.
Silvia De Luca wohnte im Erdgeschoss eines kleinen dreistöckigen Hauses, dessen Eingang zur Piazza hin lag. Sie drückten auf die unterste Klingel neben ihrem Namen, und sogleich antwortete eine weibliche Stimme durch die Sprechanlage, und die Tür sprang auf. Die Frau empfing sie in einer schwarzen Hose und einem ebenfalls schwarzen langärmeligen T-Shirt und führte sie durch einen schmalen Flur. Durch eine halb offene Tür sah der Commissario zwei Kinder, ein Mädchen und einen Jungen, die artig dasaßen und PlayStation spielten. Hinter ihnen hingen Poster von Schlagersängern und Fußballstars des AC Florenz, und auf dem Boden lagen jede Menge Spielsachen
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