Schwarze Schilde
Wenn man Schlachten gewinnen will, muss man dem Feind immer eine Fluchtmöglichkeit bieten. Dann ist es um ihn geschehen.«
»Du bist klug, Geliebter. Kommen die Shasinn gut mit der neuen Art zu kämpfen zurecht?«
»Es hat sich nicht viel seit den alten Stammesfehden geändert. Wir gehen nur ein wenig geordneter vor, und niemand soll auf eigene Faust losschlagen. Sollen die Krieger anderer Stämme sich im Blutrausch mitten in die Menge der Feinde stürzen. Sie töten dabei viele Gegner, werden aber selbst auch getötet. Jene, die in der Reihe bleiben, erleiden weniger Verletzungen. Sollen andere sterben, wenn sie töten. Die Shasinn töten und bleiben am Leben. Ich muss mein Volk erhalten. Die Shasinn sind der kostbare Stahl in meiner bronzenen Armee.«
Allmählich erstarben die Schlachtgeräusche, und die Insulaner stimmten ein uraltes Siegeslied an.
König und Königin verließen den Hügel, um den Platz zu besichtigen. Während sie sich auf das Schlachtfeld zubewegten, bemerkte Larissa Blutstropfen, die überall im Umkreis wie rote Blüten an den Stängeln der Gräser und Kräuter hafteten. Bald hatte sie Blutspritzer an Beinen und Schenkeln. Als die Shasinn sie erreichten, waren ihre Füße bis an die Knöchel rot gefärbt. Noch immer war man dabei, die verwundeten Feinde zu töten, und ein blutiger Sprühregen spritzte von den Dolchen, Kurzschwertern und Speeren, die gewaltsam aus den Leibern der Sterbenden gezogen wurden.
»Kampo!« rief der König. Ein breitschultriger Shasinnkrieger näherte sich und grüßte mit dem Speer.
»Mein König?«
»Welche Verluste haben wir erlitten?«
»Weniger als hundert Männer der geringeren Stämme, mein König.« Für die echten Shasinn waren alle anderen Stämme minderwertig.
»Und Shasinn?«
»Zwei Tote. Zwei weitere, die vielleicht noch an ihren Wunden sterben.«
Gasam lächelte. »Siehst du, kleine Königin? Meine Krieger werden die neue Art der Kriegführung schnell lieben, da sie jetzt sehen, wie einfach und günstig es sein kann, eine Schlacht zu gewinnen.«
Schon bald umringte sie ein Kreis von Kriegern, die singend ihre Trophäen schwenkten. Das alte Siegeslied ging in einen vielstimmigen Schrei über, der wieder und wieder erscholl: »GASAM! GASAM! GASAM!«
Nach einer Weile nahm der Jubel ein Ende, und die Männer machten sich daran, die Körper der Gefallenen zu plündern und die Gefangenen zu fesseln. Gasam betrachtete seine Frau. Inzwischen waren auch ihre Haare, das Gesicht und die nackten Brüste mit Blut befleckt.
»Geh zum Lager zurück, kleine Königin. Ich werde bald in unserem Zelt erscheinen. Behalte die dunkelhaarige Sklavin bei dir, und schick die übrigen fort. Wasche das Blut aber nicht ab.«
Lächelnd ließ ihn Larissa auf dem Schlachtfeld zurück.
Shazad trieb ihre Cabos unermüdlich an und wechselte von einem Tier zum anderen. So brachte sie die Strecke, die die Armee in vielen Tagen zurückgelegt hatte, in einigen Stunden hinter sich. Während des Rittes überlegte sie, was sie beim Erreichen der Stadttore sagen sollte. Wie sollte sie sich benehmen? Auf jeden Fall durfte keine Panik hinter den Stadtmauern ausbrechen.
Sie wollte die Außenposten sofort herbeirufen, hatte aber keine Erlaubnis dazu. Das musste warten, bis ihr Vater eintraf. Mit einem Schaudern erkannte sie, dass die Gefahr eines Aufruhrs bestand, wenn sich die Nachricht der Niederlage zu schnell verbreitete. Als Frau hatte man sie aus den militärischen und politischen Plänen herausgehalten, aber sie kannte die Priester gut genug. Allmählich fasste sie einen Plan.
Noch vor Sonnenaufgang erblickte sie die Feuer der Wachtposten auf den Zinnen der Stadtmauer. Eine halbe Meile vor dem Tor hielt sie an, um sich ein wenig zurechtzumachen. Sie nahm einen frischen Umhang aus den Satteltaschen und warf ihn über die verschmutzten Kleider. Mit aufgesetzter Kapuze ritt sie weiter.
Shazad erreichte die Tore, als sie gerade geöffnet wurden. Etliche Bauernkarren mit Gemüse und Früchten warteten schon auf Einlass. Shazad präsentierte sich dem erstaunten Posten. Der Mann fiel auf die Knie.
»Prinzessin! Ist alles gut gegangen?«
»Es war langweilig. Ich beschloss, früher zurückzukehren. In der Stadt ist es bedeutend unterhaltsamer. Übrigens, mein Vater hat Anweisungen für dich.«
»Ich gehorche, Prinzessin.«
»Es gab ein paar Deserteure. Einige von ihnen stahlen Cabos und könnten versuchen, sich als Edelleute und Offiziere auszugeben. Wenn diese Feiglinge
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