Schwarze Schilde
Bote?«
Der Mann, der in seinen Becher gestarrt hatte, sah verwirrt auf. »Ich … nun, ich bin sicher, dass mein König Euch seine Wünsche mitgeteilt hat, Majestät. Ich bin nicht berechtigt …«
»Hast du an der Schlacht teilgenommen?« unterbrach ihn Hael.
Zögernd antwortete der Nevaner. »Nun … ja, Hoheit. Die königlichen Boten begleiten den Herrscher immer, wenn er in die Schlacht zieht.«
»Du kannst ganz frei reden«, versicherte Hael dem Boten. »König Pashir würde es wünschen. Er braucht meine Hilfe, darf es aber nicht zu ungeschminkt zugeben, falls der Brief in die falschen Hände fallen sollte. Erzähle, was geschah. Ich muss es wissen, ehe ich meine Krieger auf eine so weite Reise schicke.«
Der Mann hatte sich gefangen und sprach mit fester Stimme. »Es ist so, wie Ihr gesagt habt, Majestät. Die Armee des Königs war nicht besonders groß, hätte aber mehr als ausgereicht, ein paar Schiffsladungen Wilder zu vertreiben. Doch alles wurde ganz anders, als wir erwarteten.«
»Beschreibe es mir ganz genau«, ermunterte ihn Hael und winkte einem Knaben, den Becher des Mannes erneut zu füllen. »Und fange ganz am Anfang an.«
Stille herrschte in dem überfüllten Langhaus, als der Nevaner den anstrengenden Marsch durch Regen und Schlamm beschrieb, den ersten, dramatischen Anblick der Feinde, die Verhandlungen, die er aus der Ferne miterlebt hatte und schließlich die entsetzliche Schlacht und darauf folgende wilde Flucht.
»Ich hielt mich in der Nähe des Königs auf und habe alles mitangesehen«, endete seine Erzählung. Die Matwas, die atemlos zugehört hatten, klatschten Beifall.
»Hast du nicht verstanden was während der Verhandlungen gesagt wurde?«
»Ich weiß nur, was der König und seine Begleiter später erzählten. Der Anführer der Wilden verhielt sich hochnäsig und verlangte, der König solle nicht nur die Armee, sondern auch sein ganzes Reich übergeben.«
»Hört sich so an, als hätte er der Aufforderung Folge leisten sollen«, erklärte Afram.
»Er geht so weit, ›große Unterstützung‹ zu erbitten.
Das bedeutet, dass ich eine große Truppe mitnehmen soll. Wie uns dieser tapfere Mann erzählte, erwiesen sich Pashirs eigene Reiter als wenig erfolgreich. Kein Wunder. Kein Shasinn, kein Asasa oder sonst ein Hirtenkrieger würde sich durch heranstürmende Tiere beeindrucken lassen. Auf den Inseln gibt es keine Cabos, aber jeder weiß, dass Tiere sich vor einer Wand aus Speeren abwenden. Schon die jüngsten Hirtenknaben wissen, dass sie sich einer Stampede nur erwehren können, wenn sie dicht zusammengedrängt stehen bleiben und die Speere nach außen richten.«
»Kein Wunder, dass er unsere Hilfe braucht«, sagte einer der Amsi, der den Boten begleitet hatte, »wenn er nicht mehr zustande bringt.«
»Er will sie mit unserer neuen Strategie überraschen«, erklärte Hael. »Im Frühling hat Pashir eine stärkere Armee, aber Gasam ebenfalls. Ich weiß, dass die Festlandbewohner die Anzahl der Insulaner unterschätzen, und die meisten der Menschen dort sind Krieger. Allerdings kämpfen sie zu Fuß und größtenteils mit Speeren. Gasam hat ihnen beigebracht, in geordneten Reihen zu kämpfen. Anscheinend bedient er sich der uralten Sitte unserer Vorfahren und setzt die Veteranen im Mittelpunkt ein, während die jungen Krieger die Hörner bilden. Dagegen sind Reiter machtlos, aber Gasam hatte keine starke Bogenschützentruppe gegen sich. Die Nevaner verwenden kleine, nutzlose Bögen, die besser für die Jagd als für den Krieg geeignet sind. Außerdem gibt es nur wenige Schützen, da man den Bogen als Waffe der niederen Söldlinge ansieht.«
»Würdest du etwa den ›niederen Söldling‹ für diesen König spielen?« fragte Deena mit scharfer Stimme.
Der Matwakrieger in Amsikleidung schnaubte. »Wir könnten sie lehren, wer die wahren Edelleute auf dem Schlachtfeld sind!« Die Antwort wurde mit allgemeinem Jubel begrüßt.
»Was willst du ihm antworten?« erkundigte sich Afram.
»Ich werde alle Häuptlinge zur Beratung zusammenrufen«, antwortete Hael. »Alle Kriegshäuptlinge, Dorfhäuptlinge und Stammeshäuptlinge. Auch die Geistersprecher.«
»Du hast doch nicht etwa vor, unsere Krieger den weiten Weg nach Neva ziehen zu lassen, um dort gegen Menschen zu kämpfen, die uns gar nicht bedrohen?« fragte Deena entgeistert. Die Amsikrieger waren entsetzt. Nicht über den Inhalt ihrer Worte, sondern aufgrund der Tatsache, dass sie sprach. Bei den Steppenvölkern durften
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