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Schwarze Schilde

Schwarze Schilde

Titel: Schwarze Schilde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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die Laufplanke und verließ das Schiff.
    Shazads Herz klopfte wild vor Freude, aber ihre Miene blieb unbewegt. Auch sie betrat die Laufplanke, und die Offiziere sahen sie entgeistert und wenig erfreut an. Shazad war sehr klein, und es gefiel ihr nicht, zu ihren Untergebenen aufsehen zu müssen. Ein Matrose hielt die Zügel ihres Cabos und streichelte ihm sanft über die Nüstern. Wie jedes vernünftige Tier, hegte auch das Cabo Widerwillen gegen den Aufenthalt auf einem schwankenden Schiff. Die Prinzessin schwang sich in den Sattel. Jetzt fühlte sie sich besser. Nun mussten sie zu ihr aufsehen. Die gewonnene Höhe steigerte ihr Selbstvertrauen.
    »Hört mir zu!« rief sie. Inzwischen hatten sich auch viele Hafenarbeiter und Beamte versammelt, von dem ungewöhnlichen Schauspiel angezogen. »Ich verlange genaueste Aufzeichnungen sämtlicher Marinevorräte, und nicht nur die Auflistung der einzelnen Teile, sondern auch einen Bericht über ihren Zustand. Ich werde jeden Fuß Tau, jedes Stück Holz, jeden Pfeil, jeden Riemen und jede Bogensehne in Augenschein nehmen. Ich werde überall sein und alles sehen. Wir haben noch viel Zeit, ehe wir in See stechen. Wenn ein Schiff entladen werden muss, damit ich den Kiel untersuchen kann, wird das geschehen. Ist jemand unfähig, wird er entlassen. Ist jemand unehrlich, wird er hingerichtet. So lautet der Wille des Königs!«
    Die Offiziere waren überrascht und erzürnt. Jetzt, da sie wussten, wie ernst es ihr war, wollte sie ihnen mit Vernunft beikommen. Männer waren immer bereit, sich vernünftige Gründe anzuhören, wenn als andere Möglichkeit nur der Tod wartete.
    »Heute entdeckte ich auf Anhieb einen argen Betrug, obwohl ich gar nicht danach Ausschau hielt. Stellt euch vor, was das bedeutet! Schlechter Wein verursacht Magenbeschwerden und üble Laune bei den Besatzungen. Aber was geschieht, wenn ein Katapultseil während der Schlacht reißt, weil ein Waffenprüfer zu faul war, seiner Pflicht nachzukommen und fehlerhaftes Material auszusondern? Was geschieht, wenn ein Sturm aufzieht und die Hälfte aller Masten aus grünem oder morschem Holz bestehen? Was ich heute aufdeckte, war ein kleiner Betrug. Die größeren können uns den Sieg kosten. Ich glaube nicht, dass die Marineangehörigen schuld daran sind. In Wahrheit werden sie durch diese Dinge gefährdet.« Auf dem unteren Deck und am Kai standen Männer, die zustimmend nickten. »Aber an Land leben bedeutend mehr Menschen, die diese Schiffe ausrüsten, als jemals auf ihnen in See stechen. Es gibt Lieferanten und Beamte, deren Tätigkeiten seit Jahren nicht überprüft wurden.«
    Sie warf einen drohenden Blick in die Runde und bemerkte erfreut, dass etliche Männer zusammenzuckten. »Wenn diese Flotte segelt, wird es die beste sein, die je den Hafen von Kasin verließ. Ich werde im Morgengrauen zurückkehren. Haltet euch bereit, jede meiner Fragen zu beantworten. Wer ist der Kommandeur der Marine?«
    Ein Mann in Zivilkleidung trat vor. »Das bin ich, Prinzessin Shazad. Flottenkapitän Harakh zu Euren Diensten.«
    »Stellt vor allen Lagerhäusern Wachen auf. Niemand darf heute Nacht hinein, um Beweise für Unterschlagungen und dergleichen zu beseitigen. Und präsentiert Euch morgen in Uniform.«
    »Wie Ihr wünscht, Prinzessin«, sagte er und verneigte sich. Harakh lächelte, aber es war ein erfreutes Lächeln, kein spöttisches. Wenigstens gab es einen Offizier, dem die neue Kommandeurin gefiel.
    »Seid in aller Frühe bereit. So lautet der Wille des Königs!«
    Sie ritt die letzte Planke hinab und betrat den Kai. Hinter ihr ertönten verhaltene, zustimmende Rufe. Das war gut, aber Shazad sagte sich voller Bitterkeit, dass die Zustimmung lauter ausgefallen wäre, wenn es sich um einen Prinzen gehandelt hätte.
    Als sie zum Palast zurückritt – diesmal in gemäßigter Gangart – dachte sie über ihre neue Aufgabe nach. Es war schön, endlich ernst genommen zu werden, aber sie musste vieles bedenken. Zum einen wusste sie nichts über Schiffszubehör. Was sie vorhin über Taue, Segel und Holz gesagt hatte, war auch schon alles, was sie wusste. Egal. Ihr Leben bei Hofe hatte sie gelehrt, dass niemand alles wissen konnte. Ein Vorgesetzter wählte kundige Untergebene. Die brauchte sie auch, aber es sollte niemand sein, der mit der Marine, der Regierung oder dem Hof auf irgendeine Weise in Verbindung stand.
    Malk. Das war die Lösung. Er war einer der Gildenmeister der seefahrenden Kaufleute. Zwar hatte sie vergessen, wo

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