Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Schmetterlinge

Schwarze Schmetterlinge

Titel: Schwarze Schmetterlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
Vom Netzwerk:
lieber ihre Kinder weggab, als sie zu behalten und ihnen dadurch Schaden zuzufügen? War das der Sinn des Textes auf seiner Taufurkunde? Vielleicht stand dieselbe Botschaft hinter der Bleistiftzeichnung von der Gerichtsszene. Ein Flehen um Verständnis – wenn auch auf kryptische Weise. Beurteile mich gerecht.
     
    Per begann, die ihm nachgeschickte Post zu sortieren. Eingeschweißte Kataloge, eine Karte vom Urlaub in Thailand, aus dem Ek schon vor zwei Wochen zurückgekommen war, eine Ausgabe des Orchesterjournals und ein Umschlag vom Fotoatelier Wasa. Er hatte fast vergessen, dass er dort etwas bestellt hatte.
     
    Es war gar nicht so einfach, Abzüge von Bildern aus den Sechzigerjahren zu bekommen, im günstigsten Fall waren die Negative im Landesmuseum gelagert, hatte der Fotograf ihm gesagt. Per öffnete den Umschlag und nahm das Bild heraus. Jetzt war es vollständig. Helen in ihrem langen Kleid und neben ihr der Mann, dessen Hand sie in ihrer hielt. Irgendetwas an ihm kam ihm bekannt vor. Der Gesichtsausdruck. Die Narbe am einen Auge. Das geteilte Kinn.
     
    Per nahm sich den Stapel Zeitungen vor, der auf der Kühltruhe in der Küche lag. Blätterte sie mit vor Schweiß klebenden Fingern durch. Da, eine Reportage mit Bildern von Frank Leander. Helen hatte Frank Leander also gekannt. Mehr als das. Sie waren ein Paar gewesen. Als die Bilder nebeneinander lagen, gab es keinen Zweifel mehr, auch wenn die Jahre ihre Spuren hinterlassen hatten. Der Mann auf dem Foto war Frank Leander.
     
    Per spürte ein Schaudern, als er zum Spiegel ging und sein eigenes Gesicht betrachtete. Dem schwarzen Blick und der aschegrauen Haut begegnete, die Hand über das geteilte Kinn, die hohe Stirn und das rote Haar gleiten ließ. Es gab keinen Zweifel: Er war Frank Leanders Sohn. Håkan Stensson hatte mehr als einen Grund gehabt, ihn von den Ermittlungen auszuschließen. Und wenn er Frank Leanders Sohn war, dann war Pernilla mit hoher Wahrscheinlichkeit Franks Tochter. Hatte sie das die ganze Zeit gewusst, aber sich entschieden, darüber zu schweigen? Gut möglich.
     
    Franks Drängen, Mütter und Kinder voneinander zu trennen, war sicherlich in der eigenen Erfahrung und der Angst des Arztes begründet gewesen. Er hatte seine eigenen Defizite zu einer Tugend gemacht und das allgemeine Gesetz der untauglichen Mutter geschaffen. Sicherlich hatte er dafür gesorgt, dass Helen ihre Kinder weggab. Ihre gemeinsamen Kinder. Hatte sie gerettet, indem er sie zur Adoption freigegeben hatte. Welche Kindheitserinnerungen trug Pernilla in ihrem tiefsten Innern mit sich? Welche Verzweiflung hatte Helen gefühlt, ehe sie sich entschloss, den Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen, anstatt sich selbst um sie zu kümmern? Wie hatte er so blind, so verhext von Felicia sein können, dass er es nicht früher gesehen hatte? Vielleicht hatte er es nicht sehen wollen. Der Wunsch, dazuzugehören, war so viel stärker gewesen als die Vernunft.
     
    Pernilla war mit ihm zusammen in Felicias Wohnung gewesen. Natürlich rechnete man damit, ihre Fingerabdrücke dort zu finden, auf den Benzinkanistern, auf den Lappen und den anderen Gegenständen. Deshalb waren ihre Abdrücke in der Ermittlung ganz einfach aussortiert worden. Hatte Pernilla die Requisiten aus purer Eifersucht in Felicias Wohnung untergebracht? Jetzt haben wir nur noch uns beide. Du und ich gegen den Rest der Welt, Per. Bella Svanberg gab es nicht mehr als Konkurrentin. Felicia war weg. Aber Maria gab es. Plötzlich war die Gefahr für Maria, die an ihm genagt hatte, höchst real.
     
    Per nahm den Block zur Hand, auf dem er die Zahlen der Tarotkarten notiert hatte. Wie einfach alles doch war, als er es mit dem Ergebnis in der Hand betrachtete. Auch wenn die letzte Karte fehlte, so war es doch offensichtlich. Pyret! Pernillas alter Kosename aus der Kindheit, von dem sie ihm erzählt hatte. Ach, Pernilla, was hast du getan?
     
    Ohne sich um die Uhrzeit zu bekümmern, wählte Per die Nummer seiner Schwester. Nach ungefähr zehnmaligem Klingeln ging Svenne ran.
     
    »Was ist los?«
     
    »Ist Pernilla zu Hause?«
     
    »Sie ist weg, kurz bevor die Polizei kam. Die haben hier alles auf den Kopf gestellt. Weißt du, was sie mitgenommen haben? Eine Rolle Müllsäcke. Jetzt sitzen ein paar bewaffnete Typen auf der Treppe und bewachen ihre Wohnung. Also doch wieder die Einzimmerwohnung in der Stadt.«
     
    »Weißt du, wo sie hin ist?«
     
    »Sie hat meinen Van genommen. Wohin wollte sie nur …

Weitere Kostenlose Bücher