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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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einem festen Knoten drehte. Sie würde es niemals laut aussprechen – denn das wäre ein Zeichen unverzeihlicher Gefühlsduselei –, aber sie verehrte Hester geradezu, und selbst Margaret fand Gnade vor ihren Augen.
    Â»Tee«, sagte sie überflüssigerweise und stellte das Tablett mitten auf den Tisch. »Und Toast«, fügte sie hinzu und zeigte auf das Gestell, in dem die fünf Scheiben aufgestellt waren, damit sie knusprig blieben. »Wir haben nicht mehr viel Marmelade, und ich weiß nicht, wo wir noch welche bekommen sollen, wenn wir keine geschenkt bekommen! Und wer soll unsereinem schon Marmelade schenken? Verzeihen Sie bitte, Mrs. Monk!« Ohne eine Antwort zu erwarten, rauschte sie hinaus.
    Â»Haben wir wirklich keine Marmelade mehr?«, fragte Hester unglücklich. »Und so wenig Geld, dass wir uns keine mehr leisten können?« Sie hätte gerne welche von zu Hause mitgebracht, aber sie wusste sehr viel genauer, dass sie sparen mussten, als sie Monk gezeigt hatte. Sie hatte bereits weniger
Fleisch und billigere Stücke gekauft und öfter Heringe als Kabeljau oder Schellfisch. Und die Frau, die das Haus putzte, hatte sie entlassen; sie wollte es selbst machen, wenn sie die Zeit dazu fand.
    Bevor Margaret antworten konnte, ertönte ein heftiges Klopfen an der Tür, und einen Augenblick später kam, ohne auf eine Antwort zu warten, Squeaky Robinson herein. Er war dünn, vertrocknet und ging vornübergebeugt. Die ursprüngliche Farbe seiner sehr alten Samtjacke war nicht einmal mehr zu erahnen, seine Hose war dick und grau, und an den Füßen trug er Pantoffeln. In der Hand hielt er ein in Leder gebundenes Kassenbuch. Er legte es auf den Tisch, warf einen Blick auf den Tee und den Toast und setzte sich auf den dritten Stuhl, Hester gegenüber.
    Â»Wir haben uns eingeschränkt«, sagte er zufrieden. »Aber Sie müssen noch sparsamer sein.« Er hatte etwas von einem Schulmeister an sich, der einem viel versprechenden Schüler gegenübersaß, der unerklärlicherweise die Erwartungen nicht erfüllte. »Sie können nicht mehr ausgeben, als Sie bekommen.«
    Hester blickte ihn geduldig an, was sie einige Mühe kostete. »Sie haben die Bücher abgeschlossen, Squeaky. Was haben wir übrig?«
    Â»Natürlich habe ich die Bücher abgeschlossen!«, sagte er zufrieden, auch wenn er dies dadurch zu verbergen suchte, dass er sich beleidigt gab. »Dafür bin ich hier!« Er knirschte ständig mit den Zähnen, denn als Hester und Margaret seinem schändlichen Bordellgeschäft mit einem hübschen kleinen Trick ein Ende bereitet und das Gebäude mit einem Streich zur Klinik umfunktioniert hatten, hatte er zuerst nichts gehabt, wo er hätte hingehen können. Aber dann hatte er kleine Aufgaben im Haus übernommen und hatte daraus sogar ein gewisses Vergnügen gezogen, selbst wenn er sich eher die Zunge abgebissen hätte, als das zuzugeben.
    Â»Also, wie viel haben wir noch?«, wiederholte sie.
    Er schaute sie kummervoll an. »Zu wenig, Mrs. Monk, zu
wenig. Wir können noch für fünf oder sechs Tage Lebensmittel kaufen, wenn Sie achtsam sind. Keine Marmelade!« Er zog die Mundwinkel nach unten. »Außer vielleicht für Sie selbst und Miss Ballinger. Keine Marmelade für diese Frauen! Und Zurückhaltung mit Seife, Essig und so weiter.« Er holte Luft. »Und sagen Sie mir nicht, Sie müssten schrubben! Ich weiß das, schrubben Sie einfach vorsichtig. Und kochen Sie die Verbände aus, und verwenden Sie sie ein zweites Mal«, fügte er überflüssigerweise hinzu. Er nickte, zufrieden mit sich. Jedes Mal, wenn sie über das Thema sprachen, wurde er mehr zum Eigentümer. Hierher kamen dieselben Frauen, die er kein Jahr zuvor durch Erpressung gegen ihren Willen zur Prostitution gezwungen hatte. Jetzt empfand er eine heimliche Freude – und sie war wirklich heimlich –, mit Halfpennies zu knausern, wenn es darum ging, ihnen etwas zu essen zu kaufen und ihre Verletzungen zu behandeln. Er sprach über sie, als wären sie sowohl nutzlos als auch nichtswürdig, aber Hester hatte ihn mehr als einmal dabei erwischt, dass er einem Botenjungen die Ohren lang zog, wenn der das Gleiche wagte. Er hatte sich verteidigt, indem er behauptete, der Junge sei unverschämt zu ihm gewesen. Aber Hester hatte verstanden. »Karbol?«, fragte

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