Schwarze Tränen: Roman (German Edition)
Felsen und beäugte ihn interessiert. »Sieh an, Johann, du trägst jetzt das Höllenauge Abaddons?«
»Ich fand es auf Dees Burghof«, antwortete Faust herausfordernd. »Doch machen wir uns nichts vor, er war nie in der Lage, sein Potenzial voll zu nutzen. Schließlich bin
ich
Abaddons wahrer Legat in dieser Welt.«
»Und doch spüre ich, dass dein neuer Mentor noch immer dort ist, wohin ich ihn verbannt habe: im Infernalischen Abgrund. Warum wagst du dich dann hierher?«
»Du wirst ihm schon bald wieder gegenüberstehen, Satan.« Faust lächelte maliziös. »Und solange du an deine armselige Hundegestalt gefesselt bist, wirst du es mir sicher nachsehen, dass ich jede Gelegenheit ergreife, um meine Pläne weiter voranzutreiben.«
»Sicher. Ich täte an deiner Stelle nichts anderes.« Mephisto neigte den Kopf. »Zugleich erfüllst du mich mit Stolz, Johann. Du bist mein Werk. Kein Sterblicher vor dir hat je gewagt, so weit zu gehen wie du.«
»Dann überlässt du mir den Körper meines Nachfahren freiwillig?«
Lukas brach der Schweiß aus, und er sah sich unwillkürlich nach einem Fluchtweg um.
»Damit du auf die Macht des Faustschen Blutes zugreifen kannst? Natürlich nicht«, antwortete Mephisto. Er murmelte ein Wort, und von der brennenden Tanne aus breitete sich in rasender Geschwindigkeit ein Feuerstrom aus, der Faust ringförmig umschloss. »Dein Weg endet hier.«
»Wer sagt denn, dass ich vorhabe zu gehen?«, antwortete Faust ruhig und hob die Kristallkugel an, die jetzt in einem fauligen Licht erstrahlte. »Nun wirst auch du bleiben!«
Ein scharfes Knacken peitschte über die Lichtung, und rings um Mephisto brannte sich ein fahlweiß leuchtendes Pentagramm in Felsblöcke und Erdreich. Der Wind trug des Pudels alarmierte Flüsterstimme an ihre Ohren.
Schafft die Devils in Sicherheit. Macht euch bereit, meinen Famulus zu verteidigen.
Dann richtete Mephisto sich auf. »Und was hast du jetzt vor, so ganz ohne die Hilfe deines Mentors?«
»Unzufriedene findet man nicht allein unter den Mitgliedern der Wilden Jagd«, gab Faust selbstgefällig zurück. »Man findet sie überall. Oder was denkst du, wie ich hierhergefunden habe?« Er spähte zum Waldrand. »Alberich, zeig dich!«
Rechts von ihnen, zwischen den Bäumen, schlug krachend ein weiterer Blitz ein, und im Schein der Fackeln schälte sich der boshafte Albenkönig aus dem Dunkeln. Seine Fledermausohren zuckten unruhig, und ein hässliches Grinsen huschte über sein Antlitz. »Ich sagte doch, dass ihr es noch bereuen würdet, mich hereingelegt zu haben«, hechelte er. »Aber natürlich halte ich mich an meinen Schwur und tue euch nichts. Nur gilt das nicht für meine Verbündeten. Ich leiste ihnen lediglich etwas logistische Hilfe.« Dann deutete er auf Lukas. »Also, tut, was Faust von euch verlangt: Schafft den Jungen zu ihm!«
Rund um die Lichtung schlugen weitere Blitze ein; mit jedem Knall erschienen zwischen den Bäumen weitere Gestalten. Fast zwei Dutzend bizarrer Wesen traten ins Licht. Darunter eine tiefschwarze Spukgestalt, die von Flammen umzüngelt wurde, ein kindergroßer Gnom mit gewaltigem Buckel und schiefsitzenden Zähnen, garstige Schwarzalbinnen, die den Hexen an Scheußlichkeit in nichts nachstanden, und zwei muskulöse Hünen, die sich die Kleider vom Leib rissen und sich vor ihren Augen in Werwölfe mit gebleckten Reißzähnen verwandelten. Die Hexen kreischten alarmiert, dann schossen im Zickzack ein halbes Dutzend sprühender Kugelblitze über die Lichtung. Zwei von ihnen verfehlten ihre Ziele, doch die übrigen trafen, explodierten und schleuderten ihre Opfer weit in den Wald zurück. Kläffend, brüllend und geifernd stürmte die Horde die Lichtung. Gleich vier der Hexen schwangen sich auf ihren Besen zum Himmel auf, doch eine von ihnen wurde noch während des Aufstiegs von dem buckligen Gnom angefallen. Mittels eines gewaltigen Sprungs setzte er über die Lichtung hinweg, schlug auf ihrem Rücken auf und zwang sie unter triumphierendem Geheul zur Bruchlandung zwischen den Felsen.
Überall hallte jetzt Kampfgeschrei durch die Nacht. Weiter hinten prügelte eine der Hexen verzweifelt auf einen der Werwölfe ein, während Millepertia in ihrer Hartheugestalt einen Schwarzalben mit spinnenförmigen Gliedmaßen anfiel. Der Panik nahe sah er zu und wusste nicht weiter. Was sollte er nur tun? Er wollte gerade vom Felsen springen, als links von ihm eine um sich selbst rotierende Kreatur auf ihn zubrauste, die wirkte, als
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