Schwarze Tränen: Roman (German Edition)
etwas vorhanden ist.«
»Was nicht heißt, dass man dort nicht doch etwas finden könnte.« Lukas wischte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Dennoch bleibe ich dabei, dass wir in der Unterburg mit der Suche beginnen sollten.« Abraham spähte zu einer Ruinenlandschaft im Osten hinüber, von der in der Dunkelheit kaum mehr als Schemen zu erkennen waren. »Und das nicht etwa, weil ihre Überreste am besten erhalten sind, sondern weil unsere Recherchen nur bei ihr ergeben haben, dass sie zweifelsfrei bereits zur Zeit Kaiser Barbarossas existierte.«
»Und was ist mit dieser Barbarossa-Höhle?«, wandte Millepertia ein. »Ihr sagtet doch, dass eine Höhle dieses Namens ein beliebtes Ausflugsziel in der Umgebung sei.«
»Na ja.« Lukas baute den Besen wie eine Standarte vor sich auf. »Die wurde erst im neunzehnten Jahrhundert entdeckt. Wenn du mich fragst, ist das nicht mehr als eine nette Touristenattraktion.«
»Werten wir die Existenz der Höhle als gutes Zeichen«, meinte Abraham. »Denn sie spricht dafür, dass im Untergrund dieses Gebirges weitere Hohlräume existieren könnten. Würde ich an diesem Ort etwas verbergen wollen, so wählte ich für mein Versteck sicher nicht einen Ort innerhalb der vergänglichen Bauten, sondern eine Stelle tief zu unseren Füßen. Ein Grund mehr, zur Unterburg zu fliegen und dort mit der Suche zu beginnen.«
»Meinetwegen«, seufzte Lukas, und so bestiegen sie abermals die Hexenbesen. Sie ließen das riesige Denkmal hinter sich, dann flogen sie den Bergkamm hinunter in östliche Richtung. Bald schälte sich unter ihnen eine gepflegte Anlage mit einer nahezu geschlossenen Ringmauer aus dem Zwielicht, zwischen denen die Fundamentreste von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden aufragten. Lukas stieß einen leisen Pfiff aus, denn die Ringmauer war nicht nur erstaunlich gut erhalten, sondern stellenweise auch recht hoch und wurde nur von einem Tor in der Westseite durchbrochen. Unweit des Durchgangs ragte der Stumpf des einstigen Bergfrieds auf, dahinter befanden sich die Überreste weiterer Gebäude, Mauern und freigelegter Kellergewölbe.
»Also, ausschwärmen?«, fragte er, nachdem sie gelandet waren. Millepertia und Abraham nickten.
Lukas kramte sein Smartphone hervor, reichte Millepertia eine Taschenlampe, und sie machten sich getrennt auf den Weg. Er passierte Wege, Wiesen und Mülleimer und seufzte. Alles um ihn herum war auf touristische Bedürfnisse hin ausgelegt. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wonach er eigentlich Ausschau halten sollte. Irgendwann trafen sie sich wieder vor dem einstigen Bergfried. »Und? Habt ihr etwas gefunden?«
Millepertia verneinte, doch Abraham deutete nachdenklich auf die einstige Burgkapelle. Ihre Außenwände fügten sich nahtlos an die Ringmauer. »Falls uns tatsächlich himmlische Mächte hierhergeführt haben, könnten wir uns diese Kapelle dort noch einmal genauer ansehen. Ich selbst allerdings habe dort bislang außer alten Steinen nichts Besonderes entdecken können.«
Millepertia beleuchtete den im Schatten liegenden Bau, während Lukas versuchte, im Internet mehr über die Funktion des Gotteshauses herauszufinden. »Das ist die einstige
Kapelle zum Heiligen Kreuz
«, zitierte er schließlich. »Im Mittelalter diente sie als Wallfahrtsort.«
»Mehr ist nicht über sie bekannt?«
»Nein, nicht dass es hier stünde, jedenfalls. Mal davon abgesehen, dass sich dort im sechzehnten Jahrhundert ein Schneider eingenistet hat, der sich eine Zeitlang als der wiederauferstandene Kaiser Barbarossa ausgab.« Lukas grinste, dann stutzte er plötzlich. »Angeblich soll der Bau Johannes dem Täufer geweiht sein.«
»Soso«, murmelte Abraham skeptisch. »Die Sache, der Ihr in Karlsruhe auf die Spur gekommen sein wollt. Vorerst muss ich Euch leider enttäuschen: Engelsstatuen habe ich im Innern keine ausmachen können.«
»Wir sollten die Kapelle trotzdem noch einmal untersuchen.« Lukas nickte Millepertia auffordernd zu und betrat kurz darauf die verkrauteten Innenräume der Kapelle. Im Innern war es erstaunlich eng. Die alten Mauerstümpfe und Wände schimmerten rötlich im Schein der Taschenlampen. Rechter und linker Hand prangten Fensterdurchbrüche in den Mauern, durch die der Wind wehte. Im Osten waren die Überreste des einstigen Altarraums zu sehen. Ein einsamer, steinerner Rundbogen überspannte den Durchlass dorthin, der Rest des Daches fehlte.
Lukas leuchtete die Mauern ab, fand jedoch nicht einmal Reste von Malereien.
»Wie ich
Weitere Kostenlose Bücher