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Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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Erste, die ich sah, als ich raus auf den Parkplatz kam, war Ronnie. Veronica Simms, Privatdetektivin und bis vor einiger Zeit meine beste Freundin. Sie stand ein Stück vom Eingang entfernt und verschränkte die Arme so fest, dass es schmerzhaft aussah. Sie ist einsdreiundsiebzig groß und hat lange Beine, was sie an dem Abend durch hohe Absätze und ein kurzes rotes Kleid hervorhob. Sie hatte mir mal gesagt, dass sie nie wieder Rollkragenpullis tragen würde, wenn sie meine Oberweite hätte. Das hatte sie nicht ernst gemeint, aber wenn sie sich schick machte, zeigte sie gern ihre langen, hübschen Beine. Ihr blondes Haar war schulterlang, aber für die Hochzeitsfeier hatte sie den Lockenstab bemüht, sodass es ihre Spaghettiträger sanft umschmeichelte. Im Augenblick allerdings sprang es eher wütend auf und ab, weil Ronnie mit gedämpfter Stimme mit jemandem stritt, den ich nicht richtig erkennen konnte.
    Als ich ein paar Schritte weitergegangen war, konnte ich an ihr vorbeisehen und erkannte Louis Fane. Er lehrte Biologie an der Washington University. Er hatte einen Doktortitel und war eine Werratte. Die Universität wusste, was er an seinem Lehrstuhl machte, aber nicht, was er in Vollmondnächten trieb. Er war zwei, drei Zentimeter kleiner als Ronnie, kompakt gebaut und stark. Es sah gut aus, wie seine Schultern den Anzug ausfüllten. Er trug die Haare kürzer als bei unserer vorigen Begegnung. Seine dunklen Augen und die klaren Gesichtszüge wirkten so wütend, wie ich ihn noch nie erlebt hatte.
    Ich konnte nicht hören, was sie sagten, nur, dass sie stritten. Mir wurde bewusst, dass ich zu ihnen hinüberstarrte, und dabei ging mich ihr Streit gar nichts an. Selbst wenn Ronnie und ich uns noch dreimal pro Woche zum Sport getroffen hätten, was nicht der Fall war, würde es mich nichts angehen. Ronnie hatte etwas dagegen, dass ich mit einem Vampir zusammen war, noch dazu mit Jean-Claude. Zu einer Zeit, wo ich den Beistand einer Freundin und ein bisschen Mitgefühl gebraucht hätte, hatte sie nur Empörung und Wut für mich übrig.
    Danach hatten wir uns immer weniger getroffen, und nun war es zwei Monate her, seit wir miteinander gesprochen hatten. Ich wusste, dass sie noch mit Louis zusammen war, weil er und ich gemeinsame Freunde hatten. Ich fragte mich, worüber sie stritten, aber es ging mich ja eigentlich nichts an. Mir stand selbst ein Streit bevor, weiter hinten auf dem Parkplatz an meinem Jeep. Dort standen alle drei nebeneinander angelehnt.
    Ich lief zögerlich weiter und überlegte, ob ich zurückgehen und mich Ronnie und Louie als Schlichter anbieten sollte. Doch was mich dazu anregte, war nicht Freundlichkeit, sondern Feigheit. Lieber wollte ich mich in einen fremden Streit reinziehen lassen, als mich dem zu stellen, was auf mich wartete. Der seelische Schmerz anderer, wie qualvoll er auch ist, tut nie so weh wie der eigene.
    Doch Ronnie wäre für meine Einmischung nicht dankbar, und es ging mich auch wirklich nichts an. Vielleicht sollte ich sie am nächsten Tag mal anrufen und hören, ob sie darüber reden wollte und ob von unserer Freundschaft noch etwas übrig war, das sich retten ließ. Sie fehlte mir.
    Mit der Überlegung stand ich mitten auf dem dunklen Parkplatz und scheute vor dem Streit zurück, der auf mich wartete. Sonderbarerweise war mir mal nicht nach Streiten zumute. Ich war plötzlich müde, schrecklich müde und nicht, weil es schon so spät war oder weil es ein anstrengender Tag gewesen war.
    Ich ging weiter auf die wartenden Männer zu, und keiner lächelte mich an. Aber ich lächelte schließlich auch nicht. Und es ging auch nicht um ein lockeres Plauderthema.
    »Nathaniel sagt, du wolltest nicht mit ihm tanzen«, eröffnete Micah die Unterhaltung.
    »Das stimmt nicht«, widersprach ich. »Wir haben getanzt, zwei Mal. Ich wollte bloß nicht vor den Polizisten herumknutschen.«
    Micah sah Nathaniel an. Der blickte auf den Boden. »Du hast mich vorhin vor Detective Arnet geküsst. Wo ist da der Unterschied?«
    »Das habe ich getan, damit sie aufhört, dich anzubaggern. Du wolltest, dass ich dich vor ihr rette.«
    Er hob den Blick, und seine Augen waren wie zwei offene Wunden. »Du hast mich also nur geküsst, um mich zu retten, nicht weil du es wolltest?«
    Oh Mann. Das mulmige Gefühl in der Magengrube sagte mir, dass ich diesen Streit verlieren würde. In letzter Zeit hatte ich bei Nathaniel häufig das Gefühl gehabt, dass ich etwas falsch machte oder zumindest nicht richtig.

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