Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
Leoparden Angst gehabt. Mit einem schnellen Zungenschlag leckte er mir übers Gesicht.
Mir entfuhr ein Quieken, ein heller Angstlaut.
Gregory knurrte. »Hmm, mach das noch mal.«
Richard packte ihn und zog ihn weg von mir. »Hör auf mit ihr zu spielen.«
Gregory blieb am Boden kauern, als dächte er halb daran, aufzuspringen und einen Kampf anzufangen. Doch er sagte: »Na gut, ich lasse es sein.« Er drehte sich um und reckte den Kopf zu Nathaniel, ließ dicht an dessen Gesicht die Zähne zusammenschlagen. Nathaniel schrie auf. Unsere Angst hatte etwas gefunden, woran sie sich halten konnte. Es war zwar unlogisch, aber alles Furcht Erregende hätte ihr genügt, und jetzt war zufällig gerade ein Leopardenmann in der Nähe.
Gregory lachte.
Richard riss ihn zurück und zerrte ihn ans andere Ende des Badezimmers. »Ich habe gesagt, du sollst aufhören, mit ihnen zu spielen.«
»Nein, ich sollte aufhören, mit ihr zu spielen, und das habe ich getan.«
»Lass sie alle in Ruhe«, sagte Richard.
Gregory stand auf; als Leopardenmann erreichte er Richards Körpergröße. »Erzähl mir nicht, dass du nicht mit ihnen spielen willst.«
»Ich will es durchaus, aber ich werde es nicht tun.«
»Warum nicht?«
»Weil man seine Freunde nicht quält, Gregory«, antwortete Micah von der Tür her. Bei ihm war Richards neue Freundin. Sie hatte etwa meine Größe und schulterlange dunkelbraune Haare. Sie trug einen hellblauen kurzen Hosenrock, eine weiße Bluse mit blauem Blumenmuster und Sandalen. Ihre Zehennägel waren sorgfältig lackiert. Sie hielt Micahs Hand und außerdem seinen Arm. Normalerweise hängte man sich nicht so an jemanden dran außer an seinen Freund. Ich merkte, dass ich außer Angst noch etwas empfand: Eifersucht. Was fiel ihr ein, sich so an Micah zu klammern?
Sie begann zu zittern, und ihr Blick verlor sich im Nichts, als hörte sie Stimmen in ihrem Kopf. »Was ist das?«, flüsterte sie.
»Angst«, sagte Gregory.
»Oh«, sagte sie mit einem hellen Stimmchen, ließ Micah los und kam herein. Sie hörte auf, uns anzustarren und drehte errötend den Kopf weg. Dann begegnete sie Richards Blick und errötete noch heftiger.
Gregory stellte sich neben sie. »Du willst auch spielen, stimmt’s?«
Sie schaute wieder zu uns hin, aber nicht mehr mit Menschenaugen. Ich hatte diesen speziellen Trick schon tausend Mal erlebt und schrie trotzdem auf. Ich schrie wie ein Tourist, und Nathaniel drückte sich an mich, als wollte er zur anderen Seite wieder raus. Damian lag in meinem Schoß, als wäre er schon vor Angst gestorben.
»Bring Clair weg«, sagte Richard mit einem leichten Knurren in der Stimme. »Sie ist noch zu neu. Wenn ihre Verwandlung jetzt ausgelöst wird, fällt sie jemanden an.«
Ich gab einen hilflosen Laut von mir.
Micah nahm Clair beim Arm, um sie rauszubringen. Sie wehrte sich nicht dagegen, ließ sich aber von ihm ziehen, während die Tieraugen in ihrem hübschen Gesicht uns anstarrten. Mit ihrer Verlegenheit war es vorbei. Es war nicht mehr genügend Menschliches in ihr, als dass ihr unsere Nacktheit peinlich sein konnte.
»Was passiert mit ihnen?«, fragte Micah.
»Damians Schöpferin versucht sie umzubringen«, sagte Richard.
»Wie?« Ich war mir nicht sicher, ob er fragte, auf welche Weise sie uns umbringen wollte oder wie es dazu gekommen war.
»Sie ängstigt sie zu Tode.«
Micah war mit Clair schon fast an der Tür. »Wie kann man es verhindern?«
Richard blickte Micah in die Augen. »Ich helfe Anita, die Ardeur zu befriedigen, und Jean-Claude unterstützt uns dabei.« Der drohende Unterton war verschwunden; geblieben war Müdigkeit und ein Überdruss, als hätte er schon zu viel mitangesehen, zu viel getan, was er nicht mehr tun wollte.
Sie blickten einander an, dann nickte Micah knapp. »Sieh zu, dass sie am Leben bleiben«, sagte er und zog Clair aus dem Bad.
Im Vorbeigehen griff sie mit einer Hand um den Türrahmen und hielt sich fest. »Sie riechen so gut.«
Micah warf sie sich über die Schulter, sodass sie überrascht losließ, und trug sie hinaus. »Nein, ich will nicht weg«, hörte ich sie noch sagen.
Richard wollte seine Jeans einhändig öffnen, was ihm aber nicht gelang. »Hilf mir doch mal, Gregory.«
Der blickte ihn an. »Günstige Gelegenheit zum Ficken?«
Richard knurrte ihn an, und ich wimmerte erschrocken, ebenso Nathaniel. Im Grunde wusste ich, dass das albern war. Richard würde mir nichts antun, nicht auf diese Weise, doch die Angst hatte ihren eigenen
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