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Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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dagegen nicht abschirmen konnte.

21
    I ch schrie, und Richards Mund war plötzlich auf meinem. Er küsste mich mit sanftem Lippendruck. Mir schoss die Angst bis in die Fingerspitzen wie elektrischer Strom. Ich stieß ihn von mir weg.
    Ich erwartete, dass Ärger in mir aufstieg und die Angst zurückdrängte, doch er blieb aus. Vielmehr steigerte sich die Angst zur Panik. Zur Panik, die einen starr macht, den Verstand dämpft, bei der man vergisst, wie man seinen Körper zur Waffe machen kann, bei der nichts übrig bleibt als eine kleine kreischende Stimme im Kopf, die einen zum Opfer macht. Wenn man nicht denken und sich nicht bewegen kann, ist man ein Opfer. Darum ist Panik lebensgefährlich.
    Richard kniete sich vor mich hin, auf Armeslänge von mir entfernt. Jetzt sah er gar nicht mehr sanft aus. Er wirkte ungeduldig, erwartungsvoll. Er kniete mit einem Bein, mit dem anderen verbarg er seine Blöße. Die Körpersprache war sittsam, der Gesichtsausdruck nicht.
    Er beugte sich schnuppernd heran, sog die Luft tief ein, sodass sich sein Brustkorb wölbte. Er schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken, als atmete er den lieblichsten Blumenduft ein. Als er die Augen öffnete, waren sie nicht mehr braun, sondern bernsteinfarbene Wolfsaugen. Einen Moment lang fand ich es atemberaubend, sie in seinem sonnengebräunten Gesicht zu sehen, dann schlossen sich Damians Finger um mein Fußgelenk, und eine neue Welle der Panik durchströmte mich. Ich schrie auf und Damian mit mir. Mir kamen wirre Bilder von Leibern, Händen, reißenden Kleidern, einem schweren Körper, der uns auf einen Tisch drückte und …
    Jemand packte mein Handgelenk und riss mich vom Boden hoch. Damians Fingernägel kratzten über meine Haut, weil er mich festzuhalten versuchte. Richard zog mich weg von Damians Händen und seinen entsetzlichen Erinnerungen.
    Sowie der Kontakt unterbrochen war, ließ meine Angst etwas nach. Ich konnte wieder atmen. Sie war noch da, wummerte in mir, war aber nicht mehr ganz so groß. Es war wie der Unterschied zwischen einem Meer und einem Fischteich, wenn man nicht schwimmen kann. Nicht ganz so Furcht erregend, aber genauso tödlich.
    Ich schaute zu Damian hinüber, der am Boden lag und die Hände nach mir ausstreckte, und auch ich griff nach ihm, weil ich seine Not spürte.
    Richard zog meinen Arm mit einem Ruck weg, sodass ich taumelte, und er nutzte den Moment, um mich an sich zu ziehen und mir den Arm hinter dem Rücken festzuhalten. Der Schmerz am Handgelenk hätte mich mehr interessieren sollen, doch das Gefühl, an seinen nackten Körper gepresst zu sein, überwältigte mich. Nicht dass ich einen Männerkörper oder sogar einen schönen Männerkörper an mir spürte, wühlte mich auf, sondern mein Körper erinnerte sich an ihn. Erinnerte sich daran, wie es war, an seine Haut, in diese Arme geschmiegt zu sein … Es war, als ob die emotionalen Narben aufrissen und mich mit Gefühlen überschwemmten. Da kämpft man so verbissen, so lange darum, jemanden aus seinem Herzen zu verbannen, doch nicht immer ist das Herz der Verräter.
    Doch mitten in diesem emotionalen Trümmerhaufen spürte ich, wie Moroven sich zurückzog. Wir hatten die Ardeur gar nicht gebraucht, um sie zu verwirren. Wir hatten sie nur spüren lassen müssen, wie Richard und ich zueinander standen. Moroven verstand weder reine Lust noch Liebe, nicht mal zerstörte Liebe. Da war sie nicht die Einzige.
    Wir hatten Körperkontakt, und das Triumvirat funktionierte bestens. Wir hatten beide unsere Schilde gesenkt, damit Jean-Claude die Ardeur entfachen und uns retten könnte, doch Schutzschilde sind gegen vieles gut. Was ist Liebe? Wie fühlt sie sich in ihrer rohesten Form an? Lust, Begierde, Verlangen und diese schmerzende Sehnsucht, als wäre man innerlich hohl und nur eines könnte die Leere ausfüllen, nämlich die Person, die man gerade berührt.
    Ich liebte Richard. Ich konnte es weder verbergen noch abstreiten. Ich lag in jeder Hinsicht entblößt in seinen Armen. Kurz spürte ich, dass er genauso empfand, dann spürte ich bei ihm noch etwas anderes: Scham. Er schämte sich, nicht weil er mich liebte, sondern weil er sich über Morovens Rückzug ärgerte. Er hatte meine Angst genießen wollen, während er mich fickte. Das war der Gedanke, der mir kam, nicht in Worten, sondern in wirren Bildern. Ich fühlte, dass mein Schrecken für ihn fast dasselbe war wie die Angst des Rehs, das er riss. Angst, und war sie noch so klein, machte alles

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