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Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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auszufransen, doch er sah sehr teuer aus. Damian wickelte sich darin ein wie in eine tröstliche Decke. Das Ding bedeckte ihn vom Hals bis zu den Fußknöcheln.
    »Das ist kein Morgenmantel, oder?«, fragte ich.
    Er schüttelte den Kopf, während er seine Haare aus dem Kragen hervorstrich, die wie ein roter Klecks über das Dunkelblau flossen. »Ein Hausmantel«, sagte er.
    Ich nickte, als wüsste ich genau Bescheid, dann reichte ich ihm die Hand. Nicht nur weil ich ihn berühren wollte, sondern weil er so verloren schaute und in einem fort über den Samt strich, als fühlte er sich dadurch sicherer. Er nahm sie und lächelte zum ersten Mal, seit Moroven ihr böses Haupt erhoben hatte. Das Lächeln war noch ein wenig zittrig, wurde aber zusehends stabiler.
    Ich hatte befürchtet, es könnte sich verändern, es könnte Lust oder Liebe oder sonst was ausdrücken, womit ich nicht zurechtkäme, aber ich spürte bei ihm nur ein Gefühl der Sicherheit. Und Erleichterung, weil ich als Erste den Kontakt suchte, denn dann konnte ich offenbar nicht ganz so zornig auf ihn sein.
    »Ich bin nicht wütend auf dich«, sagte ich.
    Seine Augen weiteten sich ein wenig. »Du weißt, was ich denke?«
    »Weißt du denn nicht, was ich denke?«
    »Nein.«
    »Frag ihn, ob er weiß, was du fühlst«, sagte Nathaniel.
    »Hab ich das nicht gerade?«
    »Nein.«
    Er hatte recht. »Also gut. Was fühle ich gerade?«
    »Nichts«, antwortete Damian. »Du achtest sehr darauf, nichts zu fühlen.«
    Ich dachte darüber nach und nickte. Er hatte recht. Ich empfand nichts außer Erleichterung, weil Damian gerade stabil war, aber davon abgesehen fühlte ich wirklich nichts. Ich kam mir vor wie eine offene Muschel am Strand, so sauber, so schön weiß-rosa, aber leer. Die Stelle in mir, die für Richard vorgesehen war, war leer, aber nicht wund. Leer wie die Seemuschel, glatt und nass und offen. Offen für jemand anderen, der daherkäme und hineingleiten wollte, um sie zu seinem Schutz und Schild zu machen, darin zu wohnen.
    Selbst als ich das dachte, fühlte ich fast nichts. Es war ähnlich wie die reglose Leere, die in mir war, wenn ich jemanden töten musste. Nur dass sie nicht reglos war. Es war eine friedvolle Leere, wie wenn man übers Wasser hinweg zum Horizont schaut. Oder nicht einmal Leere, sondern Frieden, Ruhe und Warten. Warten worauf?
    Damian drückte meine Hand. Ich lächelte ihn an, wusste aber, dass es kein echtes Lächeln war. Ich lächelte nur reflexhaft. In mir war nichts. Es war ein bisschen wie ein Schockzustand. Der Schock ist die unwillkürliche Abschottung, damit man genesen kann oder damit man ohne Schmerzen und Angst sterben kann.
    Na ja, sterben würde ich nicht. Man stirbt nicht an gebrochenem Herzen, es fühlt sich nur so an. Ich wusste aus persönlicher Erfahrung, dass man am Leben bleibt, wenn man einfach weitermacht und so tut, als ob man nicht innerlich blutet, und irgendwann will man auch gar nicht mehr sterben.
    Micah trat vor mich. Anfangs war es mir seltsam vorgekommen, in diesen Katzenaugen solche Klugheit zu sehen. Inzwischen war es mir selbstverständlich. Er berührte mein Gesicht, und seine Hand war so warm, dass ich die Wange hineinschmiegen wollte, aber ich tat es nicht. Warum, weiß ich nicht. Ich stand nur da, ließ Micah mein Gesicht berühren und Damian meine Hand halten. Mein Gesicht blieb ausdruckslos.
    »Du musst da nicht reingehen«, sagte Micah.
    »Doch, das muss ich.«
    Er nahm mein Gesicht in beide Hände. »Nein, Anita, musst du nicht.«
    Damian strich über meine Finger, wie er es immer tat, wenn er fürchtete, ich könnte in Wut geraten. Ich war nicht wütend. Aber vielleicht fürchtete er bei mir eine ganz andere Empfindung. Damian wirkte beruhigend auf mich, half mir, nicht so rücksichtslos zu sein, mit dem Töten nicht so schnell bei der Hand zu sein. Doch ein Diener kann nur geben, was er selbst hat. Damian konnte mir nicht helfen, Angst, Einsamkeit oder Kummer zu bewältigen, weil er selbst zu viel davon in sich trug. Diesmal konnte er mir nichts weiter geben als eine freundschaftliche Hand. Besser als nichts.
    Ich machte die Augen zu, nicht um mich vor Micahs ernstem Blick zu verstecken, sondern um die Wärme seiner Hände zu genießen. Ich musste die Augen schließen, damit sein Blick mich nicht von seinen Händen ablenkte. Dann tat ich, was ich schon die ganze Zeit wollte: Ich schmiegte erst die eine, dann die andere Wange in seine Hand, und er machte meine Bewegungen mit. Das hatte etwas

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