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Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Eingangshalle sah ich ein
    Besucherzimmer, das ein bißchen gemütlicher wirkte. Es hatte einen offenen Kamin und sorgfältig arrangierte Sofas und Stühle mit Chintzbezügen.
    Tony brachte mich rasch zum Büro der Schulleiterin, einer stämmigen, leutseligen Frau, die uns beide mit einem breiten, warmen Lächeln begrüßte. »Willkommen in Winterhaven, Miss Casteel. Es ist eine große Ehre und Auszeichnung, daß die Enkelin von Cleave VanVoreen unsere Schule besucht.«
    Verschwörerisch blinzelte sie Tony zu. »Keine Angst, meine Liebe, ich werde Ihre Identität geheimhalten und keiner Menschenseele erzählen, wer Sie wirklich sind. Ich muß nur betonen, daß Ihr Großvater ein ausgezeichneter Mann war, ein Geschenk für alle von uns, die ihn kannten.« Sie nahm mich kurz in ihre mütterlichen Arme, hielt mich dann vor sich und musterte mich. »Ich traf Ihre Mutter ein einziges Mal, als Mr.
    VanVoreen sie hierher zur Einschreibung brachte. Ich bedaure sehr, daß sie nicht mehr unter uns weilt.«
    »Jetzt zum nächsten Punkt«, drängte Tony mit einem Blick auf seine Uhr. »In einer halben Stunde habe ich eine Verabredung, und ich möchte Heaven noch in ihr Zimmer begleiten.«
    Es war ein gutes Gefühl, ihn neben mir zu haben, während wir die steile Treppe hinaufgingen. Ein dunkelgrüner Teppichläufer dämpfte unsere Schritte. Die ernsten, tadelnden Porträts früherer Lehrer säumten die Wand und lenkten ab und zu meine Augen dorthin. Wie kalt sie alle dreinsahen, wie puritanisch… und wie lebendig ihre Augen wirkten, als ob sie sogar jetzt noch alles Schlechte bei jedem Vorübergehenden sehen konnten.
    Neben und um uns her war das leise, unterdrückte Gekicher vieler Mädchen zu hören. Und trotzdem konnte ich keine entdecken, sooft ich mich umsah. »Hier sind wir!« rief Helen Mallory fröhlich und stieß die Tür zu einem hübschen Zimmer auf. »Das beste Zimmer in der Schule, Miss Casteel, von Ihrem ›Onkel‹ für Sie ausgewählt. Ich möchte, daß Sie wissen, daß sich nur sehr wenige unserer Studenten ein eigenes Zimmer leisten können oder sogar wollen. Aber Mr. Tatterton bestand darauf. Die meisten Eltern glauben, junge Mädchen möchten von ihren Altersgenossinnen gar nicht getrennt sein, aber Sie offensichtlich schon.«
    Tony betrat das Zimmer, ging überall herum, öffnete Kommodenschubläden, prüfte den großen Schrank und setzte sich auf beide Sessel. Erst dann nahm er auf dem Schreibtisch Platz und lächelte mich an. »Nun, Heaven, gefällt es dir?«
    »Es ist wunderbar«, flüsterte ich vom Anblick der vielen leeren Bücherregale, die ich bald zu füllen hoffte, nahezu überwältigt. »Ich hatte keinen Raum für mich allein erwartet.«
    »Nur vom Feinsten«, scherzte er. »Habe ich dir’s nicht versprochen?« Er stand auf, kam auf mich zu und beugte sich vor, um mir einen Kuß auf die Wange zu geben. »Viel Glück und sei fleißig. Ruf mein Büro oder mich zu Hause an, wenn du irgend etwas brauchst. Ich habe meine Sekretärin beauftragt, deine Anrufe durchzustellen. Sie heißt Amelia.«
    Und dann zog er seine Brieftasche heraus und drückte mir zu meinem größten Erstaunen mehrere Zwanzig-Dollar-Scheine in die Hand. »Fürs Kleingeld.«
    Mit dem Geld in der Hand stand ich da und sah ihn zur Tür hinausgehen. Überraschenderweise sank mein Mut und mir wurde übel. Sobald Helen Mallory Tony außer Hörweite wußte, verlor ihre Miene alles Weiche, ihre mütterliche Art verschwand, und sie musterte mich eiskalt. Sie wog und begutachtete mich, studierte meinen Charakter, meine Fehler und meine Stärken. Ihrer veränderten Miene nach befand sie mich für mangelhaft. Eigentlich sollte mich das nicht schockieren, aber das tat es doch. Sogar ihre sanfte Stimme wurde hart und laut. »Wir erwarten, daß unsere Studenten in schulischen Dingen glänzen und sich unseren Regeln, die äußerst streng sind, unterziehen.« Sie streckte die Hand aus, nahm wie selbstverständlich mein Geld und zählte rasch die Scheine. »Ich werde das für Sie in unseren Safe legen, Sie können es dann am Freitag haben. Wir mögen es nicht, wenn unsere Mädchen Bargeld, das geklaut werden kann, in ihren Zimmern aufbewahren. Geld zu besitzen schafft viele Probleme.« Meine zweihundert Dollar verschwanden in ihrer Tasche.
    »Sobald die Glocke jeden Werktag um sieben Uhr morgens läutet, haben Sie aufzustehen und sich so schnell wie möglich anzuziehen. Wenn Sie am Abend vorher schon baden oder duschen, müssen Sie das nicht erst

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