Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schwarzer Kuss Der Nacht

Titel: Schwarzer Kuss Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin T. Popp
Vom Netzwerk:
einen Bissen von seinem Frühstück und kaute nachdenklich. »Und jetzt erzähl mir von dir! Wie ist deine Familie?«
    Achselzuckend butterte sie ihren Toast. »Ich schätze, sie ist genau so, wie man es von Waldnymphen erwartet. Ich bin in einer Großfamilie aufgewachsen, der Dongroves-Sippe. Don war mein Urgroßvater. Als ich Kind war, waren seine Kinder, deren Kinder, die Kindeskinder und so weiter immer da.«
    »Das hört sich nett an«, stellte er fest.
    Mai sah ihn entsetzt an. »Machst du Witze? Stell dir fünfGenerationen vor, die in einer Ansammlung von Wohnmobilen hausen und gemeinsam von Stadt zu Stadt ziehen. Überhaupt keine Privatsphäre! Und dauernd hatten wir unzählige kleine Pflichten. Wenn wir nicht gerade das Lager auf- oder abbauten, gaben wir Vorstellungen für die Einheimischen. Wenn Waldnymphen in einem gut sind, dann ist es, Spaß zu haben. Ich konnte es gar nicht erwarten, in die Großstadt zu kommen und endlich ein eigenes Leben zu führen.«
    »Besuchst du deine Familie?«
    »Ist eine Weile her«, gestand sie. »Als ich neu in New York City war, wollte ich sie nicht sehen. Tja, und dann war ich zu beschäftigt und hatte einfach keine Zeit mehr.«
    »Zeit hat man immer«, entgegnete Nick sanft. »Wenn es einem wichtig ist, nimmt man sie sich.«
    Ja, sie wusste, was er meinte. Ihm war die Familie wichtig. Doch seine hatte ihn enttäuscht, ihn allein mit seinem Vater zurückgelassen, der offenbar nicht gewillt gewesen war, um seine Frau und seine Söhne zu kämpfen.
    Aber bloß weil Nick seine Mutter und seine Brüder verloren hatte, musste Mai kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie lieber etwas Abstand zu ihrer Familie hielt. In diesem Punkt waren sie eben anderer Ansicht, und Mai würde gar nicht erst versuchen, mit ihm zu einer Einigung zu finden.
    Stattdessen wandte sie sich wieder ihrem Frühstück zu. »Möchtest du noch Kaffee?« Hoffentlich lehnte er ab, denn kaum hatte sie aufgegessen, holte sie die Scham wieder ein, nackt neben ihm … o Gott! Sie mochte nicht einmal daran denken.
    »Nein danke«, antwortete er zu ihrer Erleichterung. »Ich sollte jetzt besser gehen. Ich muss noch arbeiten.«
    »Okay.« Dann fiel ihr etwas ein. »Brauchst du Geld für ein Taxi?«
    »Nein, ich nehme kein Taxi.«
    Er ging nicht ins Detail, und Mai fragte nicht nach. »Na gut. Ich schätze, ich sehe dich wieder.«
    »Ja, das wirst du«, antwortete er lächelnd.
    Sie begleitete ihn zur Tür. »Danke für, na ja, du weißt schon, alles!«
    »Gern geschehen«, sagte er und zog eine Braue hoch.
    »Ein Dankeschön kommt mir völlig unangemessen vor. Immerhin hast du mir das Leben gerettet.«
    »Ach, das … ja, ebenfalls gern geschehen.«
    Nun war sie verwirrt. »Was hattest du gedacht, wofür ich mich bedanke?«
    Er lächelte.
    »Okay, dafür nicht«, betonte sie und trat nach ihm auf den Flur hinaus.
    »Bringst du mich zum Fahrstuhl?«, fragte er grinsend.
    »Nein, da muss ich dich leider enttäuschen. Ich wollte hören, ob Jenna schon etwas Neues erfahren hat.«
    »Ich komme mit.«
    »Meinetwegen.« Das kurze Stück bis zu Jennas Tür gingen sie schweigend. Mai klopfte. Nach einer Minute klopfte sie noch einmal, lauter. »Vielleicht schläft sie noch«, murmelte sie.
    Aus der Wohnung war nichts zu hören, also probierte Mai es ein drittes Mal. »Sie hat zwei Jobs«, erklärte sie. »Kann gut sein, dass sie bei der Arbeit ist. Ich versuch’s nachher.«
    Es trat ein seltsamer Moment ein, als sie sich zu Nick wandte, um sich zu verabschieden. Dieser aber grinste wieder. »Danke für alles – und ich rede
nicht
nur vom Verarzten und vom Frühstück.«
    Sie wand sich innerlich vor Scham. Nein, weitere Anspielungen auf heute Morgen waren absolut nicht nötig. Sie fürchtete ohnehin schon, dass sie jenes Erlebnis in ihren Tagträumen wieder und wieder durchspielen würde … und jede Minute genoss.
    Er drehte sich um und ging auf den Aufzug zu. Als sie ihm nachsah, fühlte sie sich wie ein Kind, das von seinem Vater in den Hort gebracht wurde. Sie wollte nicht, dass er wegging. Das war erbärmlich! Energisch drehte sie sich um und wollte in ihre Wohnung zurück.
    »Mai, warte!«
    Sein Stimme war direkt hinter ihr, und sie wandte sich erschrocken um. »Was ist?«
    Er stand dicht vor ihr, dabei hatte sie nicht einmal bemerkt, dass er ihr nachgekommen war. »Ich habe etwas vergessen.«
    »Was?«
    »Das.« Plötzlich lag sein Arm um ihre Taille, und sie verlor das Gleichgewicht, als er sie an sich zog, so dass

Weitere Kostenlose Bücher