Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schwarzer Kuss Der Nacht

Titel: Schwarzer Kuss Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin T. Popp
Vom Netzwerk:
schon reichlich! Hör zu, ich bin dir dankbar, dassdu nach mir gesehen hast, und es tut mir leid, dass meine Freunde dich umbringen wollten.«
    Ihr Blick fiel auf seine zerrissenen Sachen auf dem Boden, und sie begann, alles aufzuheben, was ihm aus den Taschen gefallen war. Nick bückte sich ebenfalls.
    Ihre Finger streiften sich, als beide gleichzeitig nach der Brieftasche griffen. Mai nahm die Berührung sehr intensiv wahr, und als sie aufsah, versank sie buchstäblich in seinem Blick.
    Die Erde hörte auf, sich zu drehen, und Mais Atem stoppte gleichfalls.
    »Mai, wir müssen reden.« Plötzlich war Nick sehr ernst. Mai hatte genügend Beziehungen gehabt, um diesen Satz auf Anhieb wiederzuerkennen. Er war die Eröffnungszeile des Wird-Zeit-dass-jeder-seiner-Wege-geht-Dialogs.
    Sie fürchtete, es momentan nicht zu verkraften, sollte er hier und jetzt mit ihr Schluss machen. Vor allem nicht, weil sie sich nichts sehnlicher wünschte, als dass er sie in seinen Armen hielt und ihr die Angst nahm. »Nicht heute Abend, bitte! Ich … ich will einfach bloß ins Bett. Es war ein langer Tag.« Ihre Erschöpfung brauchte sie nicht zu spielen, war sie doch mehr als erledigt.
    Zunächst wirkte Nick unschlüssig. »Na gut. Aber gleich morgen früh komme ich zu dir.« Er ließ sich von ihr zur Tür bringen, die nun an einer einzelnen Angel hing. »Ich rufe jemanden an, der die Tür noch heute Abend repariert. Soll ich nicht lieber bleiben, bis sie wieder in Ordnung ist?«
    »Nein, nein, schon gut!«
    Er blickte noch einmal ins Wohnzimmer. »Bist du sicher?«
    Allmählich wurde sie wieder wütend. »Ja, ich werde eswohl schaffen, heute Abend nicht mehr zu halluzinieren!« Sie wusste nicht, wie lange sie noch durchhielt.
    »Okay. Ich rufe dich gleich morgen an«, versprach er.
    »Klar, das ist nett.« Im Grunde erwartete sie nicht, jemals wieder von ihm zu hören, aber wenn er unbedingt ihnen beiden etwas vormachen wollte, sollte er ruhig.
    Sie stand nicht wie eine liebeskranke Närrin in der Tür und schaute ihm nach, bis er beim Aufzug war. Stattdessen schob sie die Tür so weit zu, wie es ging, und überlegte, Will anzurufen und ihn zu fragen, ob er etwas tun konnte. Doch war Will der letzte Mensch auf dem Planeten, den sie jetzt sehen wollte, also ließ sie es. Sie nahm sich ein Messer aus der Küche und hockte sich in denselben Sessel, in dem sie den ganzen Tag zugebracht hatte. Derzeit war das der einzige Fleck, an dem sie sich halbwegs sicher fühlte. Dort winkelte sie ihre Beine an, bis sie auf ihren Fersen hockte, versuchte, den entsetzlichen Schnitt an ihrer Wade nicht zu beachten, von dem nichts mehr zu sehen war, und stellte den Fernseher an, damit er ihr Weinen übertönte.
     
    Nick fuhr mit dem Fahrstuhl ganz nach oben. Mühelos fand er die Treppe hinauf aufs Dach. Manchmal brauchte er einfach Abstand von allen Leuten, um denken zu können, und das jetzt nötiger denn je. Er atmete tief durch und blickte auf die Lichter der Stadt.
    Als Erstes rief er den Reparaturdienst an, dem er einen Superpreis bot, damit sie Mais Tür innerhalb der nächsten Stunde reparierten. Anschließend zog er die Hose aus, die Mai ihm geliehen hatte, stülpte ein Hosenbein in das andere, stopfte sein Handy und seine Brieftasche hinein und knotete die Enden zu.
    Danach konzentrierte er seine Gedanken auf den Gleitflugin luftiger Höhe und erschauderte ein-, zweimal, als der kühle Wind über seine nackte Haut strich. Er blinzelte, um sich an seine neue Sicht zu gewöhnen.
    Als die Verwandlung in den Falken vollzogen war, breitete Nick seine Flügel aus. Gleich fühlte er sich frei von menschlichen Sorgen und Gefühlen.
    Zum Glück vergaß er nicht, seine Sachen mitzunehmen, die er mit seinen Krallen packte, bevor er mit wenigen Flügelschlägen in den Himmel aufstieg, wo er weite Kreise zog.
    Es tat gut, frei zu sein, dachte er. Keine Sorgen, keine Pflichten. Er war ganz allein, weit über allem.
    Tief unter sich sah er eine Ratte an einer Hauswand entlanghuschen. Vor Stunden hatte er zuletzt etwas gegessen, und in seiner gegenwärtigen Gestalt war die Ratte durchaus verlockend. Es wäre leicht, hinunterzusausen und sie zu schnappen.
    Der Teil von ihm hingegen, der ein Mann war, entschied, dass er warten konnte. Im Moment brauchte er Luft, Bewegung und Zeit zum Nachdenken.
    Er rang mit zwei Wahrheiten, von denen weder die eine noch die andere sich leugnen ließ. Die erste war, dass Mai nicht verrückt war. Was, so unmöglich es auch

Weitere Kostenlose Bücher