Schwarzer Mittwoch
ein wenig.
»Entschuldigen Sie, ist irgendetwas nicht in Ordnung?«
»Wieso fragen Sie das?«, entgegnete Frieda.
»Sie wirken … ich weiß auch nicht … irritiert?«
»Sprechen Sie weiter«, forderte sie ihn auf. »Was wollten Sie gerade sagen?«
»Früher als Kind habe ich gern Tiere gequält«, erklärte er. »Das hat mir die gleiche Art von Befriedigung verschafft. Meistens waren es kleine Tiere, Vögel und Insekten, aber manchmal auch Katzen und einmal ein Hund. Und jetzt sind es Frauen.«
»Sie genießen es, Frauen wehzutun?«
»Die Frauen genießen es auch, zumindest meistens.«
»Sie meinen, beim Sex?«
»Ja, natürlich. Das gehört doch alles zum Sex dazu, oder etwa nicht? Dass man der Frau Schmerz und Lust bereitet, ihr wehtut und zugleich Befriedigung verschafft und ihr auf diese Weise zeigt, wer der Herr ist. Aber jetzt – nun ja, ich habe da eine Frau kennengelernt, Danielle. Sie sagt, ich gehe zu weit. Ich habe ihr mit dem, was ich getan habe, Angst gemacht. Sie sagt, sie will mich nicht mehr sehen, es sei denn, ich sorge dafür, dass ich professionelle Hilfe erhalte.«
»Soll das heißen, Sie sind hier, weil Danielle Sie darum gebeten hat?«
»Ja.«
»Wirklich?«
»Glauben Sie mir nicht?«
»Ich finde es interessant, dass Sie sich als jemanden beschreiben, der es genießt, Macht über andere Menschen zu haben. Trotzdem haben Sie auf Danielle gehört, ihre Bedenken respektiert und dementsprechend gehandelt.«
»Sie befürchtet, ich könnte etwas tun – also, ich meine … etwas, das mich in Schwierigkeiten bringen könnte. Etwas Schlimmeres, als bloß eine Katze zu töten. Und sie hat recht. Ich selbst bin auch dieser Meinung.«
»Wollen Sie damit sagen, dass Sie befürchten, Sie könnten einen anderen Menschen ernsthaft verletzen?«
»Ja.«
»Und das ist alles, was Ihnen zu schaffen macht?«
»Alles? Reicht Ihnen das denn nicht?«
»Gibt es – abgesehen von Danielles Bedenken, die Sie teilen – noch andere Dinge, die Ihnen Sorgen bereiten?«
»Nun ja.« Er rutschte ein wenig auf seinem Stuhl herum und wandte kurz den Blick ab, ehe er Frieda wieder ansah. »Ich schlafe nicht besonders gut.«
»Sprechen Sie weiter.«
»Einschlafen kann ich gut, aber später wache ich wieder auf. Manchmal ist das kein Problem, aber manchmal weiß ich genau, dass ich es nicht schaffen werde, wieder einzuschlafen. Dann liege ich da und denke über irgendwelches Zeug nach.«
»Zeug?«
»Sie wissen schon. Kleinigkeiten, die einem um drei Uhr morgens riesengroß erscheinen. Solche Phasen der Schlaflosigkeit macht ja jeder mal durch. Und mein Appetit hat auch ein bisschen nachgelassen.«
»Sie essen nicht richtig?«
»Das ist aber nicht der Grund, warum ich hier bin.« Er wirkte plötzlich wütend. »Ich bin wegen meiner heftigen Gefühle hier, wegen meiner Gewaltfantasien. Ich möchte, dass Sie mir helfen.«
Frieda richtete sich in ihrem roten Sessel noch gerader auf. Durchs Fenster fiel Sonne in den Raum, in dem sie den Patienten, die den Weg zu ihr gefunden hatten, erklärte, dass sie ihr alles anvertrauen konnten, einfach alles. Ihre Rippen und ihr Bein schmerzten.
»Nein«, sagte sie schließlich.
»Wie bitte?«
»Ich kann Ihnen nicht helfen.«
»Das verstehe ich jetzt nicht. Ich erzähle Ihnen, dass ich befürchte, anderen ernsthaft Schaden zuzufügen, und Sie sagen mir, Sie können mir nicht helfen?«
»Stimmt. Ich bin dafür nicht die geeignete Person.«
»Warum? Sie sind doch auf solche Fälle spezialisiert – ich habe mich über Sie informiert. Sie kennen sich aus mit Menschen wie mir.«
Frieda musste an Dean Reeve denken, den Mann, der ein kleines Mädchen entführt und zu seiner willfährigen Ehefrau gemacht hatte. Doch damit nicht genug. Jahre später hatte er einen kleinen Jungen entführt und versucht, ihn zu seinem Sohn zu machen, und wegen einer Nachlässigkeit Friedas hatte er auch noch eine junge Frau in seine Gewalt gebracht und ermordet, weil sie ihm im Weg stand. Dieser Mann war immer noch am Leben – mit seinem angedeuteten Lächeln und seinem lauernden Blick. Frieda dachte an das Messer, das auf sie einstach.
»Wie sind denn Menschen wie Sie?«, fragte sie.
»Sie wissen schon – eben Menschen, die schlimme Dinge tun.«
»Haben Sie denn schon schlimme Dinge getan?«
»Noch nicht. Aber ich kann sie in mir spüren. Ich will sie nicht rauslassen.«
»Das ist irgendwie paradox«, erklärte Frieda.
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Die Tatsache, dass Sie um
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