Schwarzer Mond: Roman
wieder verstummen.
Sie lauschten dem Ticken der Küchenuhr und dem Heulen des Windes vor den Fenstern, und sie fragten sich, ob sie vielleicht irgendwelche bösartigen Krankheiten schon in ihrem Körper hatten.
Schließlich sagte Ernie: »Vielleicht wurden wir verseucht und verfaulen jetzt langsam, aber eigentlich glaube ich das nicht. Schließlich werden in Shenkfield potentielle Waffen getestet. Und welchen Nutzen könnte eine Waffe haben, die den Feind jahrelang nicht tötet?«
»Überhaupt keinen«, musste Dom zugeben.
»Und wie«, fuhr Ernie fort, »sollte eine chemische Verseuchung jenes fantastische Erlebnis erklären können, das Sie in Lomacks Haus in Reno hatten?«
»Ich habe keine Ahnung«, erwiderte Dom. »Aber nachdem wir jetzt wissen, dass diese ganze Gegend unter dem Vorwand einer Giftpanne von der Außenwelt abgeriegelt wurde -ob dieser Unfall nun wirklich stattgefunden hat oder nicht -, ist meine Theorie von der Gehirnwäsche viel einleuchtender. Wissen Sie, bisher konnte ich mir nicht erklären, wie jemand uns hätte überwältigen und gegen unseren Willen tagelang hier festhalten sollen. Aber die Quarantäne verschaffte ihnen die Zeit, die sie benötigten, um uns etwas vergessen zu lassen, das wir gesehen hatten. Sie brauchten deshalb auch keine Entdeckung zu fürchten. Jetzt wissen wir wenigstens in etwa, mit wem wir es zu tun haben ... Die US-Armee, vielleicht in Zusammenarbeit mit der Regierung, vielleicht auch im Alleingang, hat versucht, etwas geheimzuhalten, was sich hier ereignet hat - etwas, das sie tat, aber nicht hätte tun dürfen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht mir jedenfalls ist bei dem Gedanken, es mit einem so mächtigen und gnadenlosen Feind zu tun zu haben, alles andere als wohl zumute - wobei das noch sehr milde ausgedrückt ist.«
»Ein ehemaliger Soldat wie ich neigt natürlich immer dazu, die Armee schlechtzumachen«, sagte Ernie. »Aber Teufel sind diese Leute denn doch nicht. Wir dürfen uns nicht zu der einfachen Schlussfolgerung hinreißen lassen, dass wir Opfer einer verruchten Verschwörung rechtsgerichteter Kreise geworden sind. Dieser Blödsinn bringt paranoiden Schriftstellern und Hollywood Millionen ein, aber in der realen Welt ist das Böse subtiler, nicht so leicht zu erfassen. Wenn Armee-oder Regierungsvertreter die Verantwortung für das tragen, was mit uns geschehen ist, so brauchen diese Leute nicht unbedingt unmoralische Motive gehabt zu haben. Vermutlich sind sie überzeugt davon, das einzig Vernünftige getan zu haben.«
»Aber ob es nun vernünftig war oder nicht«, sagte Faye, »wir müssen jedenfalls herausfinden, was damals tatsächlich geschehen ist. Wenn uns das nicht gelingt, wird Ernies Nyctophobie mit Sicherheit immer schlimmer werden. Und Ihr Schlafwandeln ebenfalls, Dom. Und was dann?«
Sie wussten alle, >was dann<.
>Was dann< war eine Gewehrmündung im Mund -jener Ausweg, den Zebediah Lomack gewählt hatte.
Dom starrte auf das Melderegister, das vor ihm auf dem Tisch lag. Vier Spalten unter seinem eigenen Namen fiel ihm plötzlich eine andere Eintragung ins Auge, die ihn elektrisierte. Dr. Ginger Weiss. Und eine Adresse in Boston.
»Ginger«, murmelte er. »Der vierte Name auf jenen Mondpostern.«
Cal Sharkle, der Fernfahrer aus Chicago, der Mann mit den Zombie-Augen auf dem Foto, hatte sich vor Dr. Weiss eingetragen. Die ersten Gäste an jenem Abend waren dem Register zufolge Mr. und Mrs. Alan Rykoff mit Tochter gewesen, und Dom wäre jede Wette eingegangen, dass das die junge Familie war, die jemand vor der Tür von Nr. 9 fotografiert hatte. Zebediah Lomacks Name stand nicht im Register vermutlich hatte er einfach das Pech gehabt, auf dem Weg von Reno nach Elko in der Imbissstube einzukehren. Einer der übrigen Namen konnte eventuell der des jungen Priesters auf dem anderen Polaroid-Foto sein, aber wenn dem so war, so hatte er ohne seinen geistlichen Rang unterschrieben.
»Wir werden uns mit all diesen Leuten unterhalten müssen«, sagte Dom aufgeregt. »Wir können gleich morgen früh damit beginnen, sie anzurufen, um herauszufinden, woran sie sich von jenen Julitagen noch erinnern.«
Chicago, Illinois
Durch seine eiserne Entschlossenheit und Hartnäckigkeit war es Brendan schließlich gelungen, Vater Wycazik dazu zu überreden, ihn am Montag allein nach Nevada reisen zu lassen, ohne Monsignore Janney im Schlepptau, der immer und überall nach Wundern Ausschau halten würde.
Um zehn nach zehn schaltete Brendan das Licht in
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