Schwarzer Mond: Roman
sie dort abschütteln und im Untergrund verschwinden können.
Am Montagmorgen nach dem Frühstück fuhren Dom und Ginger nach Elko, zur Redaktion des >Sentinel<, der einzigen Zeitung dieses Bezirkes. Elko, die größte Stadt des Verwaltungsdistrikts, hatte weniger als 10.000 Einwohner, und deshalb befanden sich die Büroräume der Zeitung auch nicht in einem funkelnden Glashochhaus, sondern in einem bescheidenen einstöckigen Betongebäude in einer ruhigen Straße.
Wie die meisten Zeitungen, so gewährte auch der >Sentinel< jedem Zugang zu seinem Archiv, der einen berechtigten Grund nennen konnte, wonach er in den alten Zeitungen suchte.
Trotz des finanziellen Erfolgs seines ersten Romans fiel es Dom immer noch schwer, sich irgendwo als Schriftsteller vorzustellen. Es hörte sich seiner Meinung nach anmaßend und hochstaplerisch an, obwohl er wusste, dass sein Unbehagen ein Relikt aus jener Zeit war, als er sein Licht ständig unter den Scheffel gestellt hatte.
Sein Name sagte der Empfangsdame, Brenda Hennerling, nichts, aber als er den Titel seines Romans nannte, den Random House vor wenigen Tagen an die Buchhandlungen ausgeliefert hatte, sagte sie: »Es ist das Buch des Monats im Bücher-Klub! Und Sie habe es geschrieben? Wirklich?«
Sie hatte es vor einem Monat bei der Literary Guild bestellt und gerade erhalten. Sie war, wie sie Dom und Ginger erzählte, eine eifrige Leserin, zwei Bücher pro Woche, und sie fand es wahnsinnig aufregend, einen richtigen Schriftsteller kennenzulernen. Ihre Begeisterung vergrößerte Doms Verlegenheit nur noch. Er war der gleichen Meinung wie Robert Louis Stevenson, der einmal gesagt hatte: >Wichtig ist die Geschichte, die gut erzählte Geschichte, nicht der Mann, der sie erzählte<.
Das Archiv des >Sentinel< war in einem schmalen, fensterlosen Raum untergebracht. Es gab zwei Schreibtische mit Schreibmaschinen, ein Mikrofilm-Lesegerät, ein Mikrofilmarchiv und sechs große Wandschränke, in denen jene Nummern der Zeitung aufbewahrt wurden, die noch nicht auf Mikrofilmen gespeichert worden waren. Die Betonmauern waren hellgrau gestrichen, auch die Deckenfliesen waren grau, und die Leuchtstoffröhren spendeten ein kaltes Licht. Dom hatte das seltsame Gefühl, als wären sie in einem Unterseeboot tief unter der Meeresoberfläche.
Nachdem Brenda Hennerling ihnen das Archivsystem erklärt und sich entfernt hatte, sagte Ginger: »Vor lauter Problemen vergesse ich ständig, dass Sie ein berühmter Autor sind.«
»Mir selbst geht es genauso«, sagte Dom, während er die Beschriftungen an den Wandschränken mit den alten Zeitungen studierte. »Aber berühmt bin ich natürlich keineswegs.«
»Sie werden es aber bald sein. Es ist wirklich ein Jammer - Sie können das Erscheinen Ihres ersten Romans gar nicht richtig genießen, weil wir in diese mysteriöse Geschichte verwickelt sind.«
Er zuckte die Achseln. »Es ist für uns alle kein Zuckerlecken. Für Sie steht beispielsweise Ihre ganze medizinische Karriere auf dem Spiel.«
»Ja, aber jetzt weiß ich, dass ich zur Medizin zurückkehren kann, sobald wir dieser Sache auf den Grund gekommen sein werden«, sagte Ginger, so als bestünde überhaupt kein Zweifel daran, dass sie über ihre Feinde triumphieren würden.
Dom wusste inzwischen bereits, dass Entschlossenheit und Zuversicht genauso ein Teil von ihr waren wie ihre blauen Augen.
»Aber dies ist Ihr erstes Buch!«
Dom hatte sich noch nicht von seiner Verlegenheit erholt, von der Empfangsdame wie ein berühmter Schriftsteller behandelt worden zu sein. Gingers freundliche, einfühlsame Worte ließen ihn noch stärker erröten, diesmal aber nicht vor Verlegenheit, sondern vor Freude darüber, dass sie an seinem Schicksal Anteil nahm. Noch nie hatte eine Frau derart starke Gefühle in ihm geweckt.
Gemeinsam suchten sie in den Schränken nach den in Frage kommenden Zeitungen. Das Mikrofilm-Lesegerät würden sie nicht benötigen, denn der >Sentinel< war mit der Speicherung zwei Jahre im Rückstand. Sie zogen die Ausgaben einer ganzen Woche des vorletzten Sommers, beginnend mit Samstag, dem 7. Juli, aus den Regalen und trugen sie zu einem der Schreibtische, wo sie nebeneinander auf zwei Stühlen Platz nahmen.
Obwohl das vergessene Ereignis, dessen Zeugen sie gewesen waren, die Giftkatastrophe und die Sperrung der I-80, am Abend des 6. Juli stattgefunden hatten, brachte die Samstagausgabe keinen Bericht über die Ausrufung des Notstands. Der >Sentinel< war in erster Linie eine
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