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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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den Händen verborgen. Er blickte nicht auf. Der andere Polizist erhob sich und stellte sich als Paul Armes, Wintons Kollege, vor. »Ich ... ich glaube, es ist besser, wenn Win es Ihnen selbst erzählt«, sagte er. »Ich lasse Sie mit ihm allein.« Er ging und schloss hinter sich die Tür.
    Das Schlafzimmer war klein und nur mit dem Bett, einem Nachttisch, einer Kommode und einem Stuhl möbliert. Vater Wycazik zog sich den Stuhl ans Fußende des Bettes heran und setzte sich Winton Tolk gegenüber. Ihre Knie waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.
    Während er seinen Schal abnahm, fragte Vater Wycazik: »Winton, was ist passiert?«
    Tolk schaute auf, und Stefan war erstaunt über seinen Gesichtsausdruck. Er hatte gedacht, dass das Geschehen im Wohnzimmer Tolk völlig aus der Fassung gebracht hätte. Aber im Gesicht des Mannes stand eine wilde Erregung geschrieben, eine Art Verzückung. Gleichzeitig schien er sich jedoch zu fürchten, und nur diese Verstörung hinderte ihn offenbar daran, vollkommen selig zu sein.
    »Vater, wer ist Brendan Cronin?«
    Das Zittern in der Stimme des Polizisten konnte entweder auf Angst oder auf mühsam verhaltene Freude hindeuten.
    »Was ist Brendan Cronin?«
    Nach kurzem Zögern entschied sich Stefan für die volle Wahrheit. »Er ist ein Priester.«
    Winton schüttelte den Kopf. »Aber uns hat man etwas anderes gesagt.«
    Stefan nickte seufzend und berichtete von Brendans Glaubensverlust und von der ungewöhnlichen Therapie, die er seinem Kaplan verordnet und zu der auch eine Woche Dienst in einem Streifenwagen der Polizei gehört hatte. »Man hat Ihnen und Ihrem Kollegen Armes verschwiegen, dass er Priester ist, weil Sie ihn sonst vielleicht anders behandelt hätten ... und auch, weil ich ihm peinliche Fragen ersparen wollte.«
    »Ein abgefallener Priester!« murmelte Tolk verblüfft.
    »Nicht abgefallen«, widersprach Stefan zuversichtlich. »Nur schwankend. Er wird zum Glauben zurückfinden.«
    Das Zimmer wurde nur von einem winzigen schmalen Fenster und einer schwachen Nachttischlampe erhellt, und der schwarze Polizist saß im Halbdunkel. Nur das Weiß seiner Augen bildete zwei helle Lichtpunkte.
    »Wie hat Brendan mich geheilt, als ich angeschossen wurde? Wie hat er dieses ... dieses Wunder vollbracht? Wie?«
    »Warum halten Sie Ihre Heilung für ein Wunder?«
    »Ich wurde zweimal in die Brust getroffen. Drei Tage später wurde ich aus der Klinik entlassen. Drei Tage! Nach zehn Tagen hätte ich ohne weiteres wieder arbeiten können, aber sie ließen mich zwei Wochen zu Hause bleiben. Die Ärzte redeten ständig über meine gute physische Verfassung und erklärten immer wieder, dass ungewöhnliche Heilungen möglich sind, wenn jemand körperlich topfit ist. Allmählich drängte sich mir der Gedanke auf, dass sie meine Genesung weniger mir als vielmehr sich selbst plausibel machen wollten. Aber ich glaubte immer noch, einfach großes Glück gehabt zu haben. Vor einer Woche nahm ich meine Arbeit wieder auf, und dann ... dann passierte etwas anderes.«
    Winton knöpfte sein Hemd auf und schob sein Unterhemd herauf, damit Stefan seine nackte Brust sehen konnte.
    »Die Narben!«
    Ein Schauder überlief Stefan. Er beugte sich vor und starrte fassungslos auf die Brust des Polizisten. Die Schusswunden waren nur noch kleine helle Kreise, und die Operationsnarben waren nur noch aus nächster Nähe als dünne Linien zu erkennen.
    So kurz nach einem großen Eingriff hätte das Fleisch noch geschwollen und leicht entzündet sein müssen, aber das kaum sichtbare Narbengewebe war weder runzelig noch vorgewölbt; es war wirklich nur noch ein schmaler hellbrauner Streifen auf der dunkelbraunen Haut.
    »Ich habe andere Männer mit alten Schusswunden gesehen«, sagte Winton, und seine Stimme verriet immer noch eine Mischung aus freudiger Erregung und Furcht. »Sehr viele. Sie haben hässliche dicke Narben. Wenn man zwei 38er Kugeln in die Brust abbekommt und operiert wird, sieht man drei Wochen später nicht so aus - nicht einmal Jahre später.«
    »Wann waren Sie zum letzten Mal bei Ihrem Arzt? Hat er das schon gesehen?«
    Winton knöpfte mit zitternden Händen sein Hemd zu. »Ich war vor einer Woche bei Dr. Sonneford. Die Fäden waren erst kurz vorher gezogen worden, und meine Brust sah damals noch schlimm aus. Erst in den letzten vier Tagen sind die Narben fast verschwunden Ich schwöre Ihnen, Vater, wenn ich lange genug vor einem Spiegel stehe, kann ich sehen, wie sie immer schwächer

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