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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Venen. Große Halsarterien. Das Blut spritzte heraus wie Wasser aus einem Schlauch, und am Hals kann man keine Aderpresse anlegen, und direkter Druck mit der Hand nützt nichts bei einer Schlagader. Scheiße, in so einem Fall ist man einfach machtlos! Ich kniete auf dem Boden neben dem Sofa, und ich sah, wie der kleine Hector starb. Er sah so klein aus, Vater, so furchtbar klein. Bei solchen Wunden stirbt man innerhalb von zwei Minuten, oft noch schneller, und er war doch noch so klein. Ich wusste, dass es nutzlos war, aber ich legte meine Hände auf seinen Hals, so als könnte ich irgendwie das Blut in seinem Körper halten, das Leben in ihm festhalten. Ich war zornig und krank vor Mitleid, es war einfach ungerecht, dass ein kleiner Junge auf diese grausame Weise sterben sollte, es war ungerecht, dass er überhaupt so früh sterben sollte, so ungerecht, und dann ... dann ...«
    »Dann wurde er geheilt«, sagte Vater Wycazik leise.
    Winton Tolk wandte seinen Blick endlich von dem grauen Licht hinter dem Fenster ab und sah Stefan in die Augen.
    »Ja, Vater. Er wurde geheilt. Alles war voll Blut, und er war nur noch Sekunden vom Tod entfernt ... aber er überlebte. Ich wusste nicht einmal, was da vorging, ich fühlte nichts ... nichts Besonderes in meinen Händen. Wäre es nicht naheliegend, dass ich wenigstens etwas Besonderes an meinen Händen hätte fühlen müssen? Aber ich merkte erst, dass etwas Unglaubliches vorging, als kein Blut mehr zwischen meinen Fingern hindurchfloss, und gleichzeitig schloss der Junge seine Augen, und da dachte ich, er wäre tot, und ich ... ich brüllte: >Nein! O Gott, nein!< Und ich nahm meine Hände von Hectors Hals, und ... und da sah ich, dass die Wunde ... dass sie sich geschlossen hatte. Sie sah immer noch grässlich aus ... ein tiefer Messerschnitt ... aber das Fleisch hatte sich zu einer grellen roten Narbe zusammengezogen ... einer heilenden Narbe!«
    Der große Mann verstummte, weil ihm die Tränen über die Wangen liefen. Er war völlig überwältigt. Wenn es Trauer gewesen wäre, so hätte er sie vermutlich unterdrücken können, aber dies war etwas noch Mächtigeres: Freude. Wilde, unbändige Freude. Er schluchzte wider Willen laut auf.
    Auch Stefan hatte Tränen in den Augen, als er dem Polizisten beide Hände entgegenstreckte.
    Winton ergriff sie und hielt sie auch fest umklammert, als er fortfuhr: »Paul, mein Kollege, hat es mit angesehen. Und die Mendozas auch. Und zwei andere Polizisten sind gerade eingetroffen, als wir Ernesto erschossen -sie haben es auch gesehen. Und als ich diese rote Linie auf seinem Hals sah, wusste ich irgendwie, was ich tun musste. Ich legte meine Hände wieder auf die Wunde, und ich dachte ganz intensiv, dass er leben sollte  - ich wünschte ihn sozusagen gesund. Ich ... mein Verstand arbeitete auf Hochtouren, und ich stellte die Verbindung zu Brendan und mir her, damals in der Imbissstube. Ich dachte auch daran, wie die Narben auf meiner Brust in den letzten Tagen immer schwächer wurden, und ich wusste, dass da ein Zusammenhang bestehen muss. Ich ließ also meine Hände auf seiner Kehle, und nach einer Minute oder so schlug er die Augen auf und lächelte mich an, und dieses Lächeln hätten Sie sehen müssen, Vater ... Ich nahm meine Hände weg, und die Narbe war schon heller geworden. Der Junge setzte sich auf und schrie nach seiner Mutter, und da ... da hab' ich dann einfach geheult.«
    Winton verstummte und holte tief Luft.
    »Mrs. Mendoza brachte Hector ins Bad und zog ihm die blutdurchtränkten Kleider aus und badete ihn, und währenddessen tauchten immer mehr Polizisten hier auf, weil die Sache unheimlich schnell verbreitet wurde. Gott sei Dank sind noch keine Reporter hier aufgekreuzt.«
    Eine Zeitlang saßen die beiden Männer schweigend da und hielten sich bei den Händen. Schließlich fragte Stefan: »Haben Sie versucht, Ernesto zu heilen?«
    »Ja. Trotz allem, was er getan hatte, habe ich meine Hände auf seine Wunden gelegt. Aber bei ihm hat es nicht geklappt, Vater vielleicht, weil er schon tot war. Hector war noch ein bisschen am Leben gewesen, aber Ernesto war tot.«
    »Haben Sie merkwürdige Male auf Ihren Handflächen gesehen? Rote Male geschwollenen Fleisches?«
    »Nein. Was hätten solche Ringe denn zu bedeuten gehabt?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Vater Wycazik. »Aber sie tauchen auf Brendans Händen auf, wenn ... wenn sich solche Dinge ereignen.«
    Wieder trat Schweigen ein, und dann fragte Winton: »Ist Brendan

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