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Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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darüber reden?«
    »Na klar.« Es war eine Lüge.
    »Mein Armer«, sagte sie und küsste mich.
    Ich stellte fest, dass die Wahnvorstellungen verschwanden, wenn sie mich ganz eng umschlang. Irgendwann begann die Chaiselongue sich bedrohlich zu neigen, und das Knirschen von splitterndem Holz war zu hören. Wir trennten uns eilig gerade so lange, wie ich brauchte, um ein paar Kissen auf den Boden zu werfen und eine Decke darüber zu breiten. Sie schob mich auf den Rücken, warf sich auf mich, und es war herrlich anstrengend und schweißtreibend, bis sie sich am Ende schlaff wie ein Fisch auf mich fallen ließ.
    »Seltsam«, sagte sie, nachdem sie wieder zu Atem gekommen war. »Früher bin ich wahnsinnig gern ausgegangen. Mit dir will ich einfach immer nur daheim bleiben.« Sie rollte sich von mir herunter und ließ ihre Hand über meinen Bauch gleiten. »Weißt du, worauf ich jetzt so richtig Lust hätte?«
    »Kuchen ist im Kühlschrank«, murmelte ich.
    Ich war schon wieder hart und dirigierte ihre Hand in die entsprechende Richtung.
    »Du bist ein schrecklicher Mann«, sagte sie und rüttelte einmal sanft daran, wie um zu prüfen, wie bereit ich war, dann stand sie auf, gab mir einen flüchtigen Kuss und tappte zum Kühlschrank. »Dieses japanische Zeug ist schön und gut. Aber ich glaube nicht, dass die eine Ahnung haben, wie man vernünftigen Kuchen macht.«
    Später lag ich erschöpft, aber schlaflos mit ihr unter der verglasten Dachschräge und beobachtete, wie der Regen über die Scheiben strömte. Simone schlief, den Kopf an meiner Schulter, ein Bein besitzergreifend über meine Oberschenkel gelegt und den Arm um meine Hüfte geschlungen   – als wollte sie sichergehen, dass ich nicht mitten in der Nacht das Weite suchte.
    Ich bin kein Casanova, aber bisher hat keine meiner Beziehungen länger als drei Monate gehalten. Lesley behauptete, meine Freundinnen hätten gespürt, dass ich an irgendeinem Punkt das Interesse an ihnen verlor, deshalb hätten sie mich immer zuerst in die Wüste geschickt. Nach meiner Erinnerung war das nie so, aber Lesley schwor, sie hätte nach meinem Liebesleben einen Kalender entwickeln können. Einen zyklischen, meinte sie, wie bei den Maya, der in Abstufungen punktgenau bis zum Desaster führte. In manchen Dingen war Lesley überraschend belesen.
    Andererseits, dachte ich, als ich so mit Simone dalag, selbst im schlimmsten Fall sind noch mindestens zwei Monate übrig. Währenddessen verlangte der Winkel meines Gehirns, der bis an mein Lebensende auf Polizist geprägt sein würde, eine Erklärung, wie ich sicher sein konnte, dass Simone nicht in den Jazzkiller-Fall verwickelt war. Schließlich war sie mit Cyrus Wilkinson zusammen gewesen. Aber Henry Bellrush hatte bis zu seinem Tod mit seiner Frau zusammengelebt. Und außerdem: Wenn Simone wirklich ein Geschöpf der Nacht war, das Jazzmusiker verführte und sie aussaugte, warum schlief sie dann mit mir, an dem das Talent meines Vaters, ja selbst dessen Musikgeschmack komplett vorübergegangen waren?Außerdem war sie auf keinem der Bilder von 1941 zu sehen.
    In der Ausbildung gibt es zu dieser Problematik sogar einen Kurs, in dem zugegebenermaßen die meisten nur vor sich hindösen, weil man da keinen Test oder eine schriftliche Hausarbeit machen muss. Ich erinnere mich aber noch an die Warnung des Dozenten, dass die natürlichen Instinkte eines Polizisten nur allzu leicht in unbegründete Paranoia umschlagen können. Das Leben ist unglaublich chaotisch, hatte er gesagt, und Zufälle gibt es am laufenden Band. Ich sagte mir: Wenn ich morgen früh immer noch misstrauisch bin, kann ich ja ihr Alibi für die verdächtigen Todesfälle im letzten Jahr überprüfen. Was legt einen besseren Grundstein für eine gesunde Beziehung als ein verschärftes Verhör am Frühstückstisch?
    Mit diesem Gedanken schlief ich ein. Und konnte nur hoffen, dass er kein schlechtes Omen gewesen war, als ich beim Aufwachen feststellte, dass Simone sich im ersten Morgengrauen davongeschlichen hatte, ohne mich zu wecken.
    Am Vormittag wurde ich ins John-Peel-Centre nach Hendon zitiert, zu einer »Nachbesprechung« mit zwei Beamten vom Direktorat für die Aufrechterhaltung der professionellen Standards. Sie fand in einem Konferenzraum bei Tee, Kaffee und der günstigen Keksmischung von Sainsbury’s statt, und alles lief höchst zivilisiert ab. Nachdem geklärt war, dass ich einen legitimen Grund hatte, mich auf dem fraglichen Stockwerk der

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