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Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Torpfosten zu markieren. Ich hielt hinter dem Tor wieder an, damit Nightingale einsteigen konnte, aber er zeigte auf eine Baumgruppe, hinter der der Zufahrtsweg verschwand. »Wir treffen uns vor dem Haus. Es ist nicht weit.«
    Das stimmte. Als ich um die Ecke bog, lag das Hauptgebäude der Schule direkt vor mir. Die Reifen des Jaguar knirschten auf dem Schotter, als ich anhielt. Ich stieg aus und schaute mich um.
    Es war fünfzig Jahre her, dass hier jemand gelebt hatte, und so sah es auch aus. Der Rasen und die Blumenrabatten waren von Brombeeren, Brennnesseln, Leinkraut und Wiesenkerbel überwuchert   – falls Sie sich jetzt wundern: die Namen lernte ich später   –, das Haus war grau verwittert, die großen Schiebefenster mit Brettern vernagelt. Aus irgendeinem Grund war ich auf etwas im gotischen Stil gefasst gewesen, aber es hatte eher etwas von einem Regency-Stadthaus, das irgendwie aufs Land entwischt war und sich rasch in alle Richtungen ausgedehnt hatte, bevor ein brutaler Architekt es einfangen und wieder in seine ursprüngliche enge Lücke zurückstopfen konnte. So verlassen es aussah, verfallen war es nicht. Die Regenrinnen waren frei von Unkraut, und einige Stellen auf dem Dach waren unübersehbar neu gedeckt worden.
    Toby kam angeflitzt, kläffte ein paarmal, um mich aufmerksam zu machen, und sauste dann schnurstracks in ein verwildertes Waldstück links von der Schule. Offenkundig war er im tiefsten Herzen ein Landhund. Nicht lange danach tauchte Nightingale auf.
    »Ich dachte, das Gebäude wäre vielleicht umfunktioniert worden«, sagte ich.
    »In was?«, fragte Nightingale.
    »Ich weiß nicht. Landhotel mit Konferenzcenter, Wellness-Spa, Promi-Entzugsklinik?«
    »Nein«, sagte Nightingale, nachdem ich ihm erklärt hatte, was eine Promi-Entzugsklinik war. »Das ganzeGelände ist noch immer Eigentum des Folly. Alle Renovierungsarbeiten werden durch die Pachteinnahmen aus der Landwirtschaft finanziert.«
    »Warum wurde es nicht verkauft?«
    »Nach dem Krieg war alles in großer Unordnung. Als die Verhältnisse geklärt waren, war ich der Einzige, der noch irgendeine offizielle Funktion innehatte. Die Schule eigenmächtig zu verkaufen wäre mir   … anmaßend vorgekommen.«
    »Sie hofften, man könnte sie irgendwann wiedereröffnen?«
    Nightingale verzog das Gesicht. »Ich habe versucht, so wenig wie möglich über sie nachzudenken.«
    »Das Land ist heute bestimmt einiges wert.«
    »Glauben Sie, es wäre eine Verbesserung, wenn man eine Promi-Entzugsklinik daraus machte?«
    Ich musste zugeben, dass das unwahrscheinlich war. Dann zeigte ich auf die große Eingangstür, die fest verrammelt und mit einem schweren Vorhängeschloss gesichert war. »Haben Sie dafür einen Schlüssel?«
    Nightingale grinste. »Jetzt schauen Sie mal gut zu, dann lernen Sie was.«
    Wir gingen zu einer Stelle links der Freitreppe, wo verborgen im hohen Gras ein paar schmale Stufen nach unten zu einer dicken Eichentür führten, die weder vernagelt noch mit einem Vorhängeschloss gesichert war. Eine Türklinke schien sie auch nicht zu haben.
    »Die Nachtpforte.« sagte Nightingale. »Sie wurde einst gebaut, damit die Lakaien geradewegs aus ihren Quartieren auf die Kutsche ihres Herrn springen konnten, noch ehe dieser die Treppe heruntergestiegen war.«
    »Wie schön war es doch im achtzehnten Jahrhundert.«
    »In der Tat. Aber zu meiner Schulzeit hatten wir eine andere Verwendung für sie.« Er legte eine Hand auf die Tür, ungefähr da, wo man das Schloss erwartet hätte, und murmelte leise etwas auf Latein. Ein Klicken und Scharren ertönte. Nightingale drückte gegen die Tür, und sie schwang nach innen.
    »Abends herrschte natürlich Ausgangssperre, und wir nichtswürdigen jungen Männer wollten raus, uns amüsieren. Aber es ist nicht so leicht, eine Ausgangssperre zu umgehen, wenn deine Meister die Geister von Erde und Luft persönlich auf dich hetzen können.«
    »Echt?«, fragte ich. »Die Geister von Erde und Luft?«
    »Das behaupteten sie wenigstens. Und ich für meinen Teil glaubte ihnen.«
    »Dann war es also nichts mit Amüsieren.«
    Nightingale erschuf ein Werlicht und trat durch die Tür. Um nicht ins Hintertreffen zu geraten, erschuf ich ebenfalls ein Werlicht und folgte ihm. Draußen bellte Toby, schien aber keine Lust zu haben, mit uns zu kommen. Unsere Werlichter beleuchteten einen kurzen, roh gemauerten Gang, der mich an die Dienstbotengänge unter dem Folly erinnerte.
    »Offiziell erst in der Prima«,

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