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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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Fahrer hatte es nicht für nötig befunden, ein Ticket zu lösen. Nun gut, dann würde er eben einen ordentlichen Aufpreis zahlen müssen.
    Sie tippte das Kennzeichen ein. Das Erfassungsgerät sendete es zusammen mit Straßenname, Datum und Uhrzeit an die Empfangszentrale, die es direkt an die Computer des Kraftfahrtbundesamtes in Flensburg weiterleitete. Dort wurde es mit der Kennzeichen-Datenbank verglichen.
    Münsters Anzeigegerät piepte nicht. Der Wagen war nicht als gestohlen gemeldet und das Kennzeichen ordnungsgemäß registriert. Alles in Ordnung. Dennoch hatte sie ein seltsames Gefühl, als sie den Wagen betrachtete. Er passte irgendwie nicht in das normale Bild falsch parkender Fahrzeuge, das sie sich in langjähriger Erfahrung gebildet hatte. Was war wohl mit diesem Wagen transportiert worden, |87| oder was sollte damit transportiert werden? Möbel? Diebesgut? Eine Leiche vielleicht? Einer spontanen Eingebung folgend, legte sie das Ohr an die rückwärtige Ladetür des Wagens. Das Metall war heiß von der Junisonne. Natürlich war aus dem Inneren nichts zu hören.
    Sie schüttelte den Kopf über sich selbst. Manchmal ging einfach ihre Phantasie mit ihr durch. Früher hatte sie immer davon geträumt, Kriminalkommissarin zu werden. Vielleicht sollte sie doch noch versuchen, den Krimi, den sie vor zwei Jahren begonnen hatte, fertigzuschreiben, statt hier wild herumzuspekulieren.
    Sie warf einen letzten Blick auf den Lieferwagen, bevor sie ihren Weg fortsetzte. Pünktlich um 17.00 Uhr erreichte sie das Ende des Parkbereichs in der Waldstraße. Ein Stück weiter begann der Sperrbezirk um das Bundesverfassungsgericht, in dem es keine Möglichkeit zum Falschparken gab. In der letzten Bucht stand ein Mercedes, dessen Ticket seit einer Dreiviertelstunde abgelaufen war. Sie überlegte, ob sie Gnade walten lassen sollte – immerhin war es schon nach Feierabend. Sie entschied sich dennoch dafür, ihre Pflicht zu erfüllen, und erfasste das Kennzeichen. Sie legte den Finger auf die Absenden-Taste.

|88| 12.
    »Bitte hör auf, hier so rumzuschreien!«, flehte Julia. Sie sah sich sorgenvoll um, doch die überwiegend jungen Menschen, die um sie herum in kleinen Gruppen den Rasen des Schlossparks bevölkerten, Ball spielten, Bier tranken oder einfach nur die Nachmittagssonne genossen, schienen sich nicht für sie zu interessieren.
    »Ich schreie überhaupt nicht!« Lothars helle Haut war mit roten Wutflecken gesprenkelt, so dass er aussah, als litte er an einer ansteckenden Krankheit. »Außerdem ist es mir scheißegal, ob uns jemand zuhört! Von mir aus kann ruhig jeder wissen, dass du fremdgegangen bist!«
    Tränen traten in Julias Augen. »Ich bin nicht fremdgegangen, Herrgott noch mal!«
    »Ach ja? Und wieso ruft dann dauernd dieser Carlo bei uns an? Und wieso hast du mir nicht gesagt, dass du vorgestern auf der Party warst? Und woher, bitte, kommt der Knutschfleck an deinem Oberschenkel?«
    Julia warf verzweifelt die Hände in die Luft. »Ich hab es dir schon dreimal gesagt: Carlo ist ein Kommilitone, mit dem ich mich aufs Staatsexamen vorbereite. Der Knutschfleck ist kein Knutschfleck, sondern ein blauer Fleck, weil ich mich am Küchentisch gestoßen habe, verdammt! Und ich muss dich ja wohl nicht um Erlaubnis fragen, wenn meine Freundin mich auf ihre Geburtstagsparty einlädt! Außerdem warst du an dem Abend gar nicht da!«
    »Das ist es ja gerade! Kaum bin ich mal weg, da amüsierst du dich schon!«
    »Verdammt, Lothar! Erwartest du etwa, dass ich zu Hause vor dem Fernseher hocke, sobald du mal einen |89| Abend nicht in der Stadt bist? Ich habe diese ewigen Eifersüchteleien so satt!«
    »Schrei mich nicht an!«
    »Ich schreie, wann es mir passt! Und eins sage ich dir …«

|90| 13.
    Ein vergittertes Fenster gab den Blick auf den Stadtgarten frei. Es war halb geöffnet, so dass Ben den Straßenlärm und vereinzelte Rufe der Tiere des benachbarten Zoos hören konnte.
    »So ein Scheiß!«, sagte er, mehr zu sich selbst als zu seinen Freunden, die deprimiert auf den Stühlen hockten. Der Raum sah eher aus wie das Wartezimmer eines Zahnarztes als wie eine Gefängniszelle. Es lagen sogar ein paar Zeitschriften auf dem Tisch. Doch die Tür war verschlossen, und es bestand kein Zweifel daran, dass sie in richtige Zellen gesteckt werden würden, sobald die Verhöre beendet waren. »Mein Jurastudium kann ich jetzt wohl abhaken!«
    Bens Stiefvater hätte wahrscheinlich gejubelt, wenn er gewusst hätte, dass Ben vorhatte,

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