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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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Politiker, der ebenso wenig über die Hintergründe wusste wie er selbst.
    Fabienne griff nach der Fernbedienung und schaltete das Gerät aus. »Wir sollten die Kinder schlafen legen«, sagte sie. »Wenn du willst, bleiben wir heute Nacht hier bei euch.«
    Nora nickte. »Ja, das wäre schön.«

|160| 35.
    Es war zum Verzweifeln. Nirgendwo war auch nur ein Platz für die Nacht in einer Scheune zu bekommen, von einem Hotelzimmer ganz zu schweigen. Corinna Faller hatte es bei mindestens zwanzig Pensionen in der Gegend versucht. Ihr würde wohl nichts anderes übrigbleiben, als in ihrer schmutzigen, feuchten Kleidung im Auto zu übernachten.
    Elli hatte sie vorhin mit Dirk Braun verbunden, der überraschend freundlich gewesen war. Er hatte sie für ihre Einsatzbereitschaft gelobt und sie gebeten, in der Gegend um Karlsruhe zu bleiben. Als ob Faller vorgehabt hätte wegzufahren!
    Es komme jetzt darauf an, über die Auswirkungen der Katastrophe auf die Betroffenen zu berichten, sagte er. Die schrecklichen Bilder seien durch das Fernsehen bereits ausgebeutet. Nun müsse die menschliche Dimension ausgeleuchtet werden, und das sei doch genau die Stärke der
Rasant
. Sie hatten vereinbart, dass Andreas, der Fotograf, morgen mit dem Auto nach Karlsruhe kommen würde. Er sollte sie irgendwo treffen, damit sie gemeinsam eine große Fotoreportage über die »Tränen von Karlsruhe« machten, wie Braun sich ausgedrückt hatte.
    Zähneknirschend hatte Faller eingewilligt. Was blieb ihr auch übrig? Sie war Augenzeugin der größten Katastrophe, die Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg heimgesucht hatte, aber sie war leider nicht die Einzige. Die Bilder, die sie mit dem Handy geschossen hatte, waren kein Vergleich zu den hochauflösenden Fotos aus Dutzenden von Hubschraubern und von etlichen Kamerateams, die sich Karlsruhe von allen Seiten genähert hatten. Da konnte sie einfach |161| nicht mithalten. Die aufregendste Story seit Jahrzehnten war ihr aus den Händen gerissen worden.
    Nun, sie würde das Beste aus der Situation machen. Aber jetzt musste sie erst mal irgendwie die Nacht rumkriegen. Sie fuhr in eine unbelebte Seitenstraße in irgendeinem Kaff nördlich von Karlsruhe und stellte den Wagen in eine Parkbucht. Sie griff nach dem Radio, um es auszuschalten, als eine Meldung sie innehalten ließ:
    »… schwarzen Regen. Ich wiederhole: Vermeiden Sie unbedingt den Regen, der in einem weiten Gebiet zwischen Karlsruhe und Heidelberg niedergeht. Dieser Regen ist hochgradig radioaktiv verseucht. Wenn Sie in dem betroffenen Gebiet wohnen, bleiben Sie zu Hause und halten Sie Fenster und Türen geschlossen. Wenn Sie mit dem Regen in Berührung gekommen sind, duschen Sie ausgiebig und kontaktieren Sie einen Arzt. Und nun schalten wir noch einmal zu unserem Korrespondenten nach …«
    Faller starrte auf ihre Hände. Sie waren voller schwarzer Flecken. Ihre ganze Kleidung war von dem Regen durchtränkt. Panik befiel sie. Sie wollte sich die Kleider vom Leib reißen, doch ihr wurde klar, dass das wenig nützen würde. Sie brauchte Hilfe, und zwar schnell.
    Ihr fiel ein, dass sie vorhin auf der Suche nach einem Quartier an einem Schild vorbeigekommen war, auf dem neben einem roten Kreuz »Auffanglager IV Bruchsal« gestanden hatte. Sie hatte sogar einen Moment überlegt, ob sie dort Unterschlupf suchen sollte, doch die Vorstellung, die Nacht in einem großen Gemeinschaftszelt mit Hunderten Flüchtlingen verbringen zu müssen, hatte sie abgeschreckt. Dann doch lieber allein im Auto übernachten.
    Wie dumm war sie nur gewesen, wie naiv! Jeder Trottel wusste doch, dass es nach einer atomaren Explosion radioaktiven Fallout gab. Und sie war die ganze Zeit durchtränkt von dem tödlichen Regen durch die Gegend gefahren und |162| hatte sich um nichts Sorgen gemacht als darum, ob sie die Nacht in einem weichen Bett verbringen würde!
    Sie ließ den Wagen an und raste zurück. In ihrer Panik bog sie falsch ab und fuhr einen Umweg, doch schließlich erreichte sie das Lager. Sie parkte den Wagen auf einem Acker und rannte zum Eingang des Lagers. Eine lange Menschenschlange stand vor einem großen Zelt mit einem roten Kreuz, über dem »Aufnahme« stand. Hubschrauber flogen über sie hinweg, landeten auf einer runden Grasfläche in der Nähe, um Verwundete auszuladen, und starteten sofort wieder, um in das Katastrophengebiet zurückzukehren und Platz für den nächsten Transport zu machen.
    »Lassen Sie mich durch!«, rief Faller und versuchte, sich

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