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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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nach den vielen Dummköpfen zu urteilen, die in diesem Feld glänzten. Aber es verriet mit Sicherheit eine psychologische Schwäche. Er würde Propp danach fragen. Servaz begann, den Psychologen sympathisch zu finden, trotz seiner schulmeisterhaften Art. Nachdem er seinen x-ten Kaffee getrunken hatte, verließ er den Raum, wo die Unterhaltung fortgesetzt wurde. Hinter ihm brach die Frau in lautes Gelächter aus. Ein künstliches Kichern, ohne Anmut, das ihn nervte.
    Vilmers Büro war nur ein paar Meter entfernt. Seine Sekretärin empfing Servaz mit einem freundlichen Lächeln.
    »Kommen Sie rein. Er erwartet Sie.«
    Servaz sagte sich, dass das nichts Gutes verhieß, und fragte sich gleichzeitig, ob Vilmers Sekretärin wohl irgendwann ihre Überstunden abfeierte. Vilmer war ein schlanker Typ mit sorgfältig gestutztem Spitzbart, einem tadellosen Haarschnitt und einem gespielten Lächeln, das wie ein hartnäckiger Herpes auf seinen Lippen klebte. Er trug immer das Nonplusultra an Hemden, Krawatten, Anzügen und Schuhen zur Schau, mit einer Schwäche für Schokoladen-, Kastanien- und Violetttöne. Servaz sah in ihm den lebenden Beweis dafür, dass es ein Dummkopf weit bringen konnte, wenn er andere Dummköpfe über sich hatte.
    »Nehmen Sie Platz«, sagte er.
    Servaz ließ sich in den schwarzen Ledersessel fallen. Vilmer wirkte ungehalten. Er stützte sein Kinn auf die gefalteten Hände und betrachtete ihn einen Moment lang schweigend mit einem Blick, der sowohl tiefgründig als auch tadelnd sein sollte. Mit dieser schauspielerischen Leistung hätte er in Hollywood keinen Oscar ergattert, und Servaz erwiderte den Blick mit einem leisen Lächeln, was den Oberkommissar in Rage brachte.
    »Finden Sie die Situation witzig?«
    Wie alle Mitarbeiter der Kriminalpolizeidirektion wusste auch Servaz, dass Vilmer sein ganzes Berufsleben hinter dem Schreibtisch verbracht hatte. Er hatte keinen Schimmer von der praktischen Polizeiarbeit »auf der Straße«, einmal abgesehen von einem kurzen Intermezzo im Sittendezernat zu Beginn seiner Laufbahn. Man munkelte, dass er damals die Zielscheibe des Spotts seiner Kollegen war.
    »Nein, Monsieur.«
    »Drei Morde innerhalb von acht Tagen!«
    »Zwei«, korrigierte ihn Servaz. »Zwei und ein totes Pferd.«
    »Wie weit sind Sie mit Ihren Ermittlungen?«
    »Wir ermitteln jetzt seit acht Tagen. Und wir hätten den Mörder heute Morgen beinahe geschnappt, aber er konnte entwischen.«
    »
Sie
haben ihn entwischen lassen«, stellte der Direktor klar. »Der Richter, Monsieur Confiant, hat sich über Sie beschwert«, fügte er sogleich hinzu.
    Servaz fuhr zusammen.
    »Warum das?«
    »Er hat sich bei mir und im Justizministerium beschwert. Dort hat man umgehend den zuständigen Referatsleiter im Innenministerium unterrichtet. Und der hat dann mich angerufen.«
    Er machte eine kurze Pause.
    »Sie bringen mich in eine sehr unangenehme Lage, Commandant.«
    Servaz war verdutzt. Confiant hatte einfach an d’Humières vorbei gehandelt! Der kleine Richter hatte keine Zeit verloren!
    »Entziehen Sie mir den Fall?«
    »Nein, natürlich nicht«, antwortete Vilmer, als wäre ihm das nicht einmal in den Sinn gekommen. »Außerdem hat sich Catherine d’Humières mit einer gewissen Beredsamkeit für Sie eingesetzt. Sie findet, dass Capitaine Ziegler und Sie gute Arbeit machen.«
    Vilmer zog die Nase hoch, als würde es ihn eine gewisse Überwindung kosten, solche Dummheiten zu wiederholen.
    »Aber ich warne Sie: Dieser Fall wird von ganz oben sehr aufmerksam verfolgt. Wir sind im Auge des Zyklons. Im Moment ist alles ruhig. Aber wenn Sie scheitern, wird das nicht ohne Folgen bleiben.«
    Servaz musste lächeln. Dem Anschein zum Trotz machte sich Vilmer in seinem schicken kleinen Anzug ins Hemd. Denn er wusste ganz genau, dass die »Folgen« nicht nur die Ermittler treffen würden.
    »Das ist eine sehr heikle Geschichte, vergessen Sie das nicht.«
    Wegen eines Pferdes,
dachte Servaz.
Die interessieren sich für das Pferd.
Er unterdrückte seine Wut.
    »Ist das alles?«, fragte er.
    »Nein. Dieser Typ, das Opfer, Perrault, hat Sie doch telefonisch um Hilfe gebeten?«
    »Ja.«
    »Warum Sie?«
    »Keine Ahnung.«
    »Haben Sie nicht versucht, ihn davon abzubringen, auf den Berg zu fahren?«
    »Dazu hatte ich keine Zeit.«
    »Was ist mit dieser Geschichte von den Selbstmördern? Besteht da überhaupt ein Zusammenhang?«
    »Im Moment wissen wir das noch nicht. Aber Hirtmann hat so etwas angedeutet, als wir ihn

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