Schwarzer Sonntag
einen weiteren schmutzigen kleinen Krieg verwickeln ließen. Seit Indochina ist man dagegen verständlicherweise allergisch. Den Franzosen erging es damals genauso. Ich wäre gar nicht überrascht, wenn die El-Fatah in Paris zuschlüge, falls die Franzosen uns Mirage-Bomber lieferten. Aber wie dem auch sei, wenn die Sache hier passiert, werden sich die arabischen Regierungen zum hundertstenmal von der El-Fatah distanzieren, und Gaddafi wird der El-Fatah noch ein paar weitere Millionen Dollar schenken. Die Vereinigten Staaten können es sich gar nicht leisten, zu lange auf die Araber wütend zu sein. Es klingt furchtbar, aber die Amerikaner werden nur zu gern der El-Fatah die alleinige Schuld zuschieben. Es kann gar nicht anders sein, dazu braucht Amerika zuviel Öl.
Wenn es den Arabern gelingt«, fuhr Tell fort, »und wenn wir versucht hätten, sie daran zu hindern, stünde es nicht ganz so schlecht für uns. Wenn wir aufhören zu helfen und die Araber haben Erfolg, dann haben wir dennoch die Schuld, selbst wenn wir die Hilfe nur auf Ersuchen des State Department eingestellt haben. Die Amerikaner wollen übrigens die Russen nicht um Geheiminformationen aus dem Nahen Osten bitten, sagen sie. Das State Department teilte uns die Neuigkeit mit, daß es im Nahen Osten ständig Spannungen zwischen Ost und West gebe. Aus diesem Grund könne einer derartigen Bitte unmöglich entsprochen werden. Sie wollen den Russen gegenüber nicht eingestehen, daß die CIA die Informationen nicht selbst beschaffen kann. Aber es war trotzdem richtig, daß Sie diesen Schritt vorschlugen, David. Und dann ist da noch etwas.« Tell gab Kabakov ein Telegramm vom Hauptquartier des Mossad. »Man hat es Ihnen auch nach New York geschickt.«
In dem Telegramm stand, Muhammad Fasil sei einen Tag nach Kabakovs Kommandounternehmen in Beirut gesehen worden. Auf der Wange habe er eine ganz ähnlich Wunde gehabt wie Mustafa Fawzi, der Erste Offizier der Leticia, sie beschrieben hätte.
»Muhammad Fasil«, sagte Tell ruhig. »Der Allerschlimmste.«
»Ich werde nicht...«
»Warten Sie, warten Sie, David. Wir müssen jetzt absolut offen miteinander reden. Kennen Sie beim Mossad oder anderswo irgend jemanden, der sich vielleicht besser für diese Sache eignet als Sie?«
»Nein, Exzellenz.« Kabakov wollte sagen, wenn er nicht in Beirut das Tonband gefunden hätte, wenn er Fawzi nicht in die Mangel genommen hätte, wenn er nicht die Kabine auf dem Schiff durchsucht hätte, wenn er nicht die Schiffsbücher geprüft und Muzi überrumpelt hätte, würde man überhaupt noch nichts wissen. Er sagte aber nur: »Nein, Exzellenz.«
»Dann wären wir uns ja einig.« Tells Telefon klingelte. »Ja? Fünf Minuten, sehr gut.« Er wandte sich wieder Kabakov zu. »Major Kabakov, würden Sie sich bitte im Konferenzraum im zweiten Stock melden? Und es wäre vielleicht ganz gut, wenn Sie vorher Ihren Schlips zurechtrückten.«
Kabakov fühlte sich von seinem Kragen beengt. Er hatte das Gefühl, man würge ihn, und er blieb vor dem Konferenzraum stehen, um sich wieder in die Gewalt zu bekommen. Vielleicht würde ihm der Militärattaché gleich den Abberufungsbefehl vorlesen. Wenn er dem Mann ins Gesicht schrie, würde er schon gar nichts erreichen. Aber was hatte Tell gemeint, als er sagte, dann sind wir uns ja einig? Wenn er nach Israel zurück mußte, dann würde er dem Befehl folgen, aber die Guerillas in Syrien und im Libanon würden dann allen Grund haben zu wünschen, er wäre in den Vereinigten Staaten geblieben.
Kabakov öffnete die Tür. Der schmächtige Mann am Fenster wandte sich um.
»Kommen Sie doch herein, Major Kabakov«, sagte der israelische Außenminister.
Nach einer Viertelstunde war Kabakov wieder unten in der Halle und unterdrückte mühsam ein Lächeln. Ein Wagen der Botschaft brachte ihn zum National Airport. Zwanzig Minuten vor der Abflugszeit der Maschine nach Tel Aviv, Flug 601, traf er am El Al-Terminal auf dem Kennedy International Airport ein. Bei der Abfertigung erwartete ihn lächelnd Margaret Leeds Finch von der New York Times. Während er sein Gepäck abgab und durch die Detektorschleuse ging, stellte sie ihm Fragen. Er antwortete ebenso höflich wie einsilbig. Ihren Presseausweis schwenkend, folgte sie ihm auf den Flugsteig hinaus und blieb bis zum Einstieg an seiner Seite. Erst hier wurde sie höflich, aber bestimmt von Sicherheitsbeamten der El Al aufgehalten. Kabakov ging durch die Erste-Klasse-Kabine und dann durch die Touristenklasse nach
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