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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Schörner wartete auf weitere Informationen, doch Brandt schwieg.
    »Ist das alles, Herr Doktor?«
    »Noch nicht, Schörner. Diese Angelegenheit mit den britischen Fallschirmen. Sie haben die Lage doch unter Kontrolle, oder? Ich will auf keinen Fall, daß etwas unseren normalen Ablauf durcheinanderbringt, so kurz vor dem Test.«
    »Herr Doktor, Sturmbannführer Beck und ich glauben, daß die Fallschirmspringer es auf den Peenemündekomplex abgesehen haben. Das meiste der empfindlichen Raketenausrüstung ist bereits nach Polen oder in den Harz geschafft worden, um es außer Reichweite der alliierten Bomber zu bringen; aber vielleicht wissen die Alliierten das ja nicht. Beck hat einen großen Teil seiner Leute zwischen hier und Peenemünde verteilt. Wenn diese Kommandos aus irgendeinem Zufall versuchen sollten, in unsere Fabrik einzudringen, werden meine Leute sie erwischen, und zwar bevor sie auch nur in Sichtweite kommen können.«
    »Sorgen Sie dafür, Sturmbannführer.«
    Schörner schlug wieder die Hacken zusammen.
    Brandt legte die Zigarette weg, rückte die Brille zurecht und blickte auf das Papier hinunter, das er gelesen hatte, als Schörner hereingekommen war. »Noch eins, Sturmbannführer. Wenn ich das richtig sehe, haben Sie Hauptscharführer Sturm unter Arrest gestellt?«
    Schörner richtete sich steif auf. »Das ist richtig, Herr Doktor.«
    »Warum?«
    »Der Hauptscharführer hat einen Vorfall angezettelt, der den Tod von Rottenführer Grot und auch den der Kapo des jüdischen Frauenblocks, einer Frau Hagan, zur Folge hatte.«
    »Und seine Motive?«
    »Ich glaube, daß seine Motive etwas mit Diamanten zu tun haben, Herr Doktor. Sturm hat die Gewohnheit, Gefangene auszuplündern, sobald sie aus den besetzten Gebieten hierhergebracht werden. Ich habe ihn schon einmal verwarnt, aber er hat sich diese Warnung offenbar nicht zu Herzen genommen.«
    »Plünderung ist eine sehr ernsthafte Angelegenheit, Sturmbannführer.« Brandt sah Schörner wieder über die Brille hinweg an. »Der Reichsführer selbst hat dafür die Todesstrafe ausgesetzt.«
    »Das ist die Grundlage für meine Maßnahme, Herr Doktor.«
    »Als ich jedoch aus Berlin zurückgekommen bin«, sagte Brandt und trommelte mit den Fingern auf den Schreibtisch, »habe ich einen Brief auf meinem Tisch gefunden, der eine etwas andere Version der Ereignisse schildert.«
    Schörner spürte, wie ihm das Blut in die Wangen stieg. »Ist dieser Brief unterzeichnet, Herr Doktor?«
    Brandt lächelte, aber das Lächeln ähnelte mehr einer Grimasse. »Allerdings. Von vier Unteroffizieren. Dieser Brief enthält ebenfalls einige sehr schwerwiegende Vorwürfe. Anklagen, die gegen Sie gerichtet sind, Sturmbannführer. Anklagen, die auf eine Verletzung der Nürnberger Gesetze anspielen.«
    Schörner zuckte noch nicht einmal. Er wußte, daß Brandt sich hier selbst auf dünnem Eis bewegte. »Ich bin bereit, mich vor einem SS-Gericht allen Anklagen zu stellen, die Sie für angebracht halten, Herr Doktor.«
    Sofort hob Brandt beschwichtigend die Hand. »Immer mit der Ruhe, Sturmbannführer. Ich glaube nicht, daß es dazu kommen wird. Trotzdem wäre es vielleicht besser, wenn Sie Sturm gegen sein Ehrenwort freilassen würden. Es wäre das Beste für das Korps. Sie verstehen schon. Das letzte, was wir jetzt gebrauchen können, ist ein Haufen SD-Leute, die hier jeden Stein umdrehen und unter jedes Bett sehen.«
    Schörner überkam ein nicht zu unterdrückendes Gefühl von Ekel. Es würde ihn nicht überraschen, wenn Sturms Kameraden in ihrem Brief auch indirekt auf Brandts Perversionen angespielt hätten. Aber er bekämpfte seinen Widerwillen. »Wie Sie meinen, Herr Doktor.«
    »Ich bin sicher, daß Hauptscharführer Sturm seinen Irrtum eingesehen hat.« Brandt schlug mit beiden Händen auf den Tisch. »Wir wollen unsere Kraft auf den bevorstehenden Test verwenden, Sturmbannführer. Die Stunde des Schicksals ist nah.«
    Schörner schlug ein letztes Mal die Hacken zusammen und marschierte hinaus.
    Jonas Stern bewegte sich rasch zwischen den Bäumen hindurch. Der Neuschnee machte seine Schritte fast unhörbar.
    Er ging den Hügel hinauf, nachdem er den Hof verlassen hatte, weg von Dornow, in Richtung der Umspannstation - zu den Gaskanistern. Zweimal hatte er Patrouillen gehört, die kaum 30 Meter an ihm vorbeigefahren waren, aber es war nicht schwer gewesen, ihnen auszuweichen. Normalerweise verriet das rote Glühen oder der Geruch von Zigaretten die SS-Leute. Eine halbe Stunde,

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