Schwarzer Tod
überlassen.«
Stern lachte bitter auf. »Wir können sie auch nicht mitnehmen. Smith war da recht eindeutig. Das Unterseeboot wird sie nicht an Bord nehmen. Sie kennen die Briten.«
»Jeder auf sich allein gestellt, was Stern?« McConnell schüttelte angewidert den Kopf. »Das war von Anfang an ihr Stil, hab' ich recht?«
Stern stieß die Tür auf. »Keine Sorge, Doktor. Ich bringe Sie in Ihr warmes, kleines Labor zurück, selbst wenn ich dabei draufgehen sollte. Ich möchte, daß Sie Smith erklären, warum Sie Ihr geheiligtes Prinzip nicht verletzen konnten, um die Invasionstruppen der Alliierten zu retten.« Er hielt kurz inne.
»Ich wünschte, Sie müßten es auch Ihrem toten Bruder erklären.«
McConnell stürzte sich auf ihn, doch Stern ging einfach hinaus und schloß die Tür hinter sich. Als McConnell sie erreichte und aufriß, war Stern schon in der Dunkelheit verschwunden.
Wolfgang Schörner knallte zackig die Hacken zusammen, als würde er auf dem Exerzierplatz Meldung erstatten. Vor ihm, an einem pedantisch aufgeräumten Schreibtisch, saß Doktor Klaus Brandt. Der Kommandant von Totenhausen war vor einer Stunde aus Berlin zurückgekehrt. Er hielt einen Brief in der Hand, den er gelesen hatte, als Schörner eingetroffen war. Jetzt musterte er den Sturmbannführer über die randlose Lesebrille hinweg.
»Sie wollten mich sehen, Herr Doktor?« sagte Schörner.
Brandt spitzte die Lippen, als grübele er über einer komplexen Diagnose. Schörner fühlte wieder dieses Unbehagen, wie immer in Brandts Gegenwart. Und das lag nicht nur an den Perversionen des Mannes. Nach vier Jahren Dienst an der Front war Schörner es satt, von Männern umgeben zu sein, die sich mehr um ihre Karriere denn um das Überleben des Reiches kümmerten. Es deprimierte ihn zu wissen, daß Klaus Brandt sicherlich nach dem Krieg Millionär sein würde, ganz gleich, ob Deutschland den Krieg gewann oder verlor. Gleichzeitig würden die Stacheldrähte an den Grenzen des Vaterlandes mit den Leichen von Männern wie ihm, Schörner, gespickt sein. Dennoch war Brandt ironischerweise einer der wenigen Männer, die möglicherweise die Mittel für den Sieg Deutschlands in Händen hielten.
Nach einer ganzen Weile, die Schörner wie eine Ewigkeit vorkam, sagte Brandt: »Sie haben gehört, daß Reichsführer Himmler dem Führer die Wirkung von Soman IV demonstrieren will, nicht wahr?«
Schörner nickte. »In drei Tagen, richtig?«
»Korrekt. Ich habe soeben erfahren, daß Erwin Rommel ebenfalls zugegen sein wird.«
Schörner war sehr überrascht. Dabei war es natürlich vollkommen logisch. Hitler hatte Rommel soeben zum Oberkommandierenden des Atlantikwalls gemacht. Es oblag jetzt der Verantwortung des Wüstenfuchses, die Alliierten auf den französischen Stranden zu vernichten.
»Soll die Demonstration immer noch auf dem Testgelände Raubhammer durchgeführt werden, Herr Doktor?«
Brandt schnüffelte gereizt. »Ja. Der Test wird in drei Tagen stattfinden. Die Raubhammer-Ingenieure haben endlich einen leichten Schutzanzug entwickelt, der einen Mann sowohl vor Sarin als auch vor Soman schützen kann.«
Schörner sah ihn erstaunt an. »Diesen Anzug würde ich gerne sehen, Herr Doktor.«
»Ich auch, Schörner. Und das werden wir auch. Sie schicken drei oder vier davon zur Inspektion hierher.« Brandt nahm eine dünne Zigarette aus einem goldenen Kästchen auf seinem Schreibtisch und zündete sie mit effeminierten Bewegungen an. »Diese Demonstration verspricht ein richtiges Spektakel zu werden.« Er lehnte sich zurück und blies den Rauch zur Seite. »Gefangene des Konzentrationslagers Sachsenhausen werden in erbeutete britische Uniformen gesteckt und sollen über einen nachgemachten Strand angreifen, der mit Soman besprüht worden ist, und SS-Freiwillige sollen diesen Strand verteidigen. Sie tragen die neuen Anzüge. Das sollte man sich nicht entgehen lassen. Es wird eine angemessene Belohnung für all unsere harte Arbeit sein.«
»Und eine verdiente, Herr Doktor.«
»Allerdings, Sturmbannführer. Der Reichsführer glaubt, daß diese Demonstration endlich die irrationale, wenn auch ziemlich verständliche Abneigung des Führers gegen chemische Waffen beseitigen kann.«
Brandt hielt die Zigarette mit den Zähnen, während er die manikürten Fingernägel seiner linken Hand betrachtete. »Das wird eine weitere Feder an Himmlers Hut, Schörner. Und Himmler weiß, wie man Treue belohnt.«
»Das ist mir durchaus bewußt, Herr Doktor.«
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