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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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beginnt 60 Meilen weiter östlich. Berlin liegt 100 Meilen im Süden.«
    Stern nickte ungeduldig. Das alles war ihm seit seiner Kindheit vertraut.
    »Das Dorf, aus dem das Lager seine Vorräte bezieht, heißt Dornow. Es liegt drei Meilen nördlich«, fuhr Smith fort und deutete mit dem Finger auf die Landkarte. »Es sind zwar deutsche Truppen in der Nähe, aber keine Eliteeinheiten außer in Totenhausen.«
    »Was ist in Totenhausen?«
    »150 SS-Männer der Totenkopfverbände.«
    »Die Totenkopfverbände«, murmelte Stern.
    »Genau. Und laut diesen Berichten ist das eine besonders widerliche Bande. Der Kommandant ist ein Arzt namens Brandt, ein SS-Gruppenführer und genialer Chemiker. Man findet nicht viele Gelehrte in den Reihen der SS, aber Brandt ist einer. Der höchste Sicherheitsoffizier im Lager ist Sturmbannführer Wolfgang Schörner. Interessanterweise Bt er kein Nazi.« Als Smith Sterns verwirrte Miene bemerkte, fuhr er fort: »Das ist nicht so ungewöhnlich, wie Sie vielleicht glauben. Früher einmal wurde die SS bei internen Machtkämpfen der Nazis von einigen als potentieller Feind der Partei angesehen. Schörner ist das, was unter alten >SS-Kämpfern< als >reiner Soldat< bezeichnet wird. Nur ein Soldat. Das bedeutet, daß er kein übermäßig loyaler Parteifanatiker ist. Er hat in Rußland unter Paul Hausser gekämpft, einem der wenigen SS-Offiziere mit ordentlichem militärischem Hintergrund. Bei Kursk hat er ein Auge verloren.«
    Stern war von Smiths profunder Kenntnis beeindruckt und warf ihm einen fragenden Blick zu.
    »Die Frage ist, warum Schörner überhaupt da ist«, sagte Smith. »Der Rest dieser Truppen sind ehemalige Einsatzgruppenschlächter oder ganz normale Konzentrationslagerwachen. Ich glaube eher, daß Schörner dort als Spion für die Wehrmacht eingeschleust worden ist. Dem OKW gefällt es nicht, daß Himmler ein Monopol über so mächtige Waffen wie Sarin und Soman besitzt. Ich glaube, die Generäle wollten einen SS-Offizier in Totenhausen, der sie auf dem laufenden hält. Schörners älterer Bruder ist ein hohes Tier in Kesselrings Stab in Italien. Unser Wolfgang ist aufgrund seines Auges von der russischen Front abgezogen worden und brauchte einen Job. Verstehen Sie, worum es geht?«
    »Ist ja nicht schwer zu begreifen«, erwiderte Stern. »Schörner spioniert die SS für die Wehrmacht aus. Wieviel Internierte hat Totenhausen?«
    »Sehr wenig. Die Zahl schwankt zwischen zwei- und dreihundert Gefangenen, was von der Häufigkeit der Gastests abhängt.«
    »Also werden wir 300 unschuldige Menschen opfern, um halb soviele SS-Männer umzubringen?«
    »Nein. Wir opfern 300 todgeweihte Gefangene, um Zehntausenden von Soldaten der alliierten Invasionstruppen das Leben zu retten.«
    »Ist das eine Frage der Perspektive?«
    »Alles ist im Krieg eine Frage der Perspektive, Stern. Für Major Dickson sind Sie ein blutrünstiger Terrorist. Für Ihre eigenen Leute sind Sie ein Held.«
    »Und was bin ich für Sie, General?«
    Smith lächelte kalt. »Nützlich. Kommen wir wieder zum Geschäft. Totenhausen ist von Dornow durch einige bewaldete Hügel getrennt. Es sind übrigens die einzigen Hügel in der ganzen Gegend. Das Lager schmiegt sich an ihre Ostseite und ans nördliche Ufer der Recknitz. Die Bäume wachsen direkt bis an den elektrischen Zaun. Sie sollen das Lager vor Luftaufklärung verbergen.«
    Smith zog eine bearbeitete Fotografie aus der Kartenrolle. Sie zeigte eine Nahaufnahme von den Hügeln, das Dorf Dornow im Norden, und wurde durch ein ausführliches Diagramm des Lagers Totenhausen selbst ergänzt, das sich auf dem südlichsten Hügel erstreckte.
    »Was ist das da auf dem mittleren Hügel?« fragte Stern.
    »Das ist die elektrische Umspannstation. Sie ist der Schlüssel zu dem ganzen Projekt.«
    »Müssen wir sie sprengen? So etwas habe ich schon gemacht.«
    »Nein. Wir wollen, daß die Lichter bis zur letzten Sekunde brennen. Sehen Sie her.« Smith deutete mit seinem Pfeifenstiel auf sechs parallele Linien, die das Kraftwerk mit dem Lager verbanden. »Das sind die Hochspannungsleitungen, die das Lager und die Fabrik mit Strom versorgen. Sie führen direkt vom Kraftwerk auf dem Hügel ins Lager. Die ganze Strecke der Leitungen beträgt 700 Meter, bei einem Gefälle von 29 Grad. In der Nacht, bevor Sie hineingehen, wird ein britisches Kommandoteam acht Zylinder mit britischem Nervengas an einem Kabel des Pfeilers befestigen, der dem Kraftwerk am nächsten steht. Die Zylinder hängen an

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