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Schwarzer Tod

Titel: Schwarzer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Sturm ständig wegen der Sicherheit. Das heißt, wenn er nicht betrunken ist. Er kriegt seine Leute einfach nicht dazu aufzupassen. Wir sind mitten in Deutschland. Sie sehen keine Gefahr.«
    »Gibt es denn Gefahr?«
    Frau Hagan zuckte mit den Schultern. »Schörner hat Angst vor alten Gespenstern. Russischen Gespenstern, denke ich.«
    Sie lachte leise. »Aber für ihn könnte die Gefahr auch da draußen auf dem Spielfeld lauern.«
    Nachdem er sich kurz mit Schörner beraten hatte, ging Oberscharführer Gauss ins Tor und ließ Schörner auf der Stürmerposition spielen. Innerhalb von zwei Minuten war klar, daß Schörner kein Amateur war. Er eroberte zweimal den Ball und lief allein das Feld entlang; nur die rauhe Taktik von Sturms Männern konnte ihn stoppen. Sturms Leute waren besonders geschickt darin, »zufällig« über den Ball zu treten und kopfüber in den Mann zu fallen. Jedoch zum Entzücken beider Mannschaften forderte Schörner keinen Freistoß, den er mit seinem höheren Rang zweifellos hätte erzwingen können, sondern spielte nur noch härter.
    »Treten Sie ihnen in den Hintern, Sturmbannführer!« schrie Gauss fröhlich in seinem Tor.
    Es gelang Schörner, den Ball ein drittes Mal zu erobern. Mit vorgetäuschter Gelassenheit lief er über den Exerzierplatz, wich Sturms braun gekleideten Männern aus und ließ den Ball auf seiner Stiefelspitze tanzen. Er flankte einmal, bekam den Ball aber postwendend zurück. Anscheinend glaubte seine Mannschaft, daß er die besten Chancen habe, ein Tor zu erzielen.
    Schörner wurde immer schneller, je näher er dem Tor kam. Jetzt war nur noch ein Mann vor ihm, ein untersetzter Unterscharführer, aber von hinten näherten sich bereits die anderen. Da Schörner nur ein Auge hatte, war sein Sichtfeld erheblich eingeschränkt. Er konnte sich glücklich schätzen, daß die beiden Männer, von denen einer Hauptscharführer Sturm war, sich von der linken Seite her näherten. Die rechte Seite mußte er sich selbst überlassen.
    Geschickt umspielte Schörner den Unterscharführer und ließ ihn verwirrt mitten auf dem Feld stehen, was ihm einige Lacher einbrachte. Aber Hauptscharführer Sturm und ein massiger Soldat näherten sich ihm noch immer von links. Der Torwart kauerte in Erwartung des Schusses mit ausgebreiteten Armen auf der Torlinie. Schörner holte aus, nahm aber in letzter Sekunde dem Tritt den Schwung.
    Der Ball rollte nur zwei Meter weiter und blieb liegen.
    Schörner bückte sich plötzlich, pflanzte beide Füße fest in den Boden und schob die linke Schulter vor. Er erwischte Hauptscharführer Sturm mit voller Wucht in der Leiste. Als Sturm vernehmlich die Luft ausstieß, wurde es schlagartig still auf dem Platz, so daß man gut hören konnte, wie der Hauptscharführer mit dem Rücken auf den Boden schlug. Die anderen Verfolger blieben verblüfft stehen, während Schörner zum Ball lief, und ihn an dem Torhüter vorbeidrosch, so daß er mit vernehmlichem Knall in der Munitionskiste landete.
    Gauss' Mannschaft schrie laut Beifall, obwohl sie noch immer darüber erstaunt waren, daß der Sturmbannführer beschlossen hatte, Sturm eine Dosis seiner eigenen Medizin zu verabreichen. Schörner grinste, als hätte er sich niemals besser gefühlt, und ging zu Sturm, der nach wie vor nach Luft schnappend auf dem Boden lag. Er reichte ihm die Hand. Der Hauptscharführer schlug sie zwar nicht aus, weigerte sich aber, sie anzunehmen; seine Wut war klar erkennbar. Schörner drehte sich um, winkte Oberscharführer Gauss, ging zurück zur Kommandantur und zog sich die Jacke wieder an.
    Frau Hagan schüttelte den Kopf. »Dafür wird Schörner eines Tages bezahlen«, bemerkte sie.
    »Aber er ist Sturmbannführer«, erwiderte Rachel. »Sturm ist nur ein Hauptscharführer.«
    »Das spielt keine Rolle. Fast alle Männer sind Sturm loyal. Du hast die Uniformen gesehen. Sie gehören alle zu den Totenkopfverbänden. Schörner kommt von einer anderen Einheit, der Division Das Reich. Die haben überall gekämpft, in Frankreich und in Rußland. Sturm und seine Männer haben nie etwas anderes gesehen als unbewaffnete Gefangene. Schörner verachtet sie, und sie hassen seinen Mut.«
    »Vielleicht bringen Sie sich ja gegenseitig um«, sagte Rachel. »Dann können wir nach Hause gehen.«
    Als die Glocke die Verteilung der Mittagsrationen ankündigte, nahm Rachel Jan und Hannah mit zur Küche, wo eine Russin wäßrige Suppe und ein bißchen Brot verteilte. Sie nahm auch Frau Hagans Schüssel

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