Schwarzes Gold Roman
Stimmung hatte ins
Führerhäuschen Einzug gehalten. Sie lachten nicht mehr. Freddy Bogen zog ein
Päckchen Petterøe’s Rote Mischung aus der Tasche und drehte sich eine
Zigarette und kurbelte das Fenster halb hinunter. Er zündete die Zigarette an,
inhalierte, hielt den Rauch.
»Mein Vater hat ihn gefunden. Er saß in seiner Küche auf
einem Stuhl. Am Vortag war er mit dem Fahrrad ins Krankenhaus gefahren. Sechzig
Kilometer.«
»Aber woran ist er gestorben?«
»Etwas Angeborenes, irgendein Fehler im Gehirn, die Ärzte
sagen, es sei ein Wunder, dass er überhaupt so lange gelebt hat. Eigentlich
hätte er schon am Tag seiner Geburt sterben müssen, oder in der Woche danach.
Angeblich lebt nur einer von Hundert mit so einem Defekt länger als zwei
Jahre. Martin, der Schuft, ist sogar siebzig geworden!«
Anders betrachtete Freddys Cowboyprofil und dachte: Das
entscheidet alles. Ich fahre nach Pamplona.
Aftenposten, 15. März 1983
Landstad neuer Aufsichtsratsvorsitzender der Spenning
AS
Der ehemalige Wirtschaftsminister Ulf Landstad übernimmt den
Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden der Firma Spenning AS. Er löst damit
Georg Spenning ab, der aber nach wie vor dem Aufsichtsrat treu bleibt. »Darin
liegt keinerlei Dramatik«, sagt Spenning und weist darauf hin, dass sämtliche
Aufsichtsratsmitglieder einstimmig gewählt werden. »Ich sehne mich nach
ruhigeren Tagen und kann versichern, dass der Aufsichtsratsvorsitz in den
besten Händen ist.«
29
Auf Ulrikkes Schulfest hatten die Schüler zur Unterhaltung
ein Theaterstück aufgeführt – und zwar noch vor der obligatorischen
Grillparty mit schlappen Würstchen und geräucherten Koteletts; wo Eltern
schmachten, während die Kinder ziellos herumspringen, und niemand eigentlich
begreift, warum man sich Jahr für Jahr durch ein Ritual quält, das weder
Eltern, Kinder noch Lehrer sonderlich schätzen. Ulrikke spielte die gute Fee,
die von einem zwei Jahre älteren Jungen, dem zukünftigen Kronprinzen, auf den
Mund geküsst wurde. Bette Line Sachs musste der Grillparty an einen Liegestuhl
gefesselt beiwohnen. Sie war im Überschwang des Augenblicks, den sie mit ihrer
Kamera verewigte, umgeknickt. Im Chaos vor der Bühne, wo eine ausdauernde
Meute schwitzender, rangelnder und nahezu hysterischer Eltern um einen Platz
kämpfte, damit sie ein Foto von ihrem Kind mit dem Thronfolger machen konnten,
stand Bette Line Spenning wie Napoleon, mit erhobener Kamera, an vorderster
Front. In der Sekunde, nachdem das Blitzlicht aufleuchtete, bekam sie den
knallharten Ellenbogen einer anderen Mutter in die Seite. Sie trat falsch auf,
knickte um und musste daher das obligatorische Grillwürstchen im Liegestuhl zu
sich nehmen – mit einem Eisbeutel um den Knöchel. Sie war noch nie so
glücklich gewesen.
Für Erling hatte der Tag mit einer Diskussion über Fisch
begonnen. Plesner, der großes Vertrauen in die Seewirtschaft setzte, hatte
Anteile einer neuen Lachsaufzuchtstation in Møre erworben. Nun stellte er am
Telefon eine etwas eigenwillige Frage:
»Erling, willst du eine Kiste Fisch haben?«
»Eine Kiste Fisch?«
»Guter Lachs. Liegt auf Eis. Deine Frau braucht ihn nur noch
in die Kühltruhe zu räumen. Bessere Frischwaren kriegst du auf der ganzen
Welt nicht, taufrisch aus Møre.«
»Ja, aber eine ganze Kiste?«
»Du musst mir aus der Klemme helfen. Dieser Torbjørn,
Torbjørn Vika, der ist ja vollkommen verrückt. Ich habe nur gefragt, ob ich
mal ein bisschen probieren dürfte, ein Schwanzstück oder so, dachte ich. Und
dann kommt da ein LKW mit Zuchtlachs. Ein ganzer LKW. Hab den ganzen Mist eben
in der Fischhalle verkauft, die waren ganz heiß darauf, solche Frischware
hatten sie noch nie gesehen. Ich zähl gerade mein Geld – aber ein paar
Kisten hab ich noch für gute Freunde aufgehoben. Und du bist der Erste, den
ich anrufe.«
»Lass dich nicht veräppeln, Terje. Das ist Bestechung.
Torbjørn Vika füttert dich mit fettem Fisch und hofft, dass du wegen der
Defizite in den ersten fünf Jahren ein bisschen Gnade walten lässt.«
»Du weißt doch, wie das ist, Erling, ein Unternehmen fährt
erst nach dem dritten Konkurs wirklich Geld ein. Aber das habe ich
mitberechnet. Was ist denn nun, willst du den Fisch oder nicht?«
»Sag Huseby, er soll ihn zu mir nach Hause bringen.«
Am selben Tag kam ein besonderer Brief für Per Ole. Es
handelte sich um einen braunen A4-Umschlag. Lange stand er da, betrachtete das
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