Schwarzes Gold Roman
zuzukleben. Das erinnerte ihn an etwas. Seine
Gedanken schweiften zu einem Schlafsaal, tosendem Gelächter und brennender
Scham. Er wandte sich vom Fenster ab und riss den Umschlag auf. Er las:
Lieben Sie Ihre Frau?
Ole Gunnar Huseby erzählte gerade, mit wem der Schauspieler
Toralv Maurstad ein Kind bekommen hatte, als Erling Sachs bei Lise
hereinschaute, wo die beiden saßen und rauchten.
»Ole Gunnar, ich habe ein Problem«, sagte Erling und warf
den Kopf zurück.
»Aha?« Huseby stand auf, zwinkerte und schnitt Lise eine
kleine Grimasse, dann folgte er Sachs.
Im Büro bot Erling ihm einen Platz an. Ohne Einleitung sagte
er: »Ich habe einen anonymen Brief bekommen. Der Verfasser behauptet, dass
Bette Line, meine Frau, ein Verhältnis hat.«
Die beiden starrten einander an. Huseby schluckte.
»Was möchten Sie, dass ich tun soll?«
»Finden Sie heraus, ob diese Informationen stimmen.«
»Dann müssen Sie mir erst sagen, was Sie wissen.«
Sachs schob einen kleinen Umschlag über den Tisch. »Ein
Brief, anonym natürlich.«
Huseby fummelte den Brief aus dem Umschlag. Er war mit blauem
Kugelschreiber auf billigem, liniertem Papier geschrieben.
»Würde mal annehmen, dass die Frau oder Freundin von diesem
Typ das geschrieben hat«, sagte Sachs. »Die Behauptung lautet, Bette Line
hätte ein Verhältnis mit einem Physiotherapeuten. Einem Ausländer. Aslan
Shah. Naja. Bette Line ist zwar verrückt, aber ich bezweifle, dass sie so
verrückt ist. Sie hat heute übrigens einen Termin bei ihm.« Erling sah auf
die Uhr. »In zwei Stunden, die Praxis ist in der Roald Amundsens Gate 5.«
Wieder einmal dankte Huseby dem Schicksal. Er hatte es noch
keine Sekunde bereut, dass er seinerzeit den Schritt gewagt hatte und diesem
Mann gegenübergetreten war. Er lächelte in sich hinein und befand, dass er
den spannendsten Job der Welt hatte. Er zündete sich eine neue Zigarette an
und las, die Kippe im Mundwinkel, den Brief ganz durch. Der blaue
Zigarettenrauch strich ihm über die Wangen, dann legte er das Blatt weg und
fasste seinen Chef ins Auge. »Irgendwas, das ich berücksichtigen
müsste?«
»Nichts.«
Huseby sagte: Ȇberlassen Sie das mir. Ich kenne einen, der
einen kennt und so weiter.«
Erling senkte beruhigt die Lider.
Huseby ging hinaus. Im Flur traf er Lise und gab ihr einen
Klaps auf den Po, dann verschwand er die Treppe hinunter, den Bauch vor sich
herschiebend.
Ein paar Stunden später klingelte das Telefon auf Erlings
Schreibtisch.
»Sieht so aus, als wäre an der Geschichte was dran«, sagte
Huseby. »Können Sie reden?«
»Es stimmt also. Ganz sicher?«
»Hundert Prozent. Ich habe hier ein paar Bilder.
Messerscharf. Da ist zwar eine Markise, die einen Teil verdeckt, aber es
besteht kein Zweifel daran, was da passiert. Wenn nicht gerade Ihre Frau die
Hauptrolle spielte, könnten sie Ihnen gefallen.«
»Kommen Sie sofort mit den Bildern hierher.«
»Sind Sie sicher?«
»Natürlich. Was wissen Sie über den Mann?«
»Er ist Inder. Mit einer Norwegerin verlobt. Sie arbeitet
Teilzeit als Sekretärin im Wirtschaftsministerium und ist wenig attraktiv, um
es diplomatisch auszudrücken. Sie wohnen zusammen in Ammerud. Hochhaus. Shah
und äh, Ihre Frau gehen ihrem Verhältnis mindestens einmal pro Woche in einer
Kammer nach. Ich schätze, es war seine Frau, die Ihnen den Tipp gegeben
hat.«
Erling sah nachdenklich auf die Straße hinaus.
Huseby räusperte sich. »Ist es gestattet, meine Meinung zu
sagen?«
»Spucken Sie’s aus.«
»Es geht hier um, verzeihen Sie meine Wortwahl, einen
verdammten Paki, der hier bei uns geduldet wird. Der ist so sicher wie eine
Weihnachtsgans im Advent. Seine Praxis ist staatlich subventioniert. Er kann
sich nicht einmal erlauben, im falschen Augenblick zu husten. Der Mann hat sich
so gut wie selbst erledigt. Soll ich mich drum kümmern?«
»Nein«, sagte Erling. »Das mache ich selbst.« Es wurde
still am Telefon. »Was ist mit den Bildern?« »Wie ich gesagt habe. Bringen
Sie sie her, die Negative auch.«
Später, es war inzwischen halb acht und alle waren nach
Hause gegangen, wählte Erling Aslan Shahs Telefonnummer. Eine müde
Frauenstimme antwortete.
»Guten Tag, hier spricht Erling Sachs. Ich würde gerne mit
Aslan Shah sprechen.«
Stille. Dann wurde die Verbindung unterbrochen.
Erling starrte aufgebracht in den Telefonhörer, dann seufzte
er und wählte die Nummer noch einmal. Es klingelte lange. Endlich
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