Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Kopf und drehte sich langsam zu ihnen um. Kelland prallte zurück. Die Augen des betagten Gelehrten waren vollständig schwarz wie Kugeln aus poliertem Obsidian. Tintendunkle Flüssigkeit tröpfelte heraus und lief ihm über die Wangen.
    »Ja«, erwiderte Gethel. Seine Worte waren leicht vernuschelt. Das Innere seines Mundes glänzte so schwarz wie seine Augen. »Ja, ich habe diesen Namen getragen.«
    Der Dornenlord vollführte eine kleine Geste, so schnell, dass Kelland sie beinah übersehen hätte. Seine Stimme wurde schärfer, herrischer, erfüllt von Magie. Der Ritter spürte, wie in der Feuergrube ein Hauch von Winter an ihm vorbeistrich. »Was habt Ihr hier getan? Sagt uns alles.«
    Gethel zuckte zusammen. Schwarze Tränen krochen ihm über die Wangen. Er leckte sie mit einer ebenholzfarbenen Zunge ab, einer Zunge, die so dünn und so lang war wie die einer Schlange. »Alles …«, wiederholte er und richtete den Blick seiner leeren Augen auf den Dorn. »Alles zu erzählen, würde eine lange Zeit dauern.«
    »Ihr seid hierhergekommen, um Schwarzfeuerstaub zu studieren, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Was habt Ihr erfahren?«
    »Er ist … mächtig. Eine große Macht.« Gethel kratzte sich den Hinterkopf. Die verwelkte Haut teilte sich wie nasses Papier, und ein farbloses Stück Knochen fiel von seinem Schädel herab. Er wischte es geistesabwesend weg und entblößte so ein blutleeres Loch, das mit schwarzem, bröseligem Sand gefüllt war. »Magie ohne die Götter. Ich kenne endlich das Geheimnis. Ein hoher Preis … Oh, ein hoher Preis … aber es ist mein.«
    »Armer Narr«, murmelte Bitharn. Niemand sonst schien sie zu hören.
    »Welcher Preis?«, bedrängte Malentir ihn.
    »Hingabe. Solche Hingabe. So … schwer zu akzeptieren für jene, die schwachen Willens sind. So viele, die mir hätten helfen sollen, haben sich gegen mich gewandt. Sie waren neidisch. Gierig. Ängstlich. Man hat sich um sie gekümmert, ja, ich habe mich um sie gekümmert. Verräter. Ungeheuer, die uns auf den Fersen waren. Tote Dinge, die in den Tiefen lauerten. Viele meiner treuen Gehilfen haben sich selbst hingegeben, um mir Zeit zu erkaufen. Aber es war nicht vergeblich. Nicht vergeblich. Ich habe die Antworten gefunden. Ich habe die Wahrheit gefunden.«
    »Und was ist mit ihnen?«, unterbrach Kelland. »Was ist mit Euren ›Gehilfen‹ passiert? Sind einige davon noch am Leben?«
    Gethel richtete seine blinden, schwarzen Augen auf den Ritter. Sein Blick war abstoßend; als Kelland ihm begegnete, hatte er das Gefühl, mit Schmutz übergossen zu werden. »Ja. Einige wenige.«
    »Wo sind sie?«
    »In der Werkstatt.« Er hob eine knorrige Hand mit langen Fingernägeln und deutete auf das Knochenlabyrinth hinter ihm. »Der sicherste Ort. Geweiht. Auch Ungeheuer kommen hierher … aber in diesem Fall kann man mit ihnen fertig werden.«
    »Was ist mit den Celestianern, die vor uns hierher gekommen sind?«, fragte Kelland. »Zwei Frauen. Habt Ihr sie gesehen?«
    »Nein. Nur Ungeheuer sind hierher gekommen. Nur Ungeheuer.«
    »Was macht Ihr mit dem Schwarzfeuerstein?«, mischte Malentir sich ungeduldig ein.
    »Er ist … er kann eine Waffe sein. Ein ruhmloser Gebrauch von Magie, ich weiß. Aber notwendig, um meinem Gönner sein Geld zurückzuzahlen. Ohne ihn hätte ich niemals die Gelegenheit gehabt … also werde ich ihm die Schätze schicken, die er wollte, die Waffen, die meine Former gefertigt haben … und wenn er genug hat, wenn er fertig ist, werde ich meine Forschungen auf ihre wahren Zwecke richten. Weisheit und die Verbesserung der Welt.«
    Verachtung verhärtete die aristokratischen Züge des Dorns. »Wer ist dieser Gönner? Was für Waffen habt Ihr gefertigt, und wohin habt Ihr sie geschickt?«
    »Ich kann es Euch nicht verraten«, flüsterte Gethel kopfschüttelnd. Aus dem Loch in seinem Schädel ergossen sich schwarze Körner über seine Schultern. Er befeuchtete eine runzlige Fingerspitze an den Lippen, tupfte sie auf und leckte an dem Sand wie ein verhungernder Mann, der Brotkrumen verzehrt. »Ich habe einen Eid geleistet. Ich kann Euch seinen Namen nicht verraten.«
    »Jemand ist hier schwer gestürzt«, murmelte Bitharn leise Kelland zu. Sie neigte unauffällig ein Ende ihres Bogens Richtung Boden. »Zerbrochenes Glas. Auf dem Boden verschüttete Kräuter. Vor nicht allzu langer Zeit.«
    Er verzichtete darauf, selbst hinabzublicken, weil er nicht wollte, dass Gethel begriff, was Bitharn gesehen hatte, aber er nickte zur