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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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zurück?«
    »Was? Oh, den mit der schiefen Sonne darauf, die grün geworden ist? Du hast gesagt, du wärst froh darüber, ihn loszuwerden. Wie dem auch sei, ich brauche einen Behälter. Oder einen weiteren Becher, wenn du einen hast.«
    »Ich habe keinen. Was ist so Besonderes an dieser Blume? Selbst ich weiß, dass es ein Schneeglöckchen ist.«
    »Sieh dir die Blätter an. Die Wurzeln.« Evenna spreizte vorsichtig die Finger und strich Schmutz von der Knolle des Schneeglöckchens.
    Asharre brauchte einen Moment, bis sie sah, was Evenna meinte. Die Blätter, die der glockenförmigen Blüte am nächsten waren, sahen aus wie breite Grashalme, genau wie die Schneetropfen aus Asharres Kindheit. Diejenigen weiter unten waren jedoch breiter und hatten dicke rötliche Adern. Sie ähnelten Händen, die man flach, mit offener Handfläche, dem Himmel entgegenstreckte. Die Knolle war ebenfalls deformiert: Nicht wie sonst eine glatte Kugel mit papierdünner Haut, sondern knotig und wulstig, wie eine Faust, die man in die Erde gestoßen hatte. Ihre Haut war blauschwarz und nass von Fäule, und sie schälte sich von der Knolle wie die Haut bei einem Leprakranken. Außerdem haftete ihr der Geruch von Verwesung an.
    »Oh, es ist ein krankes Schneeglöckchen«, sagte Heradion.
    »Es ist nicht krank.« Evenna schloss die Hände um die Knolle. Asharre war seltsam erleichtert, dass die Pflanze nun nicht mehr zu sehen war. »Es ist eine Bettlerhand. Und gleichzeitig ist es auch ein Schneeglöckchen, das sich in eine Bettlerhand verwandelt. Eine Pflanze, die sich in eine andere verwandelt! So etwas habe ich noch nie gesehen.«
    »Wo habt Ihr das Ding gefunden?« Colison war unter seiner geröteten Haut erbleicht.
    »Weiter vorn. Die Felswände kommen ein wenig herab. In den Spalten, wo die Steine heruntergefallen sind, wachsen einige Dinge.« Evenna sah ihn an, plötzlich zweifelnd. »Soll ich das hier besser nicht behalten?«
    »Nein, nein. Schon gut. Es ist in Euren Händen zweifelsohne sicherer als dort, wo es vorher war. Wo habt Ihr die Pflanze gefunden? War es eine Lichtung? Habt Ihr am Rand verrostete Speere gesehen?«
    Evenna schüttelte den Kopf. »Der Pfad ist nicht viel breiter geworden. Es ist nur so, dass die Wände ein wenig abfielen. Ich würde es nicht als Lichtung bezeichnen. Soll ich es Euch zeigen? Es ist nicht weit.«
    »Das wird nicht nötig sein.« Colison legte die Hände an den Mund und rief zu den Wagen vor ihnen: »Jassel! Wir haben eine Bettlerhand gefunden! Sag es weiter!«
    Er ließ die Hände sinken und nickte den dreien kurz zu, wieder ganz der tüchtige Führer. »Meine Damen, mein Herr. Wenn Ihr mich entschuldigen wollt, ich mache mich am Besten wieder an die Arbeit. Eine Ermahnung: Dieses Wasser, das ich Euch habe mitnehmen lassen – trinkt es. Rührt nichts an, was Ihr hier in der Nähe fließen seht, und schmelzt den Schnee nicht. Lasst eure Tiere nichts von dem fressen, was hier wächst. Gebt ihnen nur das Heu, das Ihr bei Euch habt, es sei denn, Ihr habt Lust, diese Wagen selbst zu ziehen.«
    Mit diesen Worten trottete Colison davon, um nach dem letzten Wagen zu sehen, und sie blieben verwirrt zurück.
    »Was sollte das denn?«, fragte Heradion.
    Evenna zuckte die Achseln. Sie hatte irgendwo einen Teekessel gefunden und war damit beschäftigt, ihn mit Sand zu füllen, wobei ihr die Hälfte davon durch die Finger rieselte. Um mit dem Wagen Schritt zu halten, musste sie traben. Das Schneeglöckchen fiel auf ein Stück fleckiges Leinen neben ihr. »Die Legenden sind voller Warnungen vor der Bettlerhand. Tatsächlich ist die Pflanze nicht gefährlicher als Mutterkorn oder Stechapfel. Giftig, aber nicht magisch. Sie sieht wenig einnehmend aus und hat keinen glücklichen Namen, daher glauben die Abergläubischen, sie trüge das Mal von Maol.«
    »Seine Furcht war mehr als Aberglaube«, wandte Asharre ein. »Was tut diese Pflanze?«
    »Wenn man sie verdaut, führt sie zu einem Delirium. Fieber. Einige, die sie aßen, haben behauptet, sie hätten Dämonen in der Luft tanzen sehen, oder sie sagen, sie hätten kichernde Kobolde gehört, die ihnen befohlen hätten, Unfug zu treiben. Die Visionen verblassen für gewöhnlich nach einigen Stunden. Der Patient ist dann noch ein oder zwei Tage geschwächt, und das ist alles. Einige Leute sind gestorben, nachdem sie ganze Knollen gegessen hatten, aber der Geschmack ist so widerlich, dass das nur selten geschieht. Man kann nur eine begrenzte Menge versehentlich zu

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