Schwarzkittel
dass wir es mit einem Verrückten zu tun haben, der alle Ärzte, die mit den Pseudokruppfällen in Verbindung stehen, umbringen will.«
Ich hatte es geschafft, er war zum zweiten Mal sprachlos. Wieder dauerte es lange, bis er eine Reaktion von sich gab.
»Ich glaube, an Ihrer Hypothese ist was dran. Jetzt läuft es mir wirklich kalt den Rücken hinunter. Können Sie in der Klinik ein paar Personenschützer abstellen?«
»Mal sehen, was ich machen kann. Wir stehen mit unseren Ermittlungen bekanntlich ganz am Anfang.
Bitte halten Sie sich zur Verfügung, falls wir weitere Fragen haben sollten.« Stumm vor sich hinnickend, ging er des Weges.
Die ganzen Gespräche hatten sich bisher im Flur abgespielt. Ich beschloss, endlich in das Büro zu gehen. Auch das noch, dachte ich, als ich Staatsanwalt Borgia erkannte, der gerade einem der Spurensicherer Anweisungen gab.
»Da haben Sie Ihre zweite Leiche«, fuhr er mich grußlos an und deutete auf ein großes Leinentuch.
»Einen schönen guten Morgen, Herr Borgia«, begrüßte ich ihn im Gegenzug, doch er winkte mürrisch ab.
»Lassen Sie mich mit dem Unsinn in Ruhe, Palzki. Ich wüsste nicht, was an diesem Morgen schön und gut sein sollte. Mein Magengeschwür ist kurz vor dem Platzen.«
»Ich könnte Ihnen ein gutes Krankenhaus empfehlen«, ärgerte ich ihn.
»Kümmern Sie sich lieber um Ihre Toten. Hoffentlich ist das die letzte Leiche.« Mit diesen Worten verließ er, wiederum grußlos, den Raum. Neben mir und dem Toten waren jetzt nur noch zwei Spurensucher anwesend, die im Moment Unterlagen aus den Bücherregalen sicherstellten. Ich holte tief Luft und zog das Leinentuch zur Seite. Der Assistenzarzt lag neben einem Schwingsessel auf dem Boden. Seine Beine waren seltsam verkrümmt, sein linker Arm hatte sich in den Chromteilen des Sessels verhakt. Der Einschusskanal lag direkt über der Nasenwurzel. Er musste im Stehen erschossen worden und anschließend über den Sessel gefallen sein, schlussfolgerte ich. Sein Gesichtsausdruck wirkte ver wundert, um nicht zu sagen erschrocken. Mir fiel auf, dass er unrasiert war. Er schien es heute Morgen sehr eilig gehabt zu haben, in die Klinik zu kommen.
Mein nüchterner Magen rebellierte. Um ein Unglück zu verhindern, deckte ich die Leiche schnell wieder ab.
»Alles klar«, nickte ich den Kollegen zu. »Die Leiche kann, wenn ihr mit Eurer Arbeit fertig seid, abtransportiert werden.«
Kaum hatte ich das Büro verlassen, kam Dietmar Becker auf mich zu. Na ja, vielleicht hatte er wichtige Informationen für mich.
»Kommen Sie, Herr Becker, ich lade Sie in die Cafeteria ein. Ist das in Ordnung?«
»Selbstverständlich, Herr Palzki, gegen ein zweites Frühstück habe ich nichts einzuwenden.« Er schaute mich von der Seite an. »Ist vermutlich Ihr erstes heute?«
Ich nickte und wollte mich gerade in Bewegung setzen, als mir einfiel, dass ich keine Ahnung hatte, wo in diesem Krankenhaus das Café zu finden war. Zum Glück kam gerade eine Schwester vorbei, die uns aufforderte, den Aufzug neben Windeisens Büro ins erste Obergeschoss zu nehmen und dann immer in Richtung Station 8/9 zu gehen. Hinter dem Treppenhaus würde es rechts abgehen und kurz darauf links in einen Gang. Dann könnten wir es nicht mehr verfehlen. Das mit dem Aufzug gelang uns. Doch waren keine Hinweisschilder auf die Station 8/9 zu finden. ›Nur‹ viermal mussten wir Pfleger und Patienten nach dem Weg fragen. Knapp dem Hungertod entgangen, wurden wir schließlich fündig. Es war sogar noch am selben Tag.
Die Cafeteria war hell möbliert und wirkte freund lich. Vermutlich wegen der frühen Morgenstunde und des Rauchverbots waren nur sehr wenige Tische belegt. Vielleicht lag es aber auch daran, dass das Café bis jetzt außer uns niemand gefunden hatte. Ich fragte den Studenten, was er frühstücken wollte und bestellte dann zweimal Kaffee und ein Tablett voller Croissants. Ich persönlich mochte diese unendlich krümelnden Dinger nicht so sehr, doch der Einfachheit halber hatte ich mich Becker angeschlossen.
Nachdem wir uns die ersten Kalorien einverleibt hatten und der Tisch mit Teigfetzen übersät war, begann unsere Unterhaltung.
»Jetzt legen Sie mal los, Herr Becker. Wie kam es, dass Sie Sebastian Windeisen gefunden haben?«
»Das ist ganz einfach zu erklären. Er hat mir gestern Abend eine E-Mail geschickt und angefragt, ob ich heute früh um 8 Uhr bei ihm sein könnte. Er hätte wichtige Informationen für mich.«
»Haben Sie die E-Mail noch?
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