Schwarzkittel
zuckte getroffen zusammen und sackte etwas in seinen schweren Ledersessel ein. Seine Selbstsicherheit hatte einen deutlichen Knacks bekommen.
»›Croupison‹? Was meinen Sie damit? Das ist, soviel ich weiß, ein neues hochwirksames Medikament gegen Pseudokrupp. Wieso fragen Sie danach?«
»Wissen Sie, wer dieses Mittel herstellt?«
»Keine Ahnung, ich kann aber nachschauen lassen, wenn es Sie interessiert.«
»Nicht nötig, der Hersteller ›Neomedi‹ ist mir schon bekannt.«
»Und was wollen Sie mir damit sagen?«
»Ganz einfach, Herr Professor Zynanski. Wir haben drei Todesfälle im Zusammenhang mit Pseudokrupp. Und in allen drei Fällen wurden die Kinder mit ›Croupison‹ behandelt.«
»Aha, das ist wirklich interessant. Meinen Sie, dass es da irgendwelche Zusammenhänge gibt? ›Croupison‹ wird doch bestimmt tausendfach verordnet.«
Meine nächsten Fragen hatte ich gut vorbereitet. Jetzt würde er Farbe bekennen müssen oder ich hatte mich geirrt. »Eben nicht, Herr Professor. Wir haben inzwischen festgestellt, dass es sich um ein ganz neues Medikament handelt, das bisher nur in ganz wenigen Praxen verschrieben wurde.«
Zynanski sackte noch ein Stückchen tiefer in seinen Sessel. »Was hat das alles zu bedeuten, Herr, äh, Palzki?«
»Das ist bei weitem nicht alles, Herr Professor Zynanski. Wir wissen darüber hinaus, dass das ›Croupison‹ hier an der Kinderklinik verordnet wurde und Sie, ja Sie, Herr Professor, das Verbindungsglied zwischen der ›Neomedi AG‹ und den Kinderärzten hier im Umkreis sind.«
Ich sah es sofort an der Reaktion, ich hatte einen Volltreffer gelandet. Mein Gegenüber sah wie ein Häufchen Elend aus. Stumm nickte er eine Zeit lang vor sich hin, bevor er zu irgendeiner Antwort fähig war.
»Sie haben natürlich recht, Herr Palzki. Meinen Glückwunsch, das haben Sie schnell herausgefunden.
Doch ich muss Sie enttäuschen. Diese Geschichte hat absolut nichts mit dem Tod von Dipper und Windeisen zu tun.«
»Sind Sie sich da sicher? Und wie sieht es mit dem Tod der drei Kinder aus?«
»Den bedauere ich natürlich außerordentlich. Ich kann mir trotzdem nicht denken, dass das Medikament daran schuld sein soll. Immerhin ist ›Neomedi‹ ein angesehener Pharmahersteller. ›Neomedi‹ könnte sich niemals erlauben, solche Risiken bei einem Präparat einzugehen. Arzneimittel sind eines der sichersten Produkte in Deutschland, es ist unvorstellbar, was da alles im Vorfeld an Tests laufen muss, bevor ein neues Medikament überhaupt zugelassen wird.«
»Und was spielen Sie für eine Rolle darin?«
»Na, sehen Sie. Dann wissen Sie wohl doch nicht alles. Es ist ganz einfach. Ein neues Medikament einzuführen ist fast genauso teuer wie die Zulassung zu erhalten. Ungeheure Marketinganstrengungen sind da nötig, und das geht richtig ins Geld. Ein Hersteller hat es etwas leichter, wenn er bereits Referenzkunden vorweisen kann.«
»Aha, und Sie sorgen dafür, dass ›Neomedi‹ ihre Referenzkunden bekommt.«
»So könnte man es ausdrücken. Es lief alles über Empfehlungen, die ich an regionale Kollegen weitergegeben habe …«
»… und dafür geschmiert wurden«, fiel ich ihm ins Wort.
»Geschmiert? Aber Herr Palzki. Das ist alles absolut legal, dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Klar, die Ärzte bekommen je nach Menge der verordneten Arznei eine Kostenpauschale erstattet, aber das ist nicht illegal.«
»Und Sie als Manager haben dabei natürlich kräftig abkassiert, nehme ich an.«
Der Professor lachte zum ersten Mal. »Nein, nein, den Schuh ziehe ich mir nicht an. Selbstverständlich gebe ich zu, dass ich für meine Mittlerfunktion und die Verwendung von ›Croupison‹ in unserer Klinik Provisionen erhalten habe. Das lässt sich aber alles auf den Cent genau nachweisen, ich habe mich zu keinem Zeitpunkt persönlich bereichert. Alle Provisionen sind in der Klinik ordnungsgemäß als Einnahmen verbucht worden.«
»Ein schlechtes Gewissen haben Sie trotz allem nicht?«
»Ich brauche kein schlechtes Gewissen zu haben. Ich bin mir sicher, dass ›Croupison‹ nichts mit dem Tod der Kinder zu tun hat. Das Mittel ist absolut gut und sicher. Was allerdings die selbstständigen Kollegen mit ihren Provisionen machen, das weiß ich nicht und will es auch gar nicht wissen.«
Ich wollte gerade zu einer Entgegnung ansetzen, er ließ mich aber nicht zu Wort kommen.
»Die Provisionen sind nichts Außergewöhnliches. Bargeld ist zwar eigentlich in unserem Metier verpönt, aber
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